Birds 2013

Birds 2013
smatritje neba

19.6.20

Wort, Wert verlieren

Das Thema Literatur erschöpft sich in zunehmender Ermüdung. Das ist nicht Handke, der sich des Themas Müdigkeit mit zunehmender Langeweile angenommen hat.

Eine Weile glaubte ich, die Einstellung der literarischen Produktion bei guten Schriftstellern hinge mit der altersbedingten Impotenz zusammen. Die verursacht Depressionen und das führe zum Verlust allen Interesses.

Jetzt mit 69 erscheint es mir nicht ganz so. Das Interesse verliert sich nicht nur, es kämpft auch gegen die innere Stimme an, die ihm die Frage zuflüstert:"Ist das angesichts des nahenden Todes wirklich wichtig?"

Die andere Frage, wer das denn hören wolle, gewinnt mit der Vereinsamung an Gewicht. Gefolgt vom Zweifel darüber,ob es je jemanden gab, der es hören wollte und dem anderen Zweifel bezüglich der eigenen Qualitäten überhaupt. Die Depression fällt über dich her.

Der alte Mann auf dem Stadttor von Worms kann das Schwert gegen die Orks vom Banner des Kreuzzugs nicht mehr heben, der Schmied biegt das glühende Eisen nicht mehr, der Guru vergisst seine faule Formel, ich verliere das Wort.

Schwer zuzugeben, dass es nicht schade ist, sondern Teil des Geschenkes Leben, dessen Aufstieg nicht ohne den Abgang zu haben war.

Ich könnte mich darüber beklagen, dass ich die Reise nicht weiter führen kann, nicht mehr Diesel im Tank ist. Im Augenblick denke ich, das sei gut zu wissen, besser aber auch, mehr hinaus als nur in den Tank zu schauen.

17.6.20

Einschulung

"Guten Tag, liebe Schülerinnen und Schüler,  mein Name ist Schnursenkl!" Shit! Hätte ich nicht sagen sollen!

Der Haufen lacht wie blöd. So ein Vorlauter ruft von hinten: "Wir haben doch den Meier!"

"Was für'n Meier?"
Sie werfen sich aus dem Fenster. "Na den mit" -idiotischer, amerikanischer Fingerapostroph- "ay".

Ah, Gott sei Dank, Petra! Ist die wieder eingestellt? "Super, Petra, gut das ich Dich sehe! Weißt Du, wo die 7a dieses Jahr ist?"

"Hast Du die mail nicht bekommen? Du Arme! Dann weißt Du ja nicht, daß die Knarz jetzt die Leitung hat!" (Was,die?! Danke schön! Ich dachte die wäre wegen der Nazi-Sache versetzt,  oder war es Ministerium? Und meine Bewerbung?! Hätte ich mir denken können!).
"Aber welche Klasse Du hast,weißt Du?"

"Äh ja, mail! Habe ich irgendwie weggedrückt. Nö, weiß schon. Meine Klasse: hab ich aufm Zettel."
Warum lüge ich so blöd? Komisches Ambiente. Bin ich hier überhaupt richtig im Blassier-Gymnasium?

Da! Die drei kenn ich doch. Sind die nicht pensioniert. Oder stellen Sie seit neustem auch bei uns die Vulnerablen wieder ein? Die Glatze. Ach jaa! Das ist ja der Mayer "mit ay". Der alte Suffkopp! Schlängelt sich an die Knarz ran. Wie immer!

Schnell hier rein. Der Saal ist gottseidank leer.

"Frau Schnursenkl" Unverschämtes Grinsen! Das ist doch der Asoz von Goldberg. "Wissen Sie, wo die 6a dieses Jahr ist?" Der will doch wohl nicht weitermachen! Ab ins Homescooling! Papa wird's schon richten.

Wo ist nur diese verdamme Mail hin? Ah hier. Nöö! Aber wenigstens die von Vince! "...schön, daß Du für mich die Rede vom Personalrat hältst! Die Begrüßung ist übrigens in der Mensa der Brutalos drüben. Danke nochmal und schöne Grüße an Meyer mit ay. Wenn der nur nicht Chef wird!..."

   Die hochgeschätzte Pädagogin und beliebte Kollegin, Frau Monika Schnursenkl , kann auf absehbare Zeit ihren Unterrichtsverpflichtungen nicht nachkommen.