Birds 2013

Birds 2013
smatritje neba
Posts mit dem Label Sturm werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Sturm werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

11.1.15

Sturmwarnung



Ich gehe Brötchen holen auf dem Weg ins neue Jahr. Die Sturmwarnung hat dafür gesorgt, daß ich wieder den Wind höre. Von vorne links das blecherne Rufen einer Elster, jetzt links hinter mir. Von dort jetzt auch das Krächzen eines Raben.
Das Klirren der Fahnen an die Masten, das quietschende Zwitschern von zwei Meisen im Busch. Schon schwirren sie über mir davon. Mit dem Wind, den davon eilenden Wolken, dem scharfen Licht der tief stehenden Sonne wächst ein Gefühl von Trauer in mir. Es gibt keinen Anlass oder Alles. Es ist kein richtiger Schmerz. Was ist schon richtig?
Früher bezog ich es auf Erlebnisse der Vergangenheit, auf Schrecken von Beziehung, auf Not. Jetzt kommt mir der Gedanke, es könnte auch eine Art Erholung der Seele sein. Angenommen, der seelische Zustand sei auf eine Art Gleichgewicht, Gleichförmigkeit und Gleichmut ausgerichtet, dann würde sie sich sicher genau so verhalten: nach den Aufwerfungen der Hoffnungen, guten Vorsätze und Wünsche zu Weihnachten und Neujahr müsste sie tief untertauchen in Enttäuschung und Bitterkeit, um sich abzukühlen für ein erfolgreiches Weitergehen. So folgt der Anbetung der Hoffnung ja auch der Carneval, die Verachtung des wirklichen Lebens.
Die zu hoch gespannte Saite muss nachjustiert werden. Dass es da erst einmal zu tief gerät, liegt wohl in der Natur der Sache. Ich habe mich dazu entschlossen, die Arbeit Gott und seinen Hormonen zu überlassen und hoffe, dass das Material noch nicht ermüdet ist und reißt.
Inzwischen gibt der Widerspruch zu den vorherigen und künftigen Hoffnungen der Vernunft Gelegenheit zu Humor, das Warten auf die besseren Zeiten zu verkürzen.
Die Wolken reißen weiter auf, das Licht sticht greller. Der Abend kommt, die Nacht.
Der Mond ist eine Scheibe. Die Augen trinken dunkle Welt. Sie bleibt stehen.
Es fühlt sich an wie eine Frage.
War die Antwort nicht Ja?