Smircs politische Entwicklung
Smirc, von entzogenem Doktorgrad,
schüttet die tausend Legos aus und legt sich mitten unter sie. Wie schön! In
der Kindheit waren zu wenige da, im Erwachsenenalter war er eher mit dem
Aufräumen beschäftigt, als Opa musste er feststellen, dass er in seiner Begeisterung
allein blieb. Und jetzt? Fehlt jede Energie. Er beschließt, von einem
selbst gebauten Legoschloß zu - träumen.
Über die weiße Wand spielen Licht und
Schatten einer vom Wind berührten Blume. Er schläft ein und träumt einen
anderen schönen Traum. Schade, dass er sich nicht daran erinnern kann! Aber es
tat gut.
Aufwachen! Tagesschau! Das Geschehen interessiert noch. Mitten ins Gurren der Haustaube rennt er von der Terasse zum TV.
Er findet einen alten Essay von Mahler und vertieft sich in die Entwicklung vom Führer der Avantgarde zum Guru brüllender Pegiden. Sein Freund aus der Anarchie entwickelte sich sinngleich zu einem verschrobenen Heilsprediger. Oder dieser Fischer: vom Hass zum Hochwürden des Kapitals.
Hätte man schon 77 sehen können, dass
M, hier einer von der Propaganda zur Propaganda wechselte, um die Verachtung
der Menschen nicht zu verlieren? "Entartete Intellektuelle": von der
Verachtung des Kleinbürgerlichen zu der der "Entarteten". So groß wie
sie sich in den 70ern noch vormachten, scheint der Schritt von der
Internationale der Gerechtigkeit zum Deutschland über alles nicht zu sein. Das
zeigt sich doch auch in der Sovjet-Nachfolge der Kader im Osten: wie eifrig
sprangen sie aus den Uniformen in die Uniformen!
Dass es immer noch aufregt!
Die Erinnerung an den Verlust kommt
mit heißen Tränen. Es zieht hinab. Aber er bleibt bei sich. Das hatte auch er
in seiner ideologischen Zeit, beim Weltretten, völlig vergessen, übersehen,
nicht sehen gewollt. Der Panzer, das sich stark machen, war wichtiger als das
verletzliche Fühlen. Das Leben hat ihn gelehrt. Besseres? Was er nicht mehr umarmen
kann, er sucht in sich nach jener Athmosphäre. Und manchmal, oft unverhofft, stellt
sie sich ein. Es war ein zerbrechliches Geschenk. Und es gab die Zeit, in der er
es halten durfte.
Der Trickser des Wohls glaubte im Gegensatz
zu ihm, dass die Mehrzahl der Menschen doch eigentlich nicht sehr intelligent
seien und der klugen Führung bedürften. Smirc dagegen meinte schon, dass er
selbst nicht dumm sei, dass aber die Mehrzahl der Menschen schon wüssten, was
gut und schlecht für sie sei. Er lehnte Tricksen daher ab und verlegte sich
aufs Argumentieren. Das verstanden aber allerdings die wenigsten. Er schloss
nun nicht wie der Trickser auf die Dummheit der Leute, sondern auf ihr
Desinteresse an seinen langen Ausführungen und auf ein Vertrauen gegenüber
Autoritäten, das er allerdings nicht hatte: er hatte Vater und Mutter gehabt.
Das war ihm genug.
Er musste seinen Lebensunterhalt ja auch
irgendwie verdienen und arbeitete für die Nachbarn in der Verwaltung. Nun war er
Pensionär im Unwichtig.
Was also ist erreicht? Der Vogel gebraucht
seine Flügel bis zum Ende. Und wenn er so auf dem Zaun sitzt, auf die nächste Nougatbrezel
spekuliert und über sein Leben nachdenkt, kommt ihm der erste bewusste Tag in den
Sinn. Dies ist die Fortsetzung.
Ein Sonnenstrahl kommt. Da unten glitzert
ein Legostein, dort bimmelt ein politisches Plakat nach einem krassen Wahlergebnis.
Und die Rolltreppen im Kaufhaus gehen auf und ab, auf und ab im Glücksautomaten.
Der Schatten eines Falken. Heute noch
nicht. Der Schwarm nimmt den Dr. in die Mitte. Danke, Leben!
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