Was wieder kommt
In einer Literaturzeitschrift lange Suaden über wichtig – unwichtig.
Dann das Buch mit Beschimpfungen von Dichtern gegen Dichter.
Der Wolfszar beginnt seinen Mordzug.
Ich bin 71, X ist gestorben, Y gelähmt. Man sagt:
„Vulnerabel“!
Ich lebe. Und verdammt: ich habe doch gelebt! –
Was gehen
mich noch die ehrgeizigen Kinderspiele mit 60, 50, 40 an?
Dazu der Verlust und die mich am Leben haltende Liebe.
*
Am Blumentor wachsen zehntausend weiße Sterne (den Namen
habe ich vergessen) aus dem Rasen hervor, auch ein paar lappige gelbe Tulpen.
Die Sonne strahlt in meine Kleider. Kaum ist Frühling, kommt der Duft gemähten
Grüns.
Es könnte Kindheit sein, Duft der Hoffnung im Gesang der
Vögel. Das wäre so ein Augenblick im Horizont Ewigkeit. Ich gönne mir eine
Stunde davon.
Senkrecht fällt das Licht auf steiles Dach. Die gelbe
Fassade bleibt im Schatten. Die ersten hellgrünen Blätter leuchten in mich
hinein. Die Erinnerungen füllen sich langsam mit einem vergessenen Gefühl von
Sehnsucht.
Ich hebe meinen Blick von der Notiz und sehe rosa, lila
Tulpen über Dunkelgrün. Da sind noch Menschen, die vor Teststationen warten.
Aber die Stadtverwaltung schickt schon den Traktor los, die Töpfe zu wässern,
um den Besuchern einen schönen Anblick zu erhalten.
Ein kühler Wind wie damals an der Haltestelle Heimersheim, wo
noch Kaugummipapiere aus 1992 lagen. Mein Gott! Was ist seither geschehen! Die
Kraft ist davon. Aber ich sehe die Hoffnung in den Augen und Gesten der jungen
Menschen. Es erfüllt mich mit einem frohen Gefühl, das in den flach
auslaufenden Wassern der Sehnsucht badet.
Fern der Schrei von Möwen.
Dahinter Dein Gesicht, das ich
Antlitz nenne.
19.4.22
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen