Wir gehen den Weg
Wohin führt er?
In die Republik?
Aus der Not?
Ins Alter…
Aus dem Nichts ins
Nichts?
Aus der Ewigkeit in die
Ewigkeit. -
Unser Leben ist eine
kurze Strecke Ewigkeit. Mehr können wir glauben, spekulieren, phantasieren,
nicht wissen.
Mein Weg war unter
Menschen. Gerne zog ich mich zurück, gerne war ich mit ihnen und
ich liebe.
Ich fand die Welt schön
und düster. Ich glaubte an Solidarität, Helfen
wollen.
Ich suchte, wie alle, die
ich kenne, nach dem richtigen Weg und nach Glück.
Ich bin alt. Viel habe
ich nicht gelernt.
*
Ein Kommunalwicht(ig) von
vielen sagte: "Erfolg!" Ich dachte: "Wohin?" Er hatte keine
Zeit, darüber nachzudenken. Jetzt blickt er fragend seiner davontreibenden
Wichtigkeit nach.
Was ist wichtig an
Verwaltung? Richtiges, gerechtes Verwalten!
Vorwärtsverwaltung hat
richtiges und gerechtes Verwalten in meiner Zeit stets behindert, wenn nicht
liquidiert. Die Ablösung des dem Recht verantwortlichen Beamten durch den
schnittigen, eilfertigen Funktionär und schließlich durch den dem Gewinn, nicht
der Gemeinschaft, verantwortlichen Manager vom Betrieb hat die ordentliche
Verwaltung in ein Lottergeschäft mit Insolvenzpotenzial verwandelt. Nun kommen
Korruption und Korruptionsverdacht, bis die Republik in Form strikter Gesetze
resettet.
*
Wer will von Alter reden?
Das hatten die früheren
Zeiten der unseren voraus: das Wissen um die Sterblichkeit. Ich denke gerne
über das Leben nach (was so wenig hilft wie handeln).
Was hat doch der
ungeheure Schwätzer Heidegger von Da, So- und in-der-Welt-Sein geblubbert! Ich
sehe zurück und fühle nichts davon, ob meine Erinnerungen wahr sind, und ob
überhaupt gelebt war. Was meint Freund Richard dazu, der inzwischen jünger als
ich ist und verstorben?
Aber es sind meine
Erinnerungen, die ich mit niemandes Erinnerung oder Phantasie tauschen möchte.
Eine riesige Deponie, die ich niemandem zum Besuch empfehlen kann, der oder die
ein eigenes Leben führen möchte. Gerne wühle ich in den Resten.
*
Ein Spruch aus einem
Garten in Pilgerzell bei Fulda: "Zeit macht Sinn". Ewigkeit scheint
Sinn zurück zu nehmen. Das Thema 20.000 Jahre Halbwertszeit, das den auf sein
Ende hin denkenden Mankell beschäftigte.
Ja: Wert und Wichtigkeit.
Sie kommen aus der Berührung, aus der Gegenwart. Und Liebe? Auch sie braucht
Gegenwart zumindest der Vorstellung.
Die Ewigkeitsexperten,
Gurus, Priester, heiligen Nachbarn - wie unbarmherzig sie von den Werten des
Lebens reden, von Überleben, Leben, Freude, Leid, Liebe, Verlust! Laß Dich
nicht beirren! -
*
Waren es Illusionen?
Die Erwartungen einer
freieren, gerechteren, menschlicheren Republik? Der alten Zausel kündigt einem
alten Zausel wegen Eigenbedarf. Die Abschiebung der Flüchtlinge klappt ohne
Aufschrei. Das schlechte Gewissen ist in Broschüren der Ohnmacht kanalisiert.
An Stadien und Aufmärschen zeigt sich der Ork, ja er dringt in die öffentlich
geschützten Bereiche ein, vergreift sich an Repräsentanten der Republik. (Und
dann der Putin!)
Aber auch: Die
Sensibilität ist größer geworden. Der "Wut-Bürger", der sich in
allerlei Richtung nicht ernst genommen fühlt, ist nicht nur blökender Spießer.
Mancher ist auch nicht mehr von der Kultur des Braven gebremster frei und
gleich Geborener des Ursprungs.
*
Das Alter steht der
Ewigkeit näher. Ich merke es am wachsenden Schlafbedürfnis, an Vergeßlich- und
Gleichgültigkeiten, an der Beschleunigung des Zeitablaufs.
Wie unangenehm, wie böse
das Erleben von alten Politikern, die der Zeit noch rasch ihre
Wertvorstellungen aufdrücken wollen. Reagan, Cohumeini, Trump, Sarrazin...,
jetzt Putin brutal…
*
Ist es die Zeit des magischen
Realismus? Das Erlebte als Licht brechender Kristall, vor dem Brechen des
Auges?
*
Ruhm,
begrenzter Rohstoff, den
eine schwammige Masse Bölkstoff aufsaugt... Um den Rest davon zu kämpfen lohnt
ein Leben nicht.
Ich schreibe doch für das
Alter der nachlassenden Lust. Auch es hat Freude und Leid. Anders.
*
Der Verlust als Event:
Ist das dort ein
Schauspiel auf dem Friedhof?!..... Auch eine Möglichkeit. Was bedeutet
Gemeinschaft?
*
Die Körperpflege braucht
eine Stunde und inzwischen mehr.
Du hast noch keine Zeit,
huschst einer Hoffnung nach, die uns ein Naja aus alter Zeit ist, nicht einmal
Erinnerung. Dir sind unsere Erinnerungen
Berge von Müll, über die Du steigen mußt, wenn Du Deinen Weg gehen willst. Das
ist in guter Ordnung.
*
Die Einsamkeit
fiel mich an. Ich schrieb
hoffnungslos, danach empört, aber danach tauchte die Lust auf Leben wieder auf,
die Erwartung der Menschen. Das Nachdenken über das Alter ist von der Gefahr
begleitet, über jedes neues Kapitel ein "noch" zu setzen. Leben
"noch im Hier und Jetzt".
Die Natur sorgt für
Distanz:
Die Haare wachsen an den
unmöglichsten Stellen, kräuseln sich. Du wirst schweigsam, weil Deine
Einsichten welk und von Vergessen durchlöchert sind. Und, peinlich, Du
kleckerst und spuckst manchmal beim Reden. Das macht schweigsamer. Hässlichkeit
ist das Mittlel, mit dem Natur die Menschen der „wichtigen“ Alter von Dir und
Deiner Schwatzhaftigkeit fern hält. Halte diese in Ehren: das bist Du.
*
Alles ist eitel,
Auch das Glauben oder
Nichtglauben. Du bist von der Last des Recht-haben-müssens befreit. Und auch
die Rechtschreibung gehört zum Gestern. Wenn Du Gott brauchst: ok. Wenn nicht:
ok. Aber Verehrung und Angst vor Gott oder dem Nichts, das kannst Du doch lassen!
Und: es ist nichts egal!
Auch Du solltest schon nach vorne schauen, um nicht vor lauter Innenschau zu
stolpern. Da sind genug Wichtigmacher, auch dir noch rasch ein Bein zu stellen.
*
Bitte keine Belehrungen!
Mag sein, dass ich den
Ton eines waldensischen Wanderpredigers an mir habe. Das ist schon lange Zeit
in mir drin. Und es könnte sein, daß viel von meiner Verachtung für so manche
Verehrte einen weniger guten Grund im mangelndem Interesse für meine Predigten
hat. Kapitel Kampf gegen das Lob, das ich begehre...
Wenn möglich lese man
also diese Texte als das, was sie sein sollen: Selbstvergewisserungen in einem
ungeheuer bewegenden Prozess, genannt Leben.
*
Gewidmet meinen Lieben
und Freunden, Begleitern auf eigenen Wegen.
KA, 1.8.2019