Birds 2013

Birds 2013
smatritje neba

28.4.22

junger April 22

Am Café Malaga gegenüber der Kirche zum evangelischen Jesus ("Ich bin da. Frohe Ostern!") esse ich eine Kugel Eis, trinke ich einen Kaffee. Die Sonne wärmt die Platten von Neureut, der Fußweg zum Nachbarort führt unter frischem Blattwerk durch saftiges Grasgrün. Ein sachter Wind weht aus dem Frühling herüber unter die Sonnenschirme.

Einige Menschen ziehen vorbei, zu Fuß und auf Rädern.  Es ist schön unter Menschen zu sein. Das Spatzengeschwätz geht unter in der erlöschenden Aufmerksamkeit.

Schon länger habe ich mit dem ernsthaften Zeichnen und Malen aufgehört.  Das Interesse erlosch plötzlich wie in einem Luftzug zwischen Herbst und Winter. Auch das Interesse am Lesen läßt nach. Ich lese hauptsächlich, um  an alt erinnerten Schriftstellern als schön Erfahrenes zu prüfen und wiederzufinden. Und um über die Wiederholungen bei den Jungen zu lachen oder mich zu empören. Nicht aber ernsthaft interessiert. Die Literaturzeitschrift werde ich abbestellen.

Aber ich schreibe noch. Auch hier verliert sich das Interesse am Ernst.

Noch füllt der Frühling mein Herz mit Freude.
Noch erhebt sich düster und brüllend das Morden im Osten.
Ich stehe auf und gehe den Weg.   

28.04.2022

21.4.22

Rückschau

Der Filz des Allverstehens legt sich schwer über unsere Lebenszeit. Die Fluten der Ewigkeit werden auch ihn davontragen. Mit uns.

Was aber soll nur dieses Ding namens Putin oder Trump beweisen?! Die Mutter aller Bomben, Lüge und Gewalt?! 

Nein, Camus, das Leben ist nicht absurd. Weder mit noch ohne Gott. Es gibt Sinn: Geboren sein, also Freiheit aus dem Ich; Handeln, also Gleichheit von Ich und Du; Teilhabe, also Zugehörigkeit im Wir. 

Fehlte eines davon, ja dann wäre die Welt absurd und eine Hölle mit VIP-Status für Trumpen und Putinasten.

Aber gut, dass Du Dir Gedanken der Autonomie gemacht hast.




19.4.22

Vulnerabler Frühling

Was wieder kommt

In einer Literaturzeitschrift lange Suaden über wichtig – unwichtig.

Dann das Buch mit Beschimpfungen von Dichtern gegen Dichter.

Der Wolfszar beginnt seinen Mordzug.

Ich bin 71, X ist gestorben, Y gelähmt. Man sagt: „Vulnerabel“!

Ich lebe. Und verdammt: ich habe doch gelebt! – 

Was gehen mich noch die ehrgeizigen Kinderspiele mit 60, 50, 40 an?

Dazu der Verlust und die mich am Leben haltende Liebe.

*

Am Blumentor wachsen zehntausend weiße Sterne (den Namen habe ich vergessen) aus dem Rasen hervor, auch ein paar lappige gelbe Tulpen. Die Sonne strahlt in meine Kleider. Kaum ist Frühling, kommt der Duft gemähten Grüns.

Es könnte Kindheit sein, Duft der Hoffnung im Gesang der Vögel. Das wäre so ein Augenblick im Horizont Ewigkeit. Ich gönne mir eine Stunde davon.

Senkrecht fällt das Licht auf steiles Dach. Die gelbe Fassade bleibt im Schatten. Die ersten hellgrünen Blätter leuchten in mich hinein. Die Erinnerungen füllen sich langsam mit einem vergessenen Gefühl von Sehnsucht.

Ich hebe meinen Blick von der Notiz und sehe rosa, lila Tulpen über Dunkelgrün. Da sind noch Menschen, die vor Teststationen warten. Aber die Stadtverwaltung schickt schon den Traktor los, die Töpfe zu wässern, um den Besuchern einen schönen Anblick zu erhalten.

Ein kühler Wind wie damals an der Haltestelle Heimersheim, wo noch Kaugummipapiere aus 1992 lagen. Mein Gott! Was ist seither geschehen! Die Kraft ist davon. Aber ich sehe die Hoffnung in den Augen und Gesten der jungen Menschen. Es erfüllt mich mit einem frohen Gefühl, das in den flach auslaufenden Wassern der Sehnsucht badet.

Fern der Schrei von Möwen. 

Dahinter Dein Gesicht, das ich Antlitz nenne.

19.4.22

8.4.22

Arte: In Therapie

Helfen müssen als Erziehungsangelegenheit. Als 68er Be-Influenzter hätte ich früher schon der These zugestimmt, Mitleid sei Sache der Erziehung.

Lebenserfahrung legt mir das Bild des Menschen als Teil eines Schwarms näher.

Danach ist ein gewisses Mitleid in der Menschennatur schon angelegt. Nazikinder, Kinder von erbarmungslosen Ideologen und Traditionsfanatikern entwickeln dennoch ganz natürliches Mitleid.

Ja die Unmenschlichkeit muß zur Wirkung selbst den Trick anwenden, ihre religiösen und politischen Verfolgungen mit Mitleid für eine benachteiligte Person oder Gruppe zu begründen. Oder mit Rache zum Ausgleich einer Tat oder des Unterlassens von Hilfe , wo sie nicht Angst vor Gott oder selbst erdachtem Horror zur Verfügung hat. Heute ist der Name Putin, Kabirov, Assad, Kim. Andere gingen voraus, andere folgen.

Ist also Mitleid bereits vor dem Verstand da? Mir scheint die Aufgabe der Vernunft lediglich darin zu liegen, die Sicht zu öffnen. Auf das Erbarmen oder aber auch auf das Ich-zuerst.

Die Chance von Therapie, Gewissheit, also etwas mehr Gewissheit über Ich, Du und Welt, zu gewinnen war früher der Philosophie und Meditation vorbehalten.

Wie sehen den Therapeuten im Film wanken und schwanken und mit Klienten ein tieferes Gespräch über Sinn, Verstehen und Wille führen wollen. Es ähnelt einem, oft unbeholfenen, Tanz.

Ja klar: was, in aller Erfahrung, wissen wir wirklich? Die Hoffnung liegt im miteinander Reden und Denken. Entscheidender Faktor ist das Miteinander, Austausch und Vertrauen. Auf der Seite der angeblich Wissenden Gleichwertigkeit und Achtung.

Es bewegt mich zu sehen, wie der Therapeut sucht und versucht. Ein - hoffentlich nicht mystifizierendes - Bild eines Menschen, der hinaus zu den Sternen sieht und in sich und Dir sucht, was das Leben bedeutet.

Das Ergebnis, wenn gut, ist wohl stets die Ausbreitung des fragenden Gefühls über alles Wollen, Erkennen, Trauern, Lieben. Wir wissen nicht, versuchen gemeinsam zu ergründen. Ein Therapeut, eine Supervisorin ist da eine hilfreiche Begleitung. -Unter Umständen.