Tücher
Ich breite das Tuch aus. Es legt
sich in die Falten der Kindheit.
Zu oft habe ich darüber gebügelt
und es hat Elastizität und Formkraft verloren.
Der Gedanke an Vorgestern: ich
kann die Spur nicht finden.
Ein Stück des Tuchs scheint
platt- und ausgewalzt.
War es ein Schmerz oder ein
tonnenschweres Glück?
Noch halten die Fäden, hat kein
Schlag ein Stück abgerissen.
Es ist schwer. Leg‘ es aus!
Unendlich groß ist es auch nicht.
Und Falte geht über Falte. Weich
wie hundertmal gefaltetes Papier.
Betrachte die Landschaft:
Die tiefen Täler der Kindheit.
Die von Betrug ausgebrannten, überwuchert von den Tröstungen der Therapie.
Der breit mäandernde Fluß der
Liebe, Ufer der Freundschaft, die fernen Horizonte der Philosophie.
Du hörst die tausend Stimmen der
Frühlingsinsekten und anders schöner Schwärme von Gesprächen.
Betrunken habe ich Wein vergossen
und voll Rauch des Ehrgeizes Löcher hinein gebrannt.
Aber es ist meine Decke.
Zeige mir Deine!
Bald wird es kalt. Hüllen wir uns
ein!
Klaus
Wachowski 8 2016
*
Schopenhauer mit Bezug auf Platon* räumt
mit dem schiefen Vergleich des Gedächtnisses als einem Behälter auf, aus dem
man Erinnerungen als feste Stücke ziehe. Er vergleicht das Gedächtnis mit einem
Tuch, in das Falten eingebügelt werden. Die Intensität des Eindrucks hinterläßt
entsprechend tiefe Spuren, die mit neuen Eindrücken überlagert werden. Ein
altes Gedächtnis gleicht einem Tuch, das durch häufiges Falten seine Form
verloren hat, aufgeweicht und brüchig ist. Erkennbar bleiben die neuesten und
tiefsten Erinnerungen. Wert und Grenzen von Gedächtnistraining werden deutlich.
*Über
die vierfache Wurzel vom zureichenden Grund
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