Der
chinesische Dichter Qiu Xiaolong nutzt die Kriminalliteratur, um seine ins
Englische übersetzten Gedichte aus der Tang-Zeit unterzubringen. Sie gefallen
mir besser als die Gedanken-Bonsais der Haiku-Dichtung (Freiheit ins Versteck zwingen).
In
einem dieser Gedichte fliegt "eine einsame Wildgans" in die Nacht wie
"der Schatten eines Eremiten". Ich denke an einen in die Nacht
verlangenden Eremitenschatten.
Und
erinnere mich an den Film zu Beuys: Die so häufig abgewiesene Liebe zu den
Menschen, die er in seinem Fett-und-Filz Mythos von den Krimtartaren
thematisiert. Natürlich ist nicht jeder ein Künstler, wie er ja auch kein
Sportler oder Priester ist. Wiewohl es doch zu wünschen wäre. Es hängt nicht
nur an der Fähigkeit, sondern auch an der Lust, sie auszuleben.
Nicht
jeder kann den Nächsten in gleichem Umfang lieben, er kann aber die Grenzen,
die dem Ego und dem Haß von Menschen gesetzt sind, beachten. Zumindest dort, wo
Seele und Einsicht nicht von einer jener unheilvollen Krankheiten befallen
sind, über deren Ursprung und Heilbarkeit wir so wenig wissen.
Ja
selbstverständlich glaubten, hofften und liebten wir 68er* den Menschen in der
"Brotherhood of man" so, daß wir mit Beuys jedem die Fähigkeit zur
Kunst und Kreativität zusprachen. Da gab es keine Liga I und II. Und auch heute
noch sage ich mit Beuys, daß Jeder und Jede Künstler/in ist, von wenigen
Ausnahmen abgesehen, die an den Narzißmus verloren gingen**. - Wenn statt das
Leben das Lob befragt wird.
Im
Film "Beuys" ist auch der Ansatz eines Interviews zwischen Beuys und
Broder zu sehen, wo der junge Rauscher von dem alten erklärt haben will, was
denn wahr und wert sei. Das war die Frage nach der wahren Größe, der sich
später dann viele wieder zuwandten, den peinlichen Verlierer Mensch zu vergessen,
lange vor der Unterwerfung der SPD unter die Betriebswirtschaft. Beuys ging.
Früher war auch ich eher Broder.
Heute
kommt Beuys scheinbar wieder, ganz fluxus dada.
War
Beuys denn ein Künstler?
Willst
Du es mir sagen (nachdem Du mir erklärt und bewiesen hast, was Kunst ist)? Ich
bin evang. und mein eigener Priester, höre gerne zu, mache aber meine Fragen
selbst.
Ich
kann nur sehen: er hat die Haltung eines Künstlers gehabt, dieses Brennen nach
Sinn und Liebe. In seinen Werken kann man das Seufzen der Sehnsucht hören, wenn
man Sehnsucht hat und - gehörtes auch wahrnehmen will.
Diese
Schule, jene Schule, diese, jene Clique gegenseitiger Unterstützung sagen
soviel über den Wert der Kunst wie dieser oder jener Preis, an dem man nichts
als eine gewisse Nachfrage ablesen kann. Beziehungskunst.
Reimeschmiede
etwa sind ein großes Ärgernis, wo ihr Wichtigblasen die Aussicht verstellt. Sie
kommen bald in den Poetry-Slams unter, andere fängt die Mundartmission ein.
Oder die Genietruppen wie Walser, die man zum Ruhm schleppt, weil man
profitabler Heiligenbilder ermangelt. - Und nicht anders bei der
"schönen" und der "wilden" Kunst.
Aber
auch hier: "sie alle sind Künstler",bzw. manche von ihnen: oder hörst
Du da nicht und nichts? Auf Dich kommt es an. Wie weit reicht Deine
Sensitivität, Achtung, Kritik?
So
bleibt die Frage: "Was wird aus der Einsamkeit - auf dem Stuhl des
Dentisten?"
Biolek
meint, so schwer sei es nun auch nicht, zu leben. Wenn der Ruhm erst mal in der
Tonne ist...
* nicht die autoritäre "Avantgarde",
zu der auch wir uns lange Zeit wahnhaft zählten.
**
Stars, statt Sternenstaub, weil die Großen von der oder dem Kleinen das
schöne Bild, das schöne Gedicht pp erbaten