Birds 2013

Birds 2013
smatritje neba

6.9.18

Enttäuschungen

Die Schriftstellerin Didion hat ihren Mann und ihre Tochter an den Tod verloren. Sie kommt zur Überzeugung, daß es kein göttliches Auge gibt, das auf dem Sperling ruht. Ihre Übersetzerin beunruhigt dieser Gedanke zutiefst. Ein Gott, der nicht auf die Menschen achtet!....

Es ist wie bei vielen Agnostikern: zu kurze Schlüsse aus moralischen Erwartungen. Gott liebt die Menschen und: Gott lässt das Böse und das Übel zu. Das widerspricht einander. Da es das Böse offensichtlich gibt, so kann es auch Gott nicht geben.

Auch ich musste den Einbruch des Verlusts in mein Leben hinnehmen. Mein Glaube an die Existenz Gottes im Leben hat sich verstärkt.  Nicht durch das Erlebnis, sondern durch das dringendere Nachdenken. Andere zogen den gleichen Schluss wie die Schriftstellerin und gaben den Rest an Glauben auf.

Mir löst es sich so: Schon lange glaube ich nicht an den Popanz von der Allmacht. Sieh den Mann der Ohnmacht am Kreuz. Aber ich glaube, daß das Leben mit den Leidenden trauert. Denn es ist nicht Raubvogel oder Wolf geworden, sondern Mensch. Mit mir trauernd begleitet mich mein kleiner Bruder J. C.. Sieh die Welt! Das ist - Gott! Aber wie oft ist es eine Hölle!

Was erzürnt sich darüber in Dir? Ich habe einen Namen dafür in der unsinnig scheinenden Hoffnung des Menschen gefunden.

Du suchst Heil, besondere Wichtigkeit? Da ist nur der Glaube des Lebens  an Deinen Wert. Was kannst Du in aller Ewigkeit mehr bekommen?

15.8.18

Die Dunzelbach-Suada

Die Suada nach dem Auftritt der Dive vom Dunzelbach

Dr. Smirc: "Was reitet denn den? Kaum verdient er 'nen Tausender mehr, spitzt er das Mäulchen wie Carl, der sich zum Earl machte. Ein Landrat aus dem Schuppen, ne Queen aus Barbiepuppen. Sind hier denn alle total rtl? Der Kellner, der die Augenbraue hochzieht, als sei seine Plörre Kaffee direkt aus der Bohne gesaugt, die Frau an der Theke in der Gestik aus Germanies Next VIP-Bordell. Das fing doch an, als die Genossen vom Fußballplatz zum Tennis und dann zum Golfplatz zogen. Schau Dir doch mal die Protzkarre an! Braucht der so was? Nein, der will's! Hat längst vergessen, wo er her kommt. Ist so weit ab, daß er 'nen normalen Menschen nicht mehr vom Pegiden unterscheiden kann. Schaurige Republik!"

Von Weinchen: "Naja! Wo du hingehst, das ist ja auch nicht normal, im Cafe Schnarr, wo jeder seine Seele als rote Nase vor sich hinträgt, jede eine Schmarre vom Tattoo! Hast Du ausreichend Ich in Dir, eine Welt ohne ausreichend Liebe für Dich auszuhalten? Das hier ist ja wohl der trostloseste Ort für Menschensucher."

Dr. Warnix, Psychagog und ausgeschröderter Vipologe, nimmt seinen Dr. Smirc in Schutz: "Hallöchen, Freund des Wellness und Kamerad des Vorteils. Machst du wieder mal Reklame für Shallower? Im Schnarr hast Du doch genau den über sein Gedöns gestolperten VIP, dem Du täglich 8 Stunden hinterher kriechst. Schmeckt die Brühe von der goldigen Kammerpreismünze noch, glänzen die Gesichter Deiner Freunde noch im servilen Schweiß, hängen noch von Gier geweitete Augen an Glibber schlürfenden Lippen? Hier finden sich die gestürzten Könige, Bosse, Päbste, Diven im gehässigen Gelächter der Hyänen. Die verstehen sie so wenig wie in den guten Zeiten.

Aber hier ist Heilung im Darkroom der Hoffnungen. Dein Nachbar zog das Kleid der Helfer an und sucht mit Dir den Weg hinaus unter Menschen und Sternen. Wo die Harpien der Furcht vor dem Rattern der Straßenbahnen fliehen. "

Gott winkt aus dem Behandlungszimmer. Er hat seine Sonnenblumen auf dem Friedhof gegossen und tritt seinen Dienst wieder an. Dieses ewige Aufrichten der Mühseligen. Ihm ist es etwas unwillkürliches wie Aus- oder Einatmen. Er schenkt eine Brise kühlen Nachsommer aus.

Da ist ein Leben, eine Zeit für Dich! Nimm es! Er hat kein anderes. Teile es oder wälze Dich im Ich-Ich. Es kommt nicht wieder, ist gut genug. Das Bessere, Du wirst es kaum erfahren. Hier liegt der Rest vom Guten. Du mußt es nicht aufheben.

15.8.2018 Klaus Wachowski 

6.8.18

In der Arztpraxis


„Entschuldigung! Der Tod / das Leben hat mir noch keinen Termin gegeben. Ich habe auch nicht angerufen. Darf ich trotzdem?“
*
Gegen das Weinen hilft kein Augenarzt. Eine Sonnenbrille aber gegen die Sichtbarkeit.

24.7.18

Eingebettet

Und die Wellen laufen aus, erlöschen im Gleichmut des Meeres. Ein Gleichgewicht ohne Ende stellt sich ein. Der Planet reist hinaus in die Weite eines leeren Raums, stellt seine Drehung ein. Ist das der Tod: Schlaf?

Den davon eilenden Planeten halten unmerkliche Schwerkräfte aus der Summe der verteilten Materie fest. Wird das nicht zu einer gegenseitigen Aufhebung der Kräfte und Bewegungen führen?

Ich kann es mir nicht vorstellen, denn seit ich erwachte, war und ist Leben.

Wie soll ein Ende sein, wo vor dem Anfang nicht ein Ende war? Die Ewigkeit wird nach dem Leben, nach dem Ausatmen wieder einatmen. Und so wird Leben sich immerwährend umwandeln.

Ich werde vergehen und nicht da sein. Aber ein anderes Ich wird sein. An anderer Stelle, in anderer Stelle der Zeit. Wie ich an Deiner Stelle bin, war.

In der Einzigartigkeit und Verlorenheit im Alles wünscht Buddha das Nichts herbei.

Ich sehe, bei aller Vorsicht, mit Sehnsucht auf das Du.

*

„Und was soll das Ding mit Gott dabei?!“ Dr. Smirc scheint irgendwie erzürnt.
Dr. Warnix, Psychagog und Realitychecker bei RXL, fragt zurück: „Was ist das :„Existenz“?“

Seitenblicke

Alt und den Tränen näher als dem Wein.

21.7.18

Blumenstrauß

Über den Glaskörper schiebt sich ein Häutchen, die Tränenflüssigkeit zurückzuhalten.
Du kennst schon alles. Ich nichts. Ich gehe mit meinem väterlichen Freund Richard unter Bäumen.
Ich sehe: Dieser Blumenstrauß ist schön. Rote, blaue und gelbe Blüten in grünem Blatt. Ein Schleier von feinen weißen Blüten darüber.
Die rot gefüllten Sterne blühen hervor. Zarte kleine blaue Trichter, von harten grünen Blättchen geschützt, und mittelgroße gelbe Blütensterne. Sie alle wachsen aus schlanken dunkelgrünen Blattlanzen hervor.
Es soll Dir die Farben des frühen Sommers in den Schlaf gießen: da ist eine Wiese aus Träumen der Kindheit, über der der Falter Sehnsucht taumeln und aus der er trinken kann, bevor er von Zielen gezogen sich hinter dem Horizont verliert.
Ich stelle den Strauß in die Vase. Schon summt eine Biene herbei. Wasser befeuchtet die Erde. Aus den Bäumen die Lieder der Vögel.
Schritte im Kiesweg. Dann Stille.
Meine Gedanken auf der Spur eines Falters. Aus dem grünen Schatten sehe ich noch einmal zurück auf einen Strauß Frühsommer.
21.7.2018 Klaus Wachowski

10.7.18

Tamam

Ich höre eine mir liebe, vertraute Stimme singen. Die Saiten meiner Seele erbeben in einem moll- Akkord. Eine wehmütige Erinnerung.

Ich möchte antworten. Meine Worte zerfallen an der Mauer des Gestern zu Staub.

So danke ich den Stimmen, die aus der Vergangenheit in eine unbekannte Zukunft sangen.

So groß Dein Ruhm sein mag: er kann die Zeit nur in einer Richtung nehmen. (Und weit kommt er auch nicht.)

Ewigkeit ist anders.

Ein Lied aus der Vergangenheit nimmt mir den Stift aus der Hand. Was geht mich die Größe der Zukunft an?