Der frische Geist faszinierten Glotzens und der vorauseilende Applaus
Anlässlich Maron scheint sich der ehemals Linke eher der besonders freien, ebenfalls ehemals linken Nachdenkseite zugewandt zu haben. Zur Migration verteidigt er wohl die freie Meinung der intellektuellen Bewohnerschaft des goldenen Bergs gegen das ans Ufer geworfene Afrika. Selbst hält er sich vorsichtig in Wien zurück.
Was aber interessant erscheint, ist mir seine Befürchtung des erneuten Untergangs des aufgeklärten Abendlandes. Trifft da das "weltreisende" Nietzscheanische auf den kolonialen Buchhalter vom bedrohten Automatensex Houellebecq?
Von Hamburg nach Wien? Schwerer Verdacht: Vom Welthafen zum Schnitzel. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Spülmaschine zu befüllen. Man muss daraus keinen Kulturkampf konstruieren.
Die Weltuntergangsängste vieler Enttäuschter meiner Generation scheinen mir das eigene Alter des Abstiegs in die Unwichtigkeit zu übersehen. Die Wichtigkeit wankender Posten wird mit dem Untergang der Republik verwechselt, die von ganz anderer Seite angeheult wird.
Dabei ist doch nur der Nietzsche alt geworden, der ohnehin nicht viel mit der Freiheit der anderen am Hut hatte. Der eingefaltete Zarathustra schaut in den Spiegel des Narziß, sieht dessen Natur gemäß nur Schönheit des Ich und bösen Hintergrund.
Das Altersproblem verlorener Wichtigkeit, fortgeschritten bei Walser, Sloterdijk, Handke und vielen, vielen sinkenden Strebern, die sich vor wutharzendem Ärger über die gewiß auch überzogenen Sehnsüchte und Ängste der jetzt dranigen Jugend nicht lassen können.
Zitat aus dem Roman Herr der Hörner (2005) in Perlentaucher:
"Mitunter war ich so restlos beschämt von diesen Eruptionen physischer Macht, dass ich mir einzureden suchte, in meiner weißen Haut die epochale Erschöpfung der gesamten Alten Welt zu spüren."
"Eruption physischer Macht?" Er meint Gewalt. Was soll da Beschämung statt Angst oder Zorn, statt Handeln, Angriff oder Flucht? Auch er redet vom "Abendland", vom "Westen" und von Demokratie als einer Ikone. Republik aber ist ein Bekenntnis der Aufklärung und jeder bürgerlicher Revolution aus jeder Herrschaft jeder Zeit und jeden Ortes, das sich mit Gewaltfaszination nicht versteht.
Literaturen des Erlebens und Berichtens. Eine andere Literatur habe ich gerade über den Bücherschrank der Welt zurückgegeben. Natürlich war Robert Walser kein Nobelpreiskandidat. Ihn interessierte nicht, wohin der Golfball fliegt. Das Betrachten. Schließlich faszinieren noch die die Literaten des Glotzens, besonders des herrschaftlichen Glotzens und der Ergötzung.
Und auch hier gilt, was die Republik sagt: nicht der Verehrte, die Verehrung ist das Problem. Nicht der Herrscher, die Gefolgschaft.
Warum nicht? Ich muß es ja nicht lesen.
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