Birds 2013

Birds 2013
smatritje neba

15.11.15

Baum

Er betrachtet seine Seele. Er reinigt das leere Marmeladenglas von Leimresten. Das Durchsichtige, es verführt den Blick in fernere Tiefen. Was ist hinter dem Horizont an Welt? Bist Du dort in den Fernen von Raum, Zeit und Selbstverständnis nicht auch auf der Suche nach dem Wort aus dem Frieden?

Gewiß, es ist still.

Er geht hinaus in den Garten. Der Riß im Baumstamm ist noch deutlich zu sehen, geht tief bis an den Beginn der Wurzel. Atahualpa singt: mit schmerzender Wurzel breche ich in Blüten aus. Oben hat er ihn verbunden, unten fließt und heilt das Blut der Erinnerung. Harz und Herz haben sie nicht den gleichen Wort-Ursprung?

Tränen schießen ihm in die Augen. Sie fließen über die Wunde und heilen schmerzend den Schmerz.

Die Sonne bricht durch die Wolken. Für einen Augenblick leuchten die eingewehten, schon ausgetrockneten Blätter auf in gelbem Herbst. Ah, plötzliches aufgeregtes Zwitschern von Spatzen. Hinten auf der Straße der Nachbar. Man wird einander von Tisch zu Tisch grüßen. Auch ihm ist ein Verlust durch die Sehnsucht gefahren.

Aber es war richtig und gut und Glück. Es wird wohl nicht wiederkommen. Die Sehnsucht hat einen Riß bis zum Beginn ihrer Wurzel. Jetzt wohnt er weit draußen in einem anderen Haus, in einem anderen Land. Aber es war richtig und gut und Glück. Die Liebe hat ihren heilenden Verband um die Sehnsucht gelegt, Erinnerung blutet ihr Harz in die Wunde.

Irgendwo bricht Licht aus Wolken. Er drückt den Rest der Zigarre aus und geht hinein, sich umzuziehen, um zu gehen. Er muss unter Menschen, manchmal gibt es Kultur. Vorher aber liest er noch einen Absatz aus Virginia Wellen.

Der Baum bereitet sich auf den Winter vor, verwandelt Alkohol in Zucker. Wer wüsste , dass es wieder Frühling wird, gäbe es den Menschen nicht?

15.11.2015

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