Birds 2013

Birds 2013
smatritje neba

2.7.17

Knallrotes Gummiboot



Wie Ambrosia duften die Spenden zur Selbstinszenierung europäischer Parteidynasten. Der letzte Saumagen ist verkostet, die Epoche des groß-groß, dick-dick feiert das Ende des sogenannten Nachkriegs-Giganten. Krokodilstränen aus Weihwasser. Bevölkerung in überschaubarer Neugier.
Was sonst als Größe konnte der Wert sein, dem man einem Größe begehrenden Parteiboß nach dem Ableben höflicher Weise nachsagen durfte? Verständnis, Fürsorglichkeit, Urteilskraft, Gerechtigkeit? Ob die Unverfrorenheit bei Ergreifen der Chance Einheit oder eher die bei der Chance Spendensack die nächsten hundert Jahre Geschichtsklitterung bestimmen wird, ist noch nicht ausgemacht. Scharen von Lobhudlern des Selbstverständlichen und Abwieglern der Anmaßung warten auf Jobs in blühenden Profiten.

Auf dem Platz der Republik der französischen Stadt Orange, Ursprung von Hollands Größe, schaut der große Rambo, Sarazenenschlächter Roland, in die Touristenschwärme vom Bahnhof. Wer kennt all die Größen vom römischen Kaiser, gallischen Fürsten, reformierten, inquisitorischen, revolutionären Führer, all die Wichtigkeiten der Herrschaft und Unterdrückung? 

Heute sucht Europa wieder nach einem Mythos, nachdem die Sehnsucht nach der Provinz im Namen des Brexit und die andere nach Herrschaft im Namen des Volkes die Hoffnung namens Republik unter Monologen, Inszenierungen und asozialen Wüstungen des Immobilienhypes betäubt hat.

Eine neue orbansche Romantik entfesselt neuen Rausch. Das Gebet an die Größe erreicht wagnerianische Dimensionen. Aus dem Amphitheater Orange winkt Mutter Augusta.
*
Auf dem Rhone verstärkt ein Ölfilm die Reflexionen besonnter Vernunft. Schillernde Größe, unter der den Organismen der Sauerstoff entzogen wird. Die Fische im Schlamm schnappen nach Plastikwürmern, landen im Kochtopf. Die Literaten der Creativ-Werkstatt trinken ein feinteures Weinchen auf Spesen des Lobhudelseminars und wissen sich nicht zu lassen vor spitzen Bemerkungen über Massen und Mächte. Der Koch schneidet derweilen ein knallrotes Gummiboot in die Saumagen-Deco. 

Vom Dom lassen die Tauben weiße Tupfer in die hereinbrechende Ewigkeit fallen. Das Nichts begrüßt die Größe.

Gott schüttelt den Kopf und geht weiter.

Klaus Wachowski 2.7.2017

23.5.17

Auf einer Bank an der Alb

Im Tagebuch Karlsruhe

17.5.17

Im Weinberg meines Onkels

Schwarz löst sich die Rinde am Rebstock.
Pierre Paolo senkt seinen Blick in die gleißende Erde.
Staub aus Hoffnung und Anmut der Armut.
Jean Paul singt sich Mut zu im Labyrinth der Liebe.
Virginia eingesponnen in den schattigen, durchleuchteten Blättern.
Und Anne flicht Lust ein in den Draht.

Den Augenblick werfen in ewiges Blau.
Vergehen und atmen.

Das Läuten der Glocken, es weiß alle Sehnsucht.
Wir hören die steigende Flut singen in uns.

Wir gehen hinaus,
und hinab in das Läuten.
Klaus Wachowski 17.5.17

15.5.17

Montauck, die Rückkehr des Volker Schlöndorff

Rückkehr nach Montauk

Volker Schlöndorff 78. Ein alternder Schriftsteller verspürt Reue über die Zeit anwachsenden Ruhms, durch den er von seinen Lieben abgezogen wurde. Die Frauen erscheinen voll von Leben und Sehnsucht, der Alte versteht nicht, will sich aber auch nicht die Mühe machen, sich einzufühlen.

Ruhm macht mächtig und einsam. Das Alter nimmt die Macht und schlägt den verbleibenden Raum der Einsamkeit zu. Es fühlt sich etwas japanisch an.

Es scheint so, daß die Macht des Wortes und des Denkens den Schriftsteller zu einem erotischen Objekt macht. Der Mann, der in Frisch oder Schlöndorff steckt, begreift, wie andere Männer, nichts davon, was ihn so anziehend macht und stolziert als Gockel durch Buch und Film, ein Gigolo kommt auf Dich zu.

Was nicht heißt, daß der Film oder das Buch schlecht sind. Mich in die handelnden Personen einzufühlen war nicht sehr erfolgreich, aber es brachte auch meine Vorstellungen ins Schwanken - wie das Meer bei Montauk.

Sympathisch war mir das Anknüpfen Schlöndorffs an den älteren Max Frisch. Der Gedanke an eine Übergabe der Staffel zwischen kulturellen Generationen gefällt mir gut. Die Einsamkeit des Schriftstellers und der Schriftstellerin, die sich ja vom Leben fernhalten müssen, um das Erlebte zu fassen, zu singen und zu sagen, verändert sich im Lauf der kulturellen Moden nicht. Sie ist sicher unter den verschiedenen Personen unterschiedlich in der Auswirkung. Aber sie wirkt.

Auf Einsamkeit gibt es kein berufliches Monopol. Sie ist verbreitet wie Zucker. Und ihre Darstellung zieht entsprechend an. Als Akzidenz der kulturellen Betätigung macht sie deren Produzenten attraktiv. Gibt es auch einen Warencharakter der Einsamkeit?

Der Blick des Schriftstellers Frisch auf sich und die Frauen, Blick eines Reptils, hat sich bei dem jüngeren Filmer Schlöndorff in der Temperatur etwas erwärmt. Mit mehr Sympathie erfüllt als der des Martin Walser vom Stammtisch, dem die Glocken des Barock das Hirn ausläuten. Ahnungslos wie wir alle, die wir nicht frau sind.

Wer sagt das, daß es "nichts wichtigeres im Leben gäbe als das was man (mit oder an Frauen) getan oder versäumt hat"? Ein Bewußtsein, dem noch nichts zugestoßen ist, nichts genommen wurde. Ein Anflug von Bedauern. Ein Falter über einem Sandstrand der Erinnerung. Das Meer verschluckt sie, spuckt sie aus.

Was fehlt, was vermieden wird, ist Berührung.

Die 6 hält. Aus den Zellen der Psychiatrie dringen unsägliche Schreie der Angst und der Wut auf die Straße. Der Karlsruher Wandershopper packt den Honig von Grabesblumen ins Billig und eilt zum Event. Heute werden Seelenkerzen ausgeblasen.

15.5.17 Klaus Wachowski

3.5.17

Das Leben geht weiter

Das Leben geht weiter.

Zwei Vögel haben in der Asthöhlung ein Nest angelegt. Sie singen und schwirren hin und her, ihre Kleinen zu füttern. Einige wenige Regentropfen, ein leichter Wind.
Poch, poch, es geht weiter.
Licht wird in die Blüten gestreut. Im Inneren der Schmerz.
Aber darüber Erinnerung an eine Lust auf Leben. An eine Liebe.

Soll es doch weitergehn!
Ich bleib noch ein Weilchen sitzen.

3.5.

*

Im Alter zu glauben beginnen,
im Leid zu glauben beginnen.
Oder den Glauben ablegen.

Sie glauben plötzlich oder verloren den Glauben.

Was ist das Problem?

Ein Himmel spannt sich um einem Horizont,
ein Himmel öffnet sich, um einen Blick frei zu geben.
Ist die Erde Mantel oder weites Land?
Wer weiß?

Aus der Erfahrung heraus betrachtet, verkehren sich die Wichtigkeiten, Vertrauen, Furcht und Trost.

Das Leben geht weiter. Argue or don't argue.
Und ich mache eine weiteren Schritt hinein,
in ihm.

3.5.17

30.4.17

Erinnerungen

Mein Schulkamerad aus ganz früher Zeit malt.
Mein Schulkamerad aus jüngerer Zeit spielt Gitarre.

Der eine ist glücklich, der andere enttäuscht.
*
Ich bin traurig und froh.

Es ist schön an den Raum zu denken, den unsere Wege durchkreuzten, einander zu schneiden. Dort leuchtete es.

Von dort leuchtet Erinnerung.

15.4.17

An einem Grab vorbei

Da steht: "Geh am Leben vorbei. Es ist nichts."
Ich habe das andere Gefühl: Die Auferstehung war ja schon. Und was habe ich außer dem?
Trump hat jetzt eine Riesenexplosion in die Ewigkeit gedonnert und hundert das Leben genommen. Der Tod sagt:"Na und? - Wir reden mal drüber, wenn Du verzweifelt am letzten roten Knopf drehst und ick bin all dor..."
Nein. Ich habe Freude unverschämt und Leid genug gehabt. Und vermutlich kommt noch etwas dazu. Das war nicht Nichts. Es war das einzige, das ich habe und eines Tags verlassen muß.