Birds 2013

Birds 2013
smatritje neba

1.10.20

Jimmy Hendrix



Einmal Frankfurter Kranz, bitte! 
Als meine Kinder in die Pubertät kamen, explodierte die alte Zeit nochmal in mir. Die alten Lieder, die alte Sehnsucht nach Freiheit, Horizont, Träume von unbekannten Paradiesen hinter der Welt. Eigentlich hieß das: Liebe.  Nicht ich, sie ging in ihnen hinaus. Jetzt ist Erinnerung. 
Vorgestern sah ich mir die Hendrix – Doku in arte an. Und war wieder zu. Ich schrieb:

***

„Ich war 19, er selbst 28, als er vor 50 Jahren starb.

Beim „Pio“ im Eiscafe in der Music-Box hatte ich ihn entdeckt. War ich 15? - Purple haze was in my brain.

Nie zuvor hatte jemand solche Musik ins Universum gespielt. Nach ihm kam bestenfalls Wiederholung.

Seine Freunde und die der Musik meinen, er hätte ohne den frühen Tod noch so viel mehr Geniales bringen können. Ich glaube nach einiger Erfahrung: besseres war nicht zu erreichen. Auch er hätte sich bestenfalls wiederholt. Vermutlich wäre er eher zu Muddy Waters und Howlin Wolf zurückgekehrt, in den Ursprung. 

Für ihn wäre es schön gewesen. Die Fans hätten ihn verlassen, für ihn wohl ganz okay. 

Ich bin lange Zeit mit seiner Musik an grünen Vulkanen des erweiterten Bewusstseins entlang,  unter violetten Himmeln gegangen. Ja, vielleicht will ich eines Tages auch zu seiner Musik in ein solches Meer eingehen.

Gerne und mit leicht ziehender Sehnsucht erinnere ich mich an meiner Jugend Sehnsucht. And the wind cried: „Mary!“

Viel von dem, das ich seither erlebte, durfte und musste er nicht erleben. Erwachsene Liebe vermutlich, Verantwortung, Scheitern, Schmerz der Trauer.

Aber was für eine Musik! Ich höre mir alle drei oder fünf Jahre wieder ein Lied von ihm an, nicht mehr: Den Verstand will ich behalten. Die Begeisterung bleibt.“

*

Abends dann:


„Wende des Alters

Jetzt ist Abend. Ich gehe zur 14tgl. Andacht.
Begeisterung ist der Betrachtung gewichen.

Ja, es war eine schöne Zeit. Begeisternde Klänge neuer Erfahrung, ferne Welten.

Aber nach dem Rausch braucht es Stille. Heute liebe ich wieder Vogelstimmen, Wind in der Luft, Menschenmiteinander. Ich bin alt.

Es war unsere Zeit. Die Konserve ist nicht die Frucht. Das Erleben wird mit uns vergehn. Warum nicht?

Wir begreifen ja das Tolle und Tiefe an Euren Erfahrungen ebensowenig. Euren Sehnsüchten sind andere Begeisterungen geworden.

Jimmy Hendrix.... war. Mehr zu hören wäre ein Hirnzudröhnen. Ich verlasse ihn und meine Zeit, gehe in noch verschwommenere Räume zurück.  

Wie wetterwendisch ist doch das Herz der Alten! 

„Ich sehe auf zu den Bergen. Von wo kommt mir Hilfe?“ Was nach diesen Worten folgt, sind Worte des Sängers, der so wenig weiß wie ich, mir aber seine Vermutung als Wahrheit eintrichtern möchte. Singe! Aber lasse mir das Wort! 

Ich möchte keine Drogen der Musik noch der Predigt. Gerne spreche ich mit Dir über Fragen, habe die nutzlosen Ruder abgelegt. Und treibe auf die Pforte zu.“ 

* * *

Lieber Richard, 

Der Mann war dir vermutlich zu laut. Aber die Toccata von Bach. Das war auch so etwas. Du warst nur einen Monat älter als er. Was bringt mich jetzt dazu, Dich zu erinnern? Du hast mich das Vertrauen in die Fragezeichen gelehrt. Was würdest Du jetzt mit 78 sagen und fragen? Was würde Jimmy jetzt spielen?

1.10.2020

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