Tracy Chapman: There is fiction in the room between. Versinke im Augenblick. - Aber verliere nicht den Verstand
29.9.23
Der frische Geist

26.9.23
Bonhoeffer an Putin
Ich sitze im Herbstanfang und simuliere.
Schmetterlinge, Plätschern, Sonne und Himmel. Hinter den Dächern der Hochhäuser eine langgezogene flache Wolke mit kleinen weißen Bergen in Grau. Und dahinter Himmelblau.
Es ist nicht das russische Wort für Frieden, was da in die Stille platzt: "Mir!" Unter dem Einschlag des Ichich zieht sich die Hoffnung des Kindes plötzlich zusammen. Aber dann läutet es plötzlich aus dem Wolken.
Gedanken steigen auf, verflüchtigen sich in sich lösenden Gefühlen. Raben und Schwaben, Spatzen unter Baumkronen. Von der Erinnerung Blüten auf der ersten Sommerwiese im Frühling.
Es ist nicht "mir", es ist allen! Platz und Raum sind eine
Beerdigung.
Zeit vergeht. Die Wolke steht unverändert unter Blau und über Grau und Grün. Dr. Smirc und sein Freund, Dr. Warnix, Psychagog und Nazikenner, reden über Zunahme der deutschen Sehnsucht nach Diktatoren. Die Republik, Freiheit, gleiches Recht und Teilhabe, ist eben keine Erscheinung von Nationen sondern ein Austausch zwischen Personen. Das Wummern von Hasstrommeln des Ork erklingen in der Ferne.
Jemand aus wichtigen Zeiten hat einen Brunnen mit trinkbarem Wasser hierhin gestellt und eine einsichtige moderne Behörde läßt ihn weiterrauschen. Eine Biene ergötzt sich, lockt andere nach.
"Wie langweilig!", seufzte ich innerlich noch vor zehn Jahren. Jetzt darf ich in Unsichtbarkeit und Vergessen richtig gute Luft atmen.
Da ruft es "Freiheit schaffen ohne Waffen!" und "Freiheit für alle politisch gefangenen!". So habe ich früher auch skandiert. Und zudem sitzt mein Bruder aktuell beim Faschisten im Gefängnis. Aber der Tonfall erinnert zu stark an KPDML. Die haben doch die schlimmsten Diktatoren unterstützt. Und das Trommeln war nie ein Zeichen von Revolution der Freien und der Republik.
Politisch gefangen?! Wer ist das hier und heute?
Jetzt klingt das Schreien wie "Frieden, Freiheit, - Souveränität(?!)"
Und da singt es von guten Mächten, das letzte Gebet des von Nazis verfolgten Pastor Bonnhöfer. Früher fragte man sich bei solchem Maskenspiel: "Pol Pot oder Nazi?" Heute: "Pegide oder Nazi?"
Der Einpeitscher redet von der "Schlinge des Systems", auf dem Plakat der faule Spruch vom Widerständler, der als rechtsextrem abgestempelt wird. Alte Leute, die ehrlichere Kämpfe erlebten, gehen empört, wie zuvor der einzige Migrant.
Politisch gefangen... Für Ali und X haben sie nicht gesungen. Im Netz lese ich, dass Pegiden jetzt mit dem Namen "Widerstand" Reklame machen. Putin lächelt maliziös. Ein Wolf heult: "Seien Sie herzlich willkommen in unserer Gemeinschaft!"
Smirc und Warnix, unverbesserlicher Psychagog und Dianetikpetze, können es nicht lassen. Sie gehen noch auf einen Schluck Optimismus im "alten 68er", eigentlich zum alten Eisen. Der Gott in der Seniorenlust läßt mich zum Trost ein Löffelchen Hinfälligkeit probieren.
Persönlichkeitsbildung in der DDR.
Hoffentlich muss ich nicht den ganzen Teller aufessen.
Erinnerungen erheben sich, verklingen in der Ferne.

30.8.23
Karl Kraus im Bücherschrank
Der Bücherschrank ist das letzte Lachen der untergehenden lesenden Gemeinschaft.
Karl Kraus verdanke ich Klarheit der Gedanken in ausfließenden Zeiten.
Karl Kraus, der im Übergang der Deutschen in die erste Republik, in rauschhaften Zeiten, dem Individuum und der klaren Sprache ein treuer Begleiter blieb, half auch nach 68 und später selbst nach 89, dem Jahr des Zusammenbruchs meiner persönlich prägenden Ideologie.
Heute habe ich die Gesamtausgabe in den Bücherschrank gegeben. Schon hat ihn jemand mitgenommen. Es lohnt.
Danke für gute Begleitung auf meinem Weg ins Eigene! Jetzt ist die Zeit der Erinnerung und des Vergessens angebrochen.
30.8.23

18.8.23
Der gesunde Körper
Vom Sport- und Heilungs- Guru nahegelegt:
Auf einen gesunden Tod hin leben.
Kurz: Anleitung zum gesunden Sterben.
Im Vorbeigehen höre ich einen sagen: " Der 3. Weltkrieg auf einem deutschen Bierdeckel!" Ich denke: " oder auf einem russischen Zarenzipfel..."
Privatpatient: der Golfplatz unter den Kassenleistungen. Er hilft nicht vor Alterung. Auch im Vip erwachst Du eines Tages als Frosch, den eine Prinzessin aus Ekel an die Wand wirft.

14.8.23
Der Teemeister aus dem off
»Warum denn nicht?«
"Es war der Weg des Teemeisters R. Jeder Teemensch geht seinen eigenen Weg. Meister J, Herr S und dein Freund, der gute T, sie alle haben ihren eigenen Weg. Ich weiß nicht, ob er gut ist oder schlecht, aber ich, Rikyu, habe in dieser kriegerischen Zeit jenen kalten, kahlen, steinigen Weg gewählt."
"Wohin führt dieser Weg, Meister?"
"Er ist endlos. Doch wenn eine Zeit ohne Krieg kommt, wird ihn wahrscheinlich niemand mehr gehen. Aber da er allein Rikyus Weg ist, kann er ruhig mit ihm verschwinden."
Aus "Der Tod des Teemeisters" von Yasushi Inoe 1981 suhrkamp
*
Mein Freund bleibt auf der Bank sitzen. Auch er ist eigenen Weg gegangen. Auch er hatte einen unmöglichen Herrn. Auch er ist über 70. Er sieht auf ein Foto der Stadt X am Schwarzen Meer. Die Armenier sollten damals ausnahmslos vernichtet werden. Das vergisst er nicht. Aber jetzt ist es auch wieder der Ort des Ursprungs, von wo Erinnerung und Wehmut fließen. Er lebt in der Welt des neuen Versprechens und der besseren Erinnerungen.
Mögen die Zeiten von Unrecht und Verfolgung sich wieder am Horizont zeigen. Seine Angehörigen und Freunde und die Angehörigen der Freunde werden die Welt des Schwarms weiter in ihrem Herzen tragen. Und kein Zweifel: sie wird, wenn nicht bleiben, so doch wiederkomm-en - und eigene Wege offen halten.

13.8.23
La Rochefoucauld
La Rochefoucauld, Maximen und Reflexionen
Wie ich sehe,
fühlte auch Goethe sich bemüßigt. Ich bin zu alt, mir den Oberlehrer noch
einmal zu Gemüte zu führen. Aber den Nachdenker, dessen Interesse zum
Selbstdenken verführt, gebe ich jetzt zum öffentlichen Bücherschrank, nicht
ohne fünf der Reflexionen noch einmal sachgerechten Beifall zu spenden.-
·
Nr. 271: Jugend ist unaufhörliche Besoffenheit,
Entwicklungsfieber der Vernunft. (Durch Forschung bestätigt, was zur Frage führt:
kann man ihr Regierung anvertrauen?)
·
Nr.149: Lob ablehnen, heißt nochmal gelobt werden
wollen.
·
Nr. 39: Eigennutz spricht alle Sprachen, selbst die
der Uneigennützigkeit.
·
Nr.192: Wenn die Laster uns verlassen, schmeicheln wir
uns, wir hätten das getan.
· Nr. 45: Die Launen
des Gefühls sind schlimmer als die des Schicksals
ü Reflexion 504 über
die Heuchelei der Todesverachtung
Mich
frappiert der Vergleich des Muts gegen den Tod mit der Situation von Personen,
die im Feld beschossen werden:
Die
Hecke erscheint ihnen aus der Entfernung als geeignete Deckung. Beim Nähern
zeigt sich der Mut aber als Folge von Selbsttäuschung....
Die
Verachtung der besonders Verehrten für den Tod ist nach R so von der Hoffnung
auf Nachruhm getrübt, die Missachtung des Todes bei den Missachteten habe
solchen Aufwand nicht nötig: ihnen genüge es, auch da nicht so genau
hinzuschauen.
Die
Veröffentlichung erfolgte mit 65, er starb zwei Jahre später 1680.
Das Buch
geht in den Schrank. Viel Spass beim Selbstdenken!
Der Schriftsteller X
ist tot. Gegen den Schluss hin, machte er noch ziemlich Wesen um
Unsterblichkeit. Wir sehen das Verkohlen seines Ruhms unter dem Ehrgeiz derer,
die besonders von Verehrung glühen. Man erinnert sich allgemein wohl noch an
ein gewisses literarisch geschwätzigen Na-Ja.
Aber möge ihm das
Andenken der Angehörigen bleiben! Das scheint mir von längerer Dauer, weil mit
weiterer zeitlicher Entfernung sich die Ruhmsucht von Nachkommen einen Mythos
strickt.
*
Früher
war Geschirrspülen eine lästige Angelegenheit, die mich in meinen wichtigen
Plänen und Gedanken störte. Heute, wo die Zeit nicht mehr treibt, gerade weil
sie kürzer und die Vergangenheit länger als die Zukunft ist - Gedächtnislücken
stellen das Gleichgewicht wieder her -, heute schaue ich mir bei der
Gelegenheit an, was ich tue, folge neuen und alten Gedanken vor allem aus
Erinnerungen. Ich hole eine, zwei, drei, sechs Gabeln aus dem Besteckkorb,
fühle die Festigkeit und Restwärme des Metalls. Wie klang das Klappern der
Löffel den jüngeren Ohren? Die Geräusche der Kinder, noch früher der Mutter?
Ich
sehe zum Fenster unserer verschiedenen Küchen hinaus: rechts das schräge grüne
Dreieck zum gefürchteten Nachbarn, die graue Wand des Nebenhauses in Neustadt
(nur eine Person könnte mich berichtigen), das einzige Fenster auf die Straße
zum Festplatz in Alzey, das Brummen der Heizung, den Ölgeruch, und der
fensterlose Blick auf die Küchenwand im Neubau, der Blick auf den Garagenhof der
persönlicheren Wohnung , der auf die putzigen Nachbarhäuser im Neubauviertel
unten, dahinter die geahnten Hügel Rheinhessens, und jetzt über die Rasenfläche
zu den anderen Alterssitzen.
Natürlich
hat das Leben wie einen Anfang und die Freiheit dazwischen auch ein Ende. Noch
sind wir in der Freiheit, mag sie auch enger werden. Noch ist, was einst
gewesen sein wird.
"Tod,
wo ist Dein Stachel?" Weiß der Teufel! Noch merke ich nichts. Die Hecke
scheint sicher. Und hundert Spatzen pfeifen ein verlockendes Lied.
Kurz:
Löffelchen ins Fach, Schublade zu und hinein in den nächsten Morgen. Es dauert…
Es ist mit dem Tod wie mit der Beihilfe: er lässt auf sich
warten. Vorteil: Offline. Man muss nichts mehr nachreichen.
13.08.2023
Klaus Wachowski

5.8.23
gelöscht aus 2013
Gelöscht aus 2013
Diva Oblast Edessa
Kevin hat Angst
Reha vital
Aus Tag uns Traum 2012 -Buchhinweis
