Die Wolken werden dunkler, die Kälte beißender. Unter
den schrillen Sebsterhöhungen und dumpfen Drohungen eines Politclowns schwirren
gleisende Lichter, düstere Schatten darüber.
Das Kind kann sie nicht sehen, aber sie stürzen in die
Seelen der Älteren, verhärten sie, wirken als mürrischer, genervter Umgang,
erregen Mißtrauen, Niedergeschlagenheit, Verlorenheit.
Er weiß es nicht, daß sein wiederholter Gang auf die
Berge zu an die Worte von Anne Sexton über das schreckliche Rudern auf Gott zu
erinnert. Was sucht er in den Wäldern? Es mag schwieriger für die Orks sein und
stiller. Aber dafür lauert im Schatten die Angst.
Er sucht den Brunnen vom Rand der Lichtung. Dort
erschien ihm einst erstmals das Gefühl, angenommen zu sein. Waren es Wärme und
Licht und kühlender Schatten? War es das Plätschern des Wassers? Es ist kein
Kraftort für Esoteriker, die Wandervereine zersingen mit guter Stimmung das
Schweigen, Förster, Jäger, Arbeiter verstehen erst, wenn sie ihre Aufträge und
Projekte ablegen.
Ab und zu verirrt sich ein Vertreter für Staubsauger oder Versicherungen in
strack gebügelter Seele hierher, geführt von bohrender Einsamkeit, die das
Leben als Akquise nicht mehr aushält. Ein Blatt fällt, und es geht weiter.
Spesen gespart.
Dies ist ein ganz individueller Sehnsuchtsort. Und der
Junge geht immer wieder darauf zu.
Es ist kalt und die Wolken werden dunkler. Die Reben
rechts und links der Straße zeichnen expressionistische Tuschen in die Luft.
Aber daheim und in der Stadt bereitet sich ein zunehmendes Wirgefühl auf das
große Weihnachtsfest vor. Es klappert, hämmert, sägt, plappert, ruft einander
zu.
Man erwartet doch wohl nicht die Wiedergeburt Christi?
Aber man erhält doch einen feinen Abglanz von Frieden und Freundlichkeit. Liegt
nicht schon darin etwas von Paradies für das in Einsamkeit der Liebe geborene
Wesen Mensch? Der Junge weiß nicht, daß er durch die letzten Tage des Jahres
der Barmherzigkeit geht. Wo es seiner Welt gut geht, fühlt er sich frei, seinen
Ursprung aufzusuchen. Hier sang der Vogel.
Er taucht in die Waldwege ein, wird sein Ziel finden.
Vielleicht wird ihn sogar ein Duft aus der Erinnerung berühren. Und er wird
beschwingt zurückkehren, seinen Platz in einem unaufgeregten Alltag wieder
einnehmen.
Was wohl aus ihm werden wird? Ob er überhaupt mein
Alter erreichen wird, einen Raum der Sicherheit und von Horizonten? Ob er dem
Wunder Liebe begegnen wird, verschont wird von Verlust der Liebe?
Ich wünsche ihm Menschen und Berührung. Ich wünsche
ihm die Fähigkeit und die Möglichkeit, diesen, seinen Platz immer wieder zu
finden.