In den warmen Farben aus Peter Altenbergs Skizze "Pfingsten" gehe ich hinaus. Schade, dass sie James Joyce und nicht Virginia Woolf gewählt haben. Ein pubertierendes Texten gegen einen Gesang aus dem Leben. Aber sie ist noch. Ich erinnere mich an den Bach mit Blütenwiese, an dunkles Erinnern und Longing.
Der Regen hat aufgehört. Die polnische Freundin des Sohnes ist 800 km durch die Nacht gefahren, um der Mutter einen Nikolaus zu schenken. Natürlich gibt es auch noch anderes zu erledigen. Aber die Lichter des LED, welche prachtvoller über der Plastikweihnacht glänzen als der Farbenring um die blonden Haare einer Maria, sie stimmen froh, auch beim Umbetten.
An der Wand das jahrzehntealte Bild eines Segelschiffs. Er war Matrose. Der Alte denkt an ein Schnitzel von vor 40 Jahren. An die Kraft, mit der er die Haustür in die Angeln wuchtete. Dann das Kaschieren des Risses aus dem Baufehler. Die Ansichtskarte von Hassan aus Izmir. Ein Freund, das kann man schon sagen. Das Meer, auch so eine Erinnerung.
Aber in Wirklichkeit liebte er den Wingert. Die regennassen, vom Letten schweren Stiefel. Die klammen Finger, den Schnitt in den Zweig, genau an dieser Stelle. Das Bullern des Traktors, und auch den süßen Geruch von E 605.
Arbeit. Das hatte auch Sinn und Berührung. Aber was wäre es ohne die Liebe gewesen? Ohne das Teilen von Haus und Arbeit und den Gang hinaus in den Abend, die Kontrolle des Hoftors. Ohne das Gespräch über die kleinen Erfolge und Missgeschicke des Heute und die vorsichtigen Hoffnungen an das Morgen? Gehorsam dreht er sich auf die Seite.
Als sie gegangen ist, dreht er sich wieder weg vom Fernseher. Er braucht das nicht. Die eigenen Erinnerungen aus den dunklen und feuchten Blättern unter den Terminen eines der Hilfe bedürfenden Lebens sind schöner.
Wir aber trinken noch den Glühwein, von dem wir morgen nichts mehr wissen. Wir lachen und schimpfen noch wichtig in die Wichtigkeit. Aber auch uns erwärmen schon Erinnerungen an kältere Zeiten, Schatten von Menschen, verlorene Gespräche. Hoffnung der Zuneigung. Die Liebe, die Kinder in der Ferne, Glück des Moments.
Eine quirlige Frau geht an unserem Tisch vorbei. Spricht sie mit dem kratzbärtigen jungen Mann russisch oder doch polnisch? Die Augen glitzern. Morgen wird sie schon in der Nähe von Dresden sein.
So toll ist der Weihnachtsmarkt auch nicht. Aber wenn der Pfleger hinaus gegangen ist, wird es aus der Erinnerung leuchten. So etwas zwischen Heiligenschein und LED.
7.12.19