Birds 2013

Birds 2013
smatritje neba

21.4.22

Rückschau

Der Filz des Allverstehens legt sich schwer über unsere Lebenszeit. Die Fluten der Ewigkeit werden auch ihn davontragen. Mit uns.

Was aber soll nur dieses Ding namens Putin oder Trump beweisen?! Die Mutter aller Bomben, Lüge und Gewalt?! 

Nein, Camus, das Leben ist nicht absurd. Weder mit noch ohne Gott. Es gibt Sinn: Geboren sein, also Freiheit aus dem Ich; Handeln, also Gleichheit von Ich und Du; Teilhabe, also Zugehörigkeit im Wir. 

Fehlte eines davon, ja dann wäre die Welt absurd und eine Hölle mit VIP-Status für Trumpen und Putinasten.

Aber gut, dass Du Dir Gedanken der Autonomie gemacht hast.




19.4.22

Vulnerabler Frühling

Was wieder kommt

In einer Literaturzeitschrift lange Suaden über wichtig – unwichtig.

Dann das Buch mit Beschimpfungen von Dichtern gegen Dichter.

Der Wolfszar beginnt seinen Mordzug.

Ich bin 71, X ist gestorben, Y gelähmt. Man sagt: „Vulnerabel“!

Ich lebe. Und verdammt: ich habe doch gelebt! – 

Was gehen mich noch die ehrgeizigen Kinderspiele mit 60, 50, 40 an?

Dazu der Verlust und die mich am Leben haltende Liebe.

*

Am Blumentor wachsen zehntausend weiße Sterne (den Namen habe ich vergessen) aus dem Rasen hervor, auch ein paar lappige gelbe Tulpen. Die Sonne strahlt in meine Kleider. Kaum ist Frühling, kommt der Duft gemähten Grüns.

Es könnte Kindheit sein, Duft der Hoffnung im Gesang der Vögel. Das wäre so ein Augenblick im Horizont Ewigkeit. Ich gönne mir eine Stunde davon.

Senkrecht fällt das Licht auf steiles Dach. Die gelbe Fassade bleibt im Schatten. Die ersten hellgrünen Blätter leuchten in mich hinein. Die Erinnerungen füllen sich langsam mit einem vergessenen Gefühl von Sehnsucht.

Ich hebe meinen Blick von der Notiz und sehe rosa, lila Tulpen über Dunkelgrün. Da sind noch Menschen, die vor Teststationen warten. Aber die Stadtverwaltung schickt schon den Traktor los, die Töpfe zu wässern, um den Besuchern einen schönen Anblick zu erhalten.

Ein kühler Wind wie damals an der Haltestelle Heimersheim, wo noch Kaugummipapiere aus 1992 lagen. Mein Gott! Was ist seither geschehen! Die Kraft ist davon. Aber ich sehe die Hoffnung in den Augen und Gesten der jungen Menschen. Es erfüllt mich mit einem frohen Gefühl, das in den flach auslaufenden Wassern der Sehnsucht badet.

Fern der Schrei von Möwen. 

Dahinter Dein Gesicht, das ich Antlitz nenne.

19.4.22

17.4.22

Ruhm der Schriftsteller im volltext

Ein Beitrag zu Rutschky im Perlentaucher:

"Ich bin perplex! Es gibt tatsächlich bekannte Schriftsteller, von denen ich in meinem 70jährigen Leben als Leser und unbekannter Schriftsteller nie etwas gehört habe. Und ich habe zeitweise Feuilletons gefressen.

Es geht jetzt ja abwärts. Walser und Handke, die Reuelosen sind schon weiter vorn. Ihre pflichtgemäßen Erwähnungen zum jeweiligen Geburtstag, ihre faltigen Bucherscheinungen erkenne ich schon unterm schräger tropfenden Mond. 

Es ist ja auch an der Zeit für die jüngeren, von denen R schon tot ist, aber von noch jüngeren,  noch unbekannteren gerühmt wird (keine Ahnung warum). 

Ein anderer "Schklovski", russischer Emigrant und gefeierter Rückkehrer, der in den 80ern gestorben ist, gesegneten Alters im westdeutschen literarischen Bewusstsein offensichtlich total unbekannt wie der Dadaist Charms. Einer um die 55 nimmt sich seiner an. Warum?

Ein noch anderer, Jean Paul, der schon Ewigkeiten vergessen wäre, gäbe es nicht die Jean-Paul-Gesellschaft. Mit Begeisterung jahrelang gelesen, wo andere nie etwas davon gehört haben.

Ja gibt es zwischen einem Sylvia-Roman und einem Naja Handke oder einen Anton Reiser keinen Qualitätsunterschied, der offensichtlich und haltbar ist?

Der Ruhm jedenfalls ist kein taugliches Meßinstrument. 

Man muß wohl doch auch beim Lesen selbst denken. Vielleicht war R doch gar nicht schlecht. Jetzt, wo es keine Freunde und Feinde gibt, näheres nachzufragen, bleibt doch die eine: Lohnt es, ihn zu lesen, Lebenszeit mit ihm zu verbringen? Einem Schwätzer oder Weisen?"

Ich stelle die Frage, als wüsste ich eine Antwort. 
Sorry, ich habe keine im Ärmel.

8.4.22

Arte: In Therapie

Helfen müssen als Erziehungsangelegenheit. Als 68er Be-Influenzter hätte ich früher schon der These zugestimmt, Mitleid sei Sache der Erziehung.

Lebenserfahrung legt mir das Bild des Menschen als Teil eines Schwarms näher.

Danach ist ein gewisses Mitleid in der Menschennatur schon angelegt. Nazikinder, Kinder von erbarmungslosen Ideologen und Traditionsfanatikern entwickeln dennoch ganz natürliches Mitleid.

Ja die Unmenschlichkeit muß zur Wirkung selbst den Trick anwenden, ihre religiösen und politischen Verfolgungen mit Mitleid für eine benachteiligte Person oder Gruppe zu begründen. Oder mit Rache zum Ausgleich einer Tat oder des Unterlassens von Hilfe , wo sie nicht Angst vor Gott oder selbst erdachtem Horror zur Verfügung hat. Heute ist der Name Putin, Kabirov, Assad, Kim. Andere gingen voraus, andere folgen.

Ist also Mitleid bereits vor dem Verstand da? Mir scheint die Aufgabe der Vernunft lediglich darin zu liegen, die Sicht zu öffnen. Auf das Erbarmen oder aber auch auf das Ich-zuerst.

Die Chance von Therapie, Gewissheit, also etwas mehr Gewissheit über Ich, Du und Welt, zu gewinnen war früher der Philosophie und Meditation vorbehalten.

Wie sehen den Therapeuten im Film wanken und schwanken und mit Klienten ein tieferes Gespräch über Sinn, Verstehen und Wille führen wollen. Es ähnelt einem, oft unbeholfenen, Tanz.

Ja klar: was, in aller Erfahrung, wissen wir wirklich? Die Hoffnung liegt im miteinander Reden und Denken. Entscheidender Faktor ist das Miteinander, Austausch und Vertrauen. Auf der Seite der angeblich Wissenden Gleichwertigkeit und Achtung.

Es bewegt mich zu sehen, wie der Therapeut sucht und versucht. Ein - hoffentlich nicht mystifizierendes - Bild eines Menschen, der hinaus zu den Sternen sieht und in sich und Dir sucht, was das Leben bedeutet.

Das Ergebnis, wenn gut, ist wohl stets die Ausbreitung des fragenden Gefühls über alles Wollen, Erkennen, Trauern, Lieben. Wir wissen nicht, versuchen gemeinsam zu ergründen. Ein Therapeut, eine Supervisorin ist da eine hilfreiche Begleitung. -Unter Umständen. 

26.3.22

Narzissen 2022

Er ist am blind werden, der Spiegel Erinnerung, in dem die Frühlingssonne durch die Zweige meiner Sehnsucht greift.

Ich sang mit meiner Sehnsucht. Jetzt spreche ich mit meiner Erinnerung über das Glück, geboren zu sein.. Mag der Sturm kommen; jetzt blühen die Blumen auf dem Felde!

Ich habe die Fenster gereinigt, mich gestreckt und gebeugt. Jetzt öffnet die Sonne der Vögel Gesang.

Das Böse brütet Hass in gepanzerter Yacht. Der düstere Gedanke will nicht gehn. Die Sonne aber scheint in die Saaten der Menschen!

So schaue ich in den Spiegel Erinnerung, liebend und noch ergriffen von Sehnsucht.

Kinder lachen: Chill mal, Alter!

26.3.22

25.3.22

Ngongo - Aberrationen


Aberrationen

Aus einer Sternen-Diskussion:
"Maybe "stellar aberration" could explain that. "

*

Akai richtet die Linse des Teleskops auf Sirius aus. Er seufzt. Wie gerne hätte er noch vor der Hinfälligkeit das Rätsel um die Aberration des Sirius + gelöst. Aber ist es die Lichtverschmutzung durch das nahe gelegene Schipka oder kommt der grüne Star jetzt doch noch? Er bekommt nicht ausreichend Klarheit ins Bild.

Er geht in die Küche hinunter und isst den Rest Tarator, eine leckere Zumutung für jeden Indianermagen. Dann versucht er es nochmal. Aber er schläft schon nach 5 Minuten ein.

In einer Lichtung bei Rendalen beginnt das Konzert der Singvögel. Du kennst das. Aber es ist immer wieder schön. Lichtfinger der Sonne in aufbrechendem Grün.

Ein Kind wird geboren. Ein Kind stirbt fern von Dir in großer Einsamkeit. Die Todesmaschine des Kriegsverbrechers hat inzwischen über zweihundert davon gekillt.

Und in Vologda versucht Olga ihre schrumpeligen Kartoffeln loszuwerden. 

*

Stell Dir nicht vor, dass es einen roten Knopf gibt und dahinter das Lächeln eines mörderischen Schimpansen von Ngongo. 

24.3.22

Walser 22

Jetzt 95

Er wird noch veröffentlicht. Was mehr? Mir sagt man: Chill mal, Alter! Ich bin ein Vierteljahrhundert jünger, könnte gut aber schon tot sein. Was also geht mich der Mann der struppigen Phantasie dort hinten am Horizont an? Entschuldigen wird er sich nicht mehr. Und sonst war ja nichts.

Und jetzt der andere Rentner, der noch ein paar Jahre morden will, bevor die Ewigkeit ihn weggesperrt! Ob er wie Milosevic einen Freund unter den Leuten am Trog des Nobelpreises bekommt? Die Verehrer warten auf Chancen und blasen Feuilletons in müde Köpfe.

Ich gehe eigenen Weg.