Handke-Wow, die Logik des freien Marktes
Versuch über einen Schmarren. Wäre es doch ein Narr! Sein Ehrgeiz geht jedoch auf eine weiße Jacke.
Alle sind schon in der Welt. Nur Handke und Houellebecq liegen noch ing den zerfallenden Räumen eines ehemaligen Internats und warten auf die Rückkehr eines Publikums aus pubertären Mitschülern und kratzigen Lehrern. Der eine versucht mit Oberlehrer Goethe, der andere spekuliert auf Schopenhauer. Jean Paul ruft: "Der Ich kommt! "
Dr. Smirc: "Ich stelle mir doch keinen Handke ins Regal! Eine auf Narziß gezogene Internatsliteratur? Kann mich selber langweilen. Ja früher, da war er mir ein von fern betrachtetes sympathisches Egal. Man fühle sich ja wohl unter. Aber seit er an Erdbeeren in Srebrenica roch, und vom Völkermörder Slibowitz nahm: geschenkt!"
Dr. Warnix, Psychagog und montenegrinischer Quadratschädel: "Aber seine Werke seien doch gewaltig!"
Dr. Smirc: "Scholastisches Dämmmaterial zum Warmhalten der Aufmerksamkeit. Das hätte nie gereicht, irgendwo unterzukommen. Ruhm? Verkauf? Preise der höchsten Lobredner? Das ist sind trumpsche Kategorien. Wie solls schon gelingen?! Verlagsgeschäft: Von Geld beschalltes Geldmachen, Interesse wenden in Schafskopfbegeisterung. Wo war das Echo aus der Wirklichkeit von denkenden Lesern? Wer hat das ganze Styropur nur gekauft und gekaut, statt sogleich verschenkt?"
Und tatsächlich: mir geht es fast genau so. Lese ich mal über die Sätze (nicht gekauft, nur betrachtet!) eines Internatsschülers, der etwas schräg gebildetes für die Abi-Post schreibt, na ja: inzwischen gibt es Massen davon.
Ja damals, da war Ich-Ich noch Avantgarde, die Unzufriedenheit des begabt gewollten Kindes mit dem Leben als - Leben. Das verlorene Paradies der Anbetung, in der Folge: Guru und eingeschnappt, ein ums Frustra herum strukturiertes Wertesystem.
Das gab's öfter, Nietzsche, Houellebecq pp. Trump macht's für den Proll.
Dr. Warnix, Psychagog und larmoyant begeisterter Poetik-Coach: "Seid doch nicht so verbissen! Für Neid gibt's keinen Grund: Ihr wisst doch, was er sich eingekauft hat: dröges Erwachen nach Spaßbädern der narzißtischen Beziehungspflege. Jahrzehnte des Gähnens.
Der hatte doch nicht mehr und bessere Zeit zum Denken und Schreiben als Du, brauchte Connections, Pflege der Literatenkonkurrenz, Kratzen an Verlagstüren. Was war da - frei? Und wer will das noch wissen nach Milosevic? Zuviel Schmock für Ewigkeit!
Still ist es geworden. Nicht im gesponserten Markt, aber im Interesse. Der Sonnenschein liegt träge auf dem Boden. Leonce schaut auf zur seufzenden Ermüdung. Es grassiert ein entsetzlicher Müßiggang. Sie schreiben und schnarchen und kitzeln den Bart der Depression aus langer Langeweile. Und das ist der Humor davon: Alles mit den wichtigsten Gesichtern.
Sie stülpen sich 24 mal am Tag herum wie Handschuhe und finden eine Menge Lau. O, wer sich einmal auf den Kopf sehen könnte! Grad oder Ungrad: der Mann hat den Büchner-Preis bekommen. Ja da sitzt ne Fleig an der Wand - der stillen Orte starken Wirkens.
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Löse Dich von Deinen Albträumen
Keine Sehnsucht haben. Und was ist Sehnsucht gegen Trauer?
Ich gehe mit Richard zu seinem Grab. Hinter der Trauer beginnen erste Erinnerungen zu glimmen. Wir lachen und weinen.
Voll Freude und Sehnsucht springt man durch die Literatur. Hei! Was ist das? So weich. Fast wäre ich gefallen. Vermodertes Papier. Gespinste aus einem Hirn gesponnen, ein Kokon Leere.
Er geht hinaus, um ein Experiment mit dem Leben zu machen. Grabschen nach Was und Wirklichkeit. Das mag das Lebensgefühl von vielen Menschen widerspiegeln und deshalb, unterstützt von einem gewaltigen Reklameapparat, tatsächlich - zumindest anfänglich - interessiert und sogar gern gelesen und verschenkt werden. Die Zuversicht zu Großem (Brief Sept 1977 an Unseld): Auf dem Schaukelpferd das Ich bin schon groß.
Es ist wie bei den Wahlen: die gähnende Mehrheit wird bei den Erfolgszahlen des Verkaufs nicht mitgezählt. Und so glaubt er selbst an Bedeutung.
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Aus höheren Sphären in stille Orte zurück riechen, ins Internatskloins, ins alles egal. Die Angst vor Berührung durch Lebendes: in der Herrschaft bekommst Du sie unter Kontrolle.
Ein Jean Paul, eine Virginia Woolve, ein Robert Walser würden unter solchen Verhältnissen keinen Verlag finden. Thomas Bernhard, ein Glücksfall der Ausnahme.
Muss ich untersuchen, was andere zu sich nehmen? Junkfood war es wohl nicht. Aber food? Es hat so etwas von Plastik oder Silikon, zerfällt in Millionen luftiger Kügelchen, versuchst Du, es zu öffnen. Es ist nicht mehr drin als das Außen verspricht. Ein Handschuh 24mal umgestülpt.
Vielleicht aber habe ich einen zu ideologischen Haß, weil für mich die Menschen, die er in Pappfiguren umschreibt, dazu gehören.
Ein Sanitätswagen fährt vorbei. Das Martinshorn schreit Tod. An der Regenrinne befingert ein Poet verzückt eine Barockzocke. Warum erhebe ich mich nicht über dergleichen Leute aus der Zeit von Goethe, Jean Paul, Schopenhauer? Gab es da nicht auch genug Allesbeschwätzer der denklichen Haltung, die dem Leben den Wein wegsoffen und nur das Wasser ließen? So etwas von Romantik und bieder im Erker? Das scheppert von hohl!
Auch ich habe starken Abstand vom Leben, suche es zu verstehen, aber ich will es auch fühlen!
Hier fand wohl die Wybranietz-Wende ihren Grund.
Aber was sind denn das für Zahlungen? Für ein Buch? Für dieses Buch! Gibt es denn keine Dichter? Schwindelt dem Schwindler nicht in schwindeliger Höhe?!
Die Stirn in der Fremde und Verlassenheit an die Kachelwand einer Toilette gelehnt.- Was hinderte einen Gang unter Menschen? Ist Einsamkeit denn ein seltener Edelstein, um den der Geiz schleicht. Dieses Ding das in den Abendwegen glitzert wie Kronkorken im Schotter zur Volkshochschule?
Stark übertrieben! Der Lottogewinner, der als Loser seufzt. Man versteht das: Der 400 Euro Jobber hat keine Antenne für die feinen Schmerzen von Dicht und Dünkel aus dem Silikon.
So kann Weltekel sich auch erklären: "ein Rauschen, ein spürbar anderes als das von Regen ist dann vernehmbar geworden... für immer hatte ich mich bei denen dort unmöglich gemacht" (Der stille Ort). Später geschah es wirklich, nicht wegen naß oder wichtig, sondern wegen Erdbeeren riechen über Srebrenica.(...natürlich nur, "um die furchtbare Zerstörung... um Srebrenica und die Todesstille noch spürbarer zu machen".19.5.10 sz )
So kam es zu
"Draußen: Verstummen. Verstummtheit, Sprachloswerden. Sprachlosigkeit. Sprache verlieren, Sprachverlust. Einsilbig geworden durch die Worte wie Wörter der andern, von ihnen zum Schweigen gebracht -angeödet - verödet. Weder, daß ein einziges Wort über die Lippen kommt, noch, schlimmer, daß es im Herzen, in der Lunge, im Blut oder sonstwo mittut."
"Das Grölen, Gellen, Toben und Kreischen draußen: verwandelt in Volksgemurmel und Weltgeräusch...." (Aus dem stillen Ort).
"Und für einen Augenblick verwandelte sich das eine Tier in einen Esel, welcher quer durch das Land stöhnte und schmetterte, während sein Partner ein entsprechendes Schnauben ausstieß....
..Danach durch den großen ’Wald, in lichter Weite Eichen, Edelkastanien, Buchen statt des gegendüblichen Buschwerks: Ja, war das denn so geldacht? —Ja‚ so war das gedacht. —Und von wem? —Von mir. Gedacht. Getagträumt. Vorgesehen. Solch eine Vorsehung: Es gab sie."(Versuch über einen Pilzsammler)
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Und wie war das mit Thomas Bernhard, der doch berührte?
Brief 422 Handke-Unseld Anmerkung 1
Sigrid Löffler zitierte in dem Artikel Der Mönch auf dem Berg (in: profil, I7. November 1986) Äußerungen von P. H. über Thomas Bernhard: Was der Thomas Bernhard macht, in Ehren, aber für mich ist das keine Literatur.« Daraufhin schrieb S.U. in einem Brief an Thomas Bernhard unter dem Datum des 25. November 1986: "Lieber Thomas, die Äußerungen des "Mönchs auf dem Berg" sind, wenn sie so gefallen sind, töricht, dumm, unverzeihhch, geschmacklos." (Bernhar—Unseld, Der Briefwechsel, S. 760)
Eine Literaturförderung, die einen Fehlgriff nicht berichtigen kann, sondern an der Verewigung mit einem gewaltigen Reklameaufwand festhält.
War es je anders?
Leonce ...dieser geistige Tod in diesem geistigen Leib.
Dr. Smirc: "Erdbeeren riechen über Srebrenica. Ein armer Kerl?"
Dr. Warnix: "Reue ist ein schwieriges Geschäft. Aber so lange die Zeit nicht abgelaufen ist... Fast finde ich die Kulturkassierer schlimmer, die ihm keine Zeit zum In sich gehen lassen sondern immer neue Gebinde von Styropor anfordern und hinaus blasen."
Ein Gammler geht vorbei, verkleidet als Penner. Das ist nicht der Ich, der da kommt. Das ist Gott, für den Du gerade nicht das passende Kleingeld parat hast. Er rülpst leise und sagt zu Schopenhauer: "Was hältst eigentlich Du von Nietzsche?"
Klaus Wachowski 17.10.2017