Birds 2013

Birds 2013
smatritje neba

1.4.25

Seltsamer Ort



Die Wolken werden dunkler, die Kälte beißender. Unter den schrillen Sebsterhöhungen und dumpfen Drohungen eines Politclowns schwirren gleisende Lichter, düstere Schatten darüber.

Das Kind kann sie nicht sehen, aber sie stürzen in die Seelen der Älteren, verhärten sie, wirken als mürrischer, genervter Umgang, erregen Mißtrauen, Niedergeschlagenheit, Verlorenheit. 

Er weiß es nicht, daß sein wiederholter Gang auf die Berge zu an die Worte von Anne Sexton über das schreckliche Rudern auf Gott zu erinnert. Was sucht er in den Wäldern? Es mag schwieriger für die Orks sein und stiller. Aber dafür lauert im Schatten die Angst.

Er sucht den Brunnen vom Rand der Lichtung. Dort erschien ihm einst erstmals das Gefühl, angenommen zu sein. Waren es Wärme und Licht und kühlender Schatten? War es das Plätschern des Wassers? Es ist kein Kraftort für Esoteriker, die Wandervereine zersingen mit guter Stimmung das Schweigen, Förster, Jäger, Arbeiter verstehen erst, wenn sie ihre Aufträge und Projekte ablegen. Ab und zu verirrt sich ein Vertreter für Staubsauger oder Versicherungen in strack gebügelter Seele hierher, geführt von bohrender Einsamkeit, die das Leben als Akquise nicht mehr aushält. Ein Blatt fällt, und es geht weiter. Spesen gespart.

Dies ist ein ganz individueller Sehnsuchtsort. Und der Junge geht immer wieder darauf zu.

Es ist kalt und die Wolken werden dunkler. Die Reben rechts und links der Straße zeichnen expressionistische Tuschen in die Luft. Aber daheim und in der Stadt bereitet sich ein zunehmendes Wirgefühl auf das große Weihnachtsfest vor. Es klappert, hämmert, sägt, plappert, ruft einander zu.

Man erwartet doch wohl nicht die Wiedergeburt Christi? Aber man erhält doch einen feinen Abglanz von Frieden und Freundlichkeit. Liegt nicht schon darin etwas von Paradies für das in Einsamkeit der Liebe geborene Wesen Mensch? Der Junge weiß nicht, daß er durch die letzten Tage des Jahres der Barmherzigkeit geht. Wo es seiner Welt gut geht, fühlt er sich frei, seinen Ursprung aufzusuchen. Hier sang der Vogel.

Er taucht in die Waldwege ein, wird sein Ziel finden. Vielleicht wird ihn sogar ein Duft aus der Erinnerung berühren. Und er wird beschwingt zurückkehren, seinen Platz in einem unaufgeregten Alltag wieder einnehmen.

Was wohl aus ihm werden wird? Ob er überhaupt mein Alter erreichen wird, einen Raum der Sicherheit und von Horizonten? Ob er dem Wunder Liebe begegnen wird, verschont wird von Verlust der Liebe?

Ich wünsche ihm Menschen und Berührung. Ich wünsche ihm die Fähigkeit und die Möglichkeit, diesen, seinen Platz immer wieder zu finden.

29.3.25

Post-Misericordia

 Von Samariter*innen

Die Sonne scheint, das Gras ist grün, die Vögel singen. Das Herz hüpft dir im Leibe.

Und siehst du nicht den stöhnenden Mann dort in der Ecke?

Die Eltern rufen dich besorgt zurück. Aber du spürst: das Gefühl ist richtig.

Später einmal wirst du sehen, wie Kinder hinüber schauen und irgend-wie helfen wollen.

In dieser Zeit rufen viele, man solle diese Menschen doch weg tun. Du weißt aber, daß dein Gefühl recht hat. Es kommt von tiefer unten als das Geschrei. Die Erwachsenen sagen Gewissen dazu. Haben sie eins?

Das können wir nicht wissen. Aber unseres sagt: „Hilf!“ Und wir fühlen.

Sie singen Halleluja, Heil und Liebe. 

Du hörst wie falsch sie singen. Du spürst Gewissen.

29.3.25

 

 

26.3.25

Literaturposing

 Zahnarzttermin

Ich gehe eine Stunde vorher ins Café, muß dann aber noch einmal nachputzen. Wäre morgen Termin zum Sterben, würde ich es mir schenken.

Bei aller Beachtung der Ewigkeit denke ich doch nicht an ein baldiges Ende. Anders wohl die Leute, denen beim Anblick von unsereinem der Begriff "vulnerabel" aufgeht.

In Mannheim wird eine Woche mit Lesungen im alten Feuerwehrhaus angekündigt. Beginn der Veranstaltungen regelmäßig 20 Uhr.

Mit 70 gehen wir ab 20 Uhr nicht mehr ins Kino. Es gibt gesonderte Spielzeiten nachmittags für die Senioren. In der Literatur-Acquise scheint sich solcher Gedanke nicht bemerkbar gemacht zu haben. Von Lesungen im Betreuten Wohnen habe ich jedenfalls noch nicht gehört. Einziger Vorteil: Man wird mit Handke, Houellebeq und Walser verschont.

Vermutet man, da säßen wohl Leute, die auf Peter Alexander und Sylvia-Romanen seien? Oder glaubt man dann eine schwatzende und hüstelnde Truppe vom Stamm- und Bridgetisch vorzufinden. Auf den Verkauf von Büchern muß man wohl verzichten bei einem Publikum, das sich in Büchereien und öffentlichen Buchschränken bedient und sich nach der Lesung unendlich lang an Brezel und Plörre vergnügt. Regional und günstig, versteht sich.

Muß man da den Dialeckten aus Dunsach vorbeischicken oder die Vertreterin der Pilates-Diätchallange? Man könnte doch auch die Hörgeräte-App bewerben.

Der eigentlich tiefere Gedanke kommt aber philosophisch daher: Wenn die oder der morgen eingeliefert werden: ist es denn da so wichtig, was da an literarischer, religiöser, spannender, philosophischer, historisch und romantisch bedeutsamer Lektüre durch die Hirnwindungen gespült wurde? Man betrachte doch den Erbumstand Bücherregal: Das fällt doch als erstes in den Container. Und all die Makulatur an Erinnerung und Komik der Sehnsucht folgen nach.

Der Timer meldet sich. Ich gehe.

Meine Sehnsucht kehrt um

Phantasie

Meine Sehnsucht kehrt um.

Ich komme daher, wo du hingehst. Ich denke, dein Weg ist gut.

Ich kann dich nicht begleiten. Aber ich werde dir hoffentlich immer wieder begegnen.

Ich habe vom Schönen und vom Abendmahl genug getrunken. Wenn auch viel Schweres war.

Jetzt will ich die Wiesen wieder sehen, von denen ich in den Regentagen meiner Kindheit träumte.

Ja ich liebte Blumen, Wiesen, Vögel, Schmetterlinge und wollte doch hinaus in das "Große" der Welt, wie Du.

Als ich Vater von Töchtern, von einem Sohn war, tat ich wie Dein Vater. Ich ging mit ihnen in die Zukunft, freute mich an ihrer Hoffnung, wie es jetzt Dein Vater bei Dir tut, wie es Deine Mutter so gerne tat.

Und ich versteckte zu oft meine Freude hinter dem Ernst, wie jene bei Dir.

Aber jetzt bin ich umgekehrt, freue mich an den Landschaften aus denen Du voll Leidenschaft hinaus willst. Ich freue mich an Deiner Hoffnung, aber auch an diesem Grün unter Deinen Füßen, am Vogelgesang, am Klang der Glocken aus der Umarmung des Lebens.

Ich kehre gerne erneut um, gehe ein paar Stunden mit Dir, höre Deine Hoffnungen mit Freude und - Sorge, spüre auch Dein Herzklopfen, zeige: es kann gut gehen.

Und wir werden uns wieder sehen, wiewohl wir uns doch voneinander entfernen. Denn unsere Wege haben schön verschlungene Umwege.

Gehe froh und mutig deinen Weg.

Ich sehe dir nach, sehe dich gehen und kommen.

Es gibt Einsamkeit und Trauer. Aber auch das warme Gefühl, wenn der Blick auf geliebte Menschen fällt.

2. Mai 2019

Rückweg



Nach unten gehend sehe ich die runden Kronen grüner Baumgruppen. Unter ihnen leuchtet das Rot eines Ziegeldachs hervor. Und darunter ist etwas Weiß von den Mauern zu erkennen. Weit hinten unter dem Nebel breitet sich das Blau des den Himmel spiegelnden Meeres aus. 

Was hinter und über mir liegt, verliert an Gewicht und Drang. Ein leichtes Ziehen nach vorn hilft beim Gehen.

Vogelstimmen des Frühling im Januar sind zu hören, das Rascheln von Eichhörnchen und Amseln. Sei vorsichtig auf nassem Weg! 

Was war, was wird sein mit diesem kleinen Ich, das da seinen Weg geht? 

Die Einsamkeit ist eine zerbrechliche Vorstellung: von starken Bändern der Liebe wird die Angst an das Vertrauen gebunden. Der Schatten eines Verlusts schneidet ein. Erinnerung spendet Trost. Und die Schönheit der Welt zeigt sich wieder. Strahlen der Sonne, Lächeln, Berührung. 

Gerne sitze ich im Cafe' Twisting Love, sehe die Verletzlichkeit und die Hilfsbereitschaft der Herzen. Angst, Niedergeschlagenheit, Verlo-renheit. Vertrauen, Selbstvertrauen, Zugewandtheit. Die Jahreszeiten der Seele. 

Dr. Smirc und Dr. Warnix überholen mich diskutierend. Wieder einmal ungleicher Meinung. Wie schön Verschiedenheit blühen kann! Jahwe heißt angeblich: das Leben. 

Die Liebe geht mit, die Dankbarkeit. Das Ja.

Von Deinem Atem getragen, schwebe ich,
bis ich den Boden berühre. 

Klaus Wachowski 3. 1. 2018

23.3.25

Roll back der Gottes-Experten

Beten versus Gewissen 

Wie gemein doch auch Christen sein können zeigt sich wieder einmal in der Zeit der egoistischen Not. Und es sind nicht nur die Gurus der Evangelikalen.

Im kritischen "publik Forum" raunzt ein Bruno Hessel aus Ennepetal: "... Wenn jemand schon als rechts eingestuft wird, nur weil er für Begrenzung eintritt, dann frage ich mich, welchen Wirklichkeitsbezug diese Menschen haben."

Noch 2018 trat er aus der Kirche aus und gründete eine "jesuanische" eigene, die nicht ausschließt. Inzwischen ist Corona darüber gegangen und er wirft seine Liebe zur CDU ins Gewicht.

Ein Pharisäer aus dem mittleren Moralmanagement zum Verlust seiner Glaubwürdigkeit. Sich in Zeiten der Not vor dem Egoismus verbeugen und die Nächstenliebe totschweigen. Früher hießen fromme Heuchler: Mucker. 
***

Ein gewisser Christian Schmidt, Berlin. Schreibt die CSU so?:
"Wenn diese (Flüchtlinge) dann in seinem Garten zelten würden.. " und, natürlich weiß er Bescheid, hat als "älteres Ehepaar" zwei afghanische Flüchtlinge "aufgenommen und gecoacht". Bravo Empathie!

Er hat wohl einen Garten in Berlin und auch Verdienste zum Verdienst. Da weiß das Ich Bescheid und kann dem Wir was erzählen.Ein echter Christusmann. 
Ein Garten in Berlin. 

Vom Liebe-Deinen-Nächsten-Jesus habe ich da allerdings nichts gehört. 
***
Gott nahe zu sein, scheint sein Glück: Der Evangele Grimm aus Sottrum scheint es mit dem Gekreuzigten nicht ganz so zu haben. Recht fromm meint er: "Entscheidend ist ihm (Merz), daß er Tatsachen deutlich benennt und Notwendiges anmahnt. Diese kirchlichen Lobbyisten sprechen nicht für das Gros der Kirchenmithlieder. .." Darüber hinaus bemerkt er eine "Entfremdung konservativ- nachdenklicher Christinnen und Christen von ihren Kirchenleitungen."

Notwendig scheint hier wohl weniger die Hilfe für in Not befindliche Fremde. Es kommt auf das Gros der Mitglieder und das gute Einvernehmen von Basis und Führung an. Er ruft zur Ordnung des Rudels. So konservativ- nachdenklich er sich vorkommt: den ersten Teil des höchsten Gebotes erwähnt auch er nicht und der zweiten Teil ist ihm wohl der Glaube an den goldenen Berg.

Evangelisch hilft auch nicht gegen Ich-zuerst.
***

Heißes Herz und kalte Schnauze.

Nach dem Erdbeben durch das Wort "Wir schaffen das", dem die Bürger zu den Menschen folgten, haben die Stammtische wieder die Führung übernommen. 

Die Brotherhood of men ist wieder in die Burschenschaften von Trump- und Pegidarudeln zerfallen.

Und Publik-Forum, die "kritische" Katholizität öffnet ihr Leserbrief-Forum der Vuvuzela der Unbarmherzigkeit der Gottes-Experten vom Ego. Ob Jesus das meinte?

Wenn nach so manchen Frommen ginge, hätten sie schon viel früher den Samariter mit Jesus hinausgejagt.

3/2025 Klaus Wachowski 

20.3.25

Vergoldete Schuld

An diesem Schreibtisch hat er ausgewählt, welches Leben noch sinnvoll zu retten sei und welches ohnedies sterben müsse. 

Warum sollst Du das noch lesen (-nach Wikipedia):

Carlo Schmid

Deutschland und der Europäische Rat…

Regierung und Parlament. …

Vier Jahre Erfahrungen mit dem Grundgesetz. …

Die Opposition als Staatseinrichtung. …

Macchiavelli, ..

Der Abgeordnete zwischen Partei und Parlament. …

Der Deutsche Bundestag in der Verfassungswirklichkeit. …

(mit Horst Ehmke und Hans Scharoun): Festschrift für Adolf Arndt …

Politik als geistige Aufgabe; Gesammelte Werke ..

Der Deutsche Bundestag. Ein Essay. ..

Das Fundament unserer staatlichen Ordnung. …

Demokratie – Die Chance, den Staat zu verwirklichen. …

Europa und die Macht des Geistes. …

Erinnerungen. ..


Ist die Haltung des entronnenen Täters nicht bezeichnend genug? Wenn er Verzeihung anmahnt, christliche Haltung in allen Lebenslagen, die Antwort seiner Opfer auf die Tat aber scheut. Es war schließlich Mord. An dem er zumindest beteiligt war. 


Und warum bittet er anstelle der Opfer um Verzeihung für den Massenmörder Sandberger bei den Richtern?

Glaube nicht den Verehrern.


Dagegen ist OLG-Chef Goller ein kleines Licht. Vielleicht hat er ja wirklich "nur" einem Künstler die Karriere verdorben. Vielleicht wurde er ja wirklich "nur" aus Versehen zum Politoffizier vorgeschlagen, in der Ukraine, wo doch auch Babi Yar liegt. Und wo ein Staatsanwalt niemals nur "einfacher Soldat" war!

Der Punkt ist doch: er hat am Aufbau des Mordsystems mitgewirkt, hat sich zum Staatsanwalt des Bösen machen lassen, statt auf Karriere zu verzichten, die dann andere gemacht hätten. Er hat ohne Scheu den Übergang gemacht, keine Beförderung abgelehnt, die Ehrung unverdient eingesteckt. 

Glaube nicht an die Seriösen vom Club.


Und wer war nochmal der dritte unter den Humanisten?

Der Schumann von der Gaukultur, der nachher der Karlsruher Literatur präsidierte, geehrt, geleckt von der Wohlstandsidylle. 

Du kennst den Plunder.


Was ist mit Arno Schmidt, dem frank- und freien von der SS-Bewerbung, von der stillen Tätigkeit im norwegischen Außenposten? Einige Russen hungerten innerhalb des Zauns. (Wohin verschwanden sie?)

Er änderte nicht den Namen, nur das Geburtsdatum.

Sein Apostel schweigt statt düsteres Wissen neben der Heiligenverehrung zu verkünden.    

Lüge des Ruhms!


                            *

Ich gehe durch die knapper bemessene Zeit. Was für eine Bedeutung kann es noch haben? Die Dünen der Ewigkeit wehen meine Erinnerungen zu, türmen sich vor meiner Zukunft auf. Die Wurstigkeit streut ihre Samen aus. 

Ich rufe in Eure Zeit, den Faden weiter oder neu zu spinnen. Tut es gut nach Eurer Weise. Vielleicht ist's eine kleine Hilfe. 

Fern wie die Sterne, von denen es auch nichts mehr gibt als die Lichtspur. Es war einmal..


Erinnern wir uns



Tücher

Ich breite das Tuch aus. Es legt sich in die Falten der Kindheit.
Zu oft habe ich darüber gebügelt und es hat Elastizität und Formkraft verloren.
Der Gedanke an Vorgestern: ich kann die Spur nicht finden.
Ein Stück des Tuchs scheint platt- und ausgewalzt.
War es ein Schmerz oder ein tonnenschweres Glück?
Noch halten die Fäden, hat kein Schlag ein Stück abgerissen.
Es ist schwer. Leg‘ es aus!

Unendlich groß ist es auch nicht.
Und Falte geht über Falte. Weich wie hundertmal gefaltetes Papier.

Betrachte die Landschaft:
Die tiefen Täler der Kindheit. Die von Betrug ausgebrannten, überwuchert von den Tröstungen der Therapie.
Der breit mäandernde Fluß der Liebe, Ufer der Freundschaft, die fernen Horizonte der Philosophie.
Du hörst die tausend Stimmen der Frühlingsinsekten und anders schöner Schwärme von Gesprächen.
Betrunken habe ich Wein vergossen und voll Rauch des Ehrgeizes Löcher hinein gebrannt.
Aber es ist meine Decke.
Zeige mir Deine!
Bald wird es kalt. Hüllen wir uns ein!
Klaus Wachowski 8 2016

Deal

Was dieser komische Kerl war? 

Der war mal der Mächtigste!

Als die Zeiten kamen, dass die Leute wieder den Dicken vom Schulhof nachrannten - sie waren alt und vom Leben enttäuscht - wurde der da mit der Squirrel-Frisur zum mächtigsten Mann der Welt gewählt. 

Als seine gewaltigste Tat stellte sich dann das Ausbrechen des ersten Buchstabens des Ideals heraus. Er hatte aber entgegen späteren Vermutungen das I nicht vernichtet, sondern es nur hinter seinem bekannten aufgeblasenen We versteckt. Wenn Du genau hinsiehst, kannst Du es dahinter in einem roten Fellbüschel hervorragen sehen. Was blieb war Deal und We.

Die Welt wäre damals fast untergegangen. Als die Menschen dann aber in das We bissen, merkten sie recht schnell den Plastikteig hinter der krossen Schale. Sie wendeten sich dann schöneren Versprechungen zu. Und so ist die Welt noch erhalten. Grau und bunt wie je. Und auch wir müssen leben, so gut wie es geht. 

11.1.2040  

17.3.25

Trauernde Weisheit

Was kann ein Philosoph tun, wenn er einen richtigen Verlust erleidet, außer Weinen? Ich erinnere mich. Er schreibt. 

So waren auch meine ersten Wiederbelebungserfahrungen nach jenem Tod.

Ich las die blauen Stunden zum Trost. Ich schaute in Bäume und Gesichter. Ich las aus Fotos die Erinnerung. Jeder Stein, den dieser Fuß berührt hatte, war mir heilig, hatte er doch noch ein unscheinbar geringes Teil ihrer Energie mit der seinen gemischt... und selbstverständlich war er, ja die Erinnerung an ihn wichtiger als alles, was um mich herum geschah. Meine Liebe war den Menschen feind. Ein Pegide des Amor.

Ich hatte den Wunsch, dem Betroffenen, der als Guru aus dem Schmerz hervor zu treten schien, meine Wahrheit ins Buch ritzen zu müssen. Aber die Erinnerung an meine Zeit nach dem Erwachen machte mich demütig. Protzen mit Schmerz? Das wäre ein Schlag in ihr Leben gewesen. Pfui Teufel! 

Es war und ist eben Schmerz und nun hat es ihn getroffen, wie viele, viele.

Die Liebe besiegt alles. Normalerweise auch den Verstand. Da gibt es nichts zu lachen, wenn man das Glück hat, wieder zur Vernunft zu kommen. Ich weiß nicht, wie weit ich in der Frage gekommen bin. Das Ich löst sich auf in Millionen Moleküle, Millionen energetischer Quanten. Wie sollten sie zusammenfinden, wo sie es Unendlichkeiten von Zeiten vor der Geburt nicht taten? Im Kopf des Liebenden aber finden sich seine nicht immer die Wahrheit der alten Zeit wiedergebenden Erinnerungen. Ein Reflex der sehnsüchtig zurück rufenden Liebe...

Ich weiß es nicht "besser" als der Philosoph. Die Zeit hat ein paar Erfahrungen mehr in die Risse meiner Erinnerungen gebügelt. Was tut es, ob die Liebe danach noch wirklich neben mir steht, oder ob sie "nur" aus meiner inneren Welt heraus mit mir redet, schimpft, weint und lacht. Auch das wird sich auflösen und -gewesen- sein.

An der Haltestelle bricht der Mann aus Gambia in herzzereißendes Schluchzen aus. Was soll er mit Deinem Wissen?! Er weint!

10.3.25

Junge Wilde

Wolfgang M Schmitt
Selbst schuld bei Hanser

Im Alter von 36 hatte ich schon einiges an Ideologie und Philosophie hinter mir, lebte und liebte, glaubte aber noch zwei bis drei Jahre, es richtig gepredigt und gemacht zu haben. Mögen auch W M Schmitt, dem Ehrgeiz, weitere 36 Jahre vergönnt sein, seine Moralpredigten belächeln zu können. Sie werden versinken wie meine versanken. Noch ist er ganz heiß darauf, die Wichtigkeit seiner Erkenntnisse an die Leute vom Trog heran zu tragen, um verborgene Beifallsstürme unter einem Publikum von „Intellektuellen und Künstlerpersönlichkeiten“ hervor zu locken, das er als Duckmäuser beschimpft.
Und schau: Der von Wikipedia zum „Marxisten“ geadelte Narziß bringt Nietzsche als Populisten gegen das „Ungeheuer Staat“ in Stellung. Ein Marxist würde dem Republikleugner da wohl kleinbürgerliches Kulturpredigen bescheinigen, ein Philosoph Sniff von Metaphern.
Sehe ich auf mich zurück, erinnere ich mich an den Impuls, Verrat zu wittern, als die Intellektuelle revolutionäre Welt in den späten 70ern von den Armen der Liebe verschlungen wurden. Kurz darauf ging es mir gleich und auch er deutet Lockungen und Lockerungen ganz anderer Art als die des kommunistischen Manifests an.
Solches Turmblasen in das Forum der Republik hinein war mir nicht fremd. Aber jetzt wähle ich doch lieber die Würde der Person als die Diktatur von Predigten.

Marc Aurel: 22. Ich tue meine Pflicht, alles übrige kümmert mich nicht; denn dies ist entweder gefühls- oder vernunftlos oder verwirrt und des Wegs nicht kundig.  

Aus 2016 Umzug

Stück für Stück meiner Welt bricht weg. Die Triumphe gewonnener Kämpfe, der Trost der Liebe in den Niederlagen, die schillernden Horizonte meiner Spekulationen, das, was ich mit der Welt diskutierte, disputierte, gegen sie schimpfte, im Pathos erdrückte.

Wer will schon etwas davon wissen?

Also weg damit. Die Kämpfe der Vorzeit um eine Wiederherstellung des Ich sind abgeschlossen. Ich bin gut davon gekommen.

Es geht etwas weg. Was ist das für eine Traurigkeit? Mir fallen die Hoffnungen ein, die in den archivierten Lebensäußerungen noch vorhanden schienen und ein angenehmes Parfüm der Erwartung über den "Erfolgen" versprüht hatten.


Schön ist aber der Verlust der Ausrufezeichen. Ich hoffe darauf, dass das Fragezeichen in mir noch lange mit dem Gesang der Frühlingsvögel um die Wette singt. Vergangenheit soll mir nicht Heimat werden.

5.3.2016

Adele singt Hallo, from the other side. Dieser junge Mann hat schon die gleichen Fehler gemacht wie ich.


27.1.25

Lob des Alters

Beziehung und Literatur. 
- suhrkampen -

Beziehung. Ohne sie geht Kommunikation nicht. 

Also schließt man sich zusammen und einander - aus. Auch hier also Privileg vor gleichem Recht. Die Leser und Leserinnen wollen Leitung. Es wird zur Führung.

Wer schreibt, bedient sich gern auch des Megaphons der Führer. Das Forum wird unweigerlich zu Konzert, Kirmes, Ballermann. Ich habe mitgemacht. Da wieherte es: ein hoffentlich letztes Aufbäumen des Ehrgeizes, in dem ich mich um einen Preis bewarb.

Auf dem Weg zum Forum verirrte ich mich öfter in die Paläste der Herrschaft, meinend, einfach mal so reden zu können. Ihre Gärten hielt ich für öffentliche Landschaften. Manchmal setzte ich die rote Nase auf. Da waren aber zu oft Herrschen und Dröhnen.

Jetzt doch lieber Rückkehr in die Natur > zur Person. Besser im Schwarm zwitschern als im Rudel krächzen.

13.1.25

Ein grauer Zaun

 Schau mal, der Zaun. Mein Vater erzählte oft von seiner Meisterleistung. In den 50ern hatte er die Ruine erworben und beim Schmied gearbeitet. Sie hatten die Idee, das Gitter auf solche rund gebogenen Eisen zu setzen und unter den Ringen die Stangen zur Versenkung in den Beton anzuschweißen. Es sei eine Hundearbeit gewesen. 

Wir sind ohne große Beachtung daran vorbei gegangen. Aber als er noch gehen konnte, berührte mein Vater öfter fast liebevoll die Zaunstangen und prüfte die Festigkeit. Ich meine, es war alle drei oder vier Jahre, in denen er mit Menninge und einer neuen viel zu großen Dose Farbe dem Zaun einen neuen Anstrich verpasste.  In meiner Kindheit bunt wie Spielplatz. Da hingen manchmal auch Ostereier zwischen den Stangen. In seinen letzten Jahren entwickelte er sich selbst zu einem bunten Vogel zurück. Aber den Zaun schickte er mit gedecktem Braun in die Unscheinbarkeit. Das höchste an Ausstellung war Schwarz, das ja im August eine schöne Struktur ins Dunkelgrün malt, besonders schön abgehoben gegen die Tanne, die in Alter immer dunklere Schatten zaubert. 

Was Du jetzt siehst, das abblätternde Graublau, ist schon älter als elf, zwölf Jahre. Er ruht unter Friedhofsschotter- damals kam Schotter im Garten in Mode. Den Zaun möchte ich stehen lassen. Schau nur! Es ist nur ein Zaun von tausenden.      13.1.25


P.S. Dem Putin ist's egal. Er lacht die Frau vom BSW an.