Birds 2013

Birds 2013
smatritje neba

21.5.20

Ein Spielplatz in Kutaisi

Auf einem Spielplatz in Kutaisi steht sie, sieben oder acht, mit einem Eis am Stiel. Vanille mit viel Milch. Man muss mit einer klapprigen Gondeln hinauf fahren, kann aber auch mühsam durch die Hitze wandern. 

Es kracht von Blech und Eisenketten. Die Anlage stammt wohl noch aus Sovjetzeiten oder ist es eine zerfallende Hoffnung aus den Anfängen der Republik? 

Es ist ja nicht Sonntag. Die Leute müssen arbeiten oder beschaffen, die Kinder in die Schule. Ein verlorener Alter, ein heimlich tuendes Paar, die Mutter und das Kind. Es könnte auch die Großmutter sein. Wir sind in Georgien. 

Die Farben sind Rot, Blau und Gelb. Die rot – gelben Rohre der Absperrung stehen schief vor den Juxmaschinen, Gondeln, Schweinschen, Affen, Pferden des Karussells, Autos der scheppernden Rennbahn. Von oben grüner Schatten und Wolkenweiß aus dem Blau. Das Vergnügen ist (noch?) nicht in Betrieb, der Springbrunnen trocken. 

Am Kiosk ist aber schon der uralte Kampf von Lust und Geiz im Gange. Bier und selbstgesprächiges Geschwätz vom Wir.
„Na und?“, fragt der Spatz und knabbert am Popcorn. 

Sie saugt am Eis und schaut hinaus. Unsere Blicke kreuzen sich und ziehen sich zurück in die Höflichkeit. 

Ich sah Hoffnung und Freude. So erinnert sich das Alter. Sah sie das Märchen, dessen Versprechen uns in diese Zukunft trug? Und wenn sie einst mit ihrem Kind in den Vergnügungspark geht, werden da rot – gelb gestrichene Rohre der Erinnerung den Jux absperren? 

Es rasselt. Die Gondel wartet. 

Welche Farbe wohl ihre Haare hatten? 

21.5.20

17.5.20

Geiger über Didion

"Insgesamt finde ich das Buch schwach. Hier schreibt jemand, der ein Leben lang privilegiert war und nicht begreifen kann, dass er diesmal nicht privilegiert ist. Ich gebe gerne zu, dass man grob verallgemeinert wird in der Erfahrung des Todes. Aber deshalb liest und schreibt der Mensch, damit er nicht ständig jäh erschrickt."

Volltext 1 2020

Seltsam wenig Mitgefühl. Nach dem alten König hätte ich mehr erwartet. Zu seinen sonstigen Buchbesprechungen kann ich wenig sagen. Bei Handke stimme ich zu. Mit Karl Kraus würde ich mich nicht anlegen.

Zu Didion, was schreibt er da? Das tut weh! Ihr ist jemand gestorben, den sie liebte. Und noch jemand. Was soll in diesem Zustand die Erwähnung von Privileg?!

Ich habe die "blauen Stunden" gelesen. Da ist Trauer und Abgrund. Was hat das Wichtigtun der Sehnsucht an solchem Ort verloren? Das ist vorbei. Da ist ein anderer Raum als ein Erzählcafe oder ein Lappen von Roman.

In dieser Lage ist nichts von Suche nach Privileg! Da ist Verlust und Schmerz von anderem Schmerz. Im Verlust bist Du gleich wie nur noch im Gelächter aus den Türen der Versorgungsstation. Da gilt kein alter König, kein Literaturpreis.

Im betreuten Wohnen weint so manche/r um geschwundene Wichtigkeit. Im Verlust aber erheben sich wieder die tausend Stimmen der Menschen. Von der trockenen Sachlichkeit bis zum fetten Pathos. Das sind keine Looser-Geschichten. Da nimmt der Verlust sich seinen Abgrund. Und eigentlich muss die literarische Kritik vor dem Totengesang - schweigen.

Die blauen Stunden der Didion. Für Mutige zu empfehlen. Wer will schon in einen Abgrund folgen? Das Pfeifen in der Angst ist aber nicht das geeignete Mittel, von solcher Begegnung zu berichten.

Im übrigen lese und schreibe ich -wie viele- nicht, um nicht zu erschrecken, sondern weil ein Wort vorbeifliegt.

Präzisierung:

Es geht darum, mit Menschen zu reden.

Wie jemand den Garten bereitet, warum soll man die Unterschiede nicht aufzeigen.

Aber wie jemand an seinem Grab weint oder lacht?

6.5.20

Die Straße

Die Straße gehört den Bürgern, der Platz ist öffentlich!
Die Angst bläst die Wichtigkeit auf mit Verantwortung.
Ein Alp legt sich auf meine Brust. 

Die Straße wird zum Hofgang, der Platz gesperrt!
Die Angst bläst die Wichtigkeit auf mir Verantwortung.
Der Gedanke stirbt unter hektischen Anordnungen. 

Abstand! Abstand! Hier kommt wichtig!

Endlich Moral! Endlich wieder das Maul im Holster.
Mach Platz! Und Abstand, Abstand und Ruhe!
Mit einem kaum hörbaren Knacks zerbricht die Freiheit.

Die Erleichterung holt neues Klopapier ein.
Auf mit der Maske! Raus in den Abstand!
Spürst Du wie die Verantwortung quillt? 

Help! My independence seems to vanish in the hate?

Im Mai 20