Birds 2013

Birds 2013
smatritje neba

15.5.16

Am Nudelbaum

Am Nudelbaum steht ein Alter im blauen Anzug.

Erinnerungen tropfen. Störungen der Wortfindung durchziehen den Äther.
Leise und friedlich pulsierende die Herzschläge eines Reggae unter den Füßen. Thomas und die Okaky-Okaysters aus dem Rüpelcasting lassen ihre Grobstöcke und Hüften kreisen. Dreadlocks winken aus soften Melodien Freiheit und Bruderschaft der Menschen.

Dr. Warnix, Psychagog und feingedrillte Kompassnadel am Bundesverfassungsgericht, kommt nicht auf den Begriff "Gefolgschaft".

Hat nicht dieses Hitlerwort das vom Recht vor Gehorsam abgelöst?

Seine Erlebnisse mit einer Kaderpartei in der Provinz scheint es zu bestätigen. Man war freund und wurde zum Knecht gestriegelt. Er kann doch nichts dafür. Trotzdem geniert er sich für seine Generation. Sie ist nicht weniger korrupt, heuchlerisch und selbstzufrieden geworden als die Bunkerrepublik Adenauer.

Freiheit, Gerechtigkeit, Verbrüderung... Was ist daraus geworden? Was in den Provinzdörfern die Familie macht, das erledigt in der Kaderpartei das Mittel der Freundschaft: Stärkung, Abgrenzung, Einigelung, Abstumpfung, Alleinherrschaft. Von Freundschaft zu nützlicher, zu braver Freundschaft, zu Herrschaft. Was ist da anders?

Dem hält kein Wert in Parteiprogramm oder Seele stand. Und die Zeitung lernt auch am liebsten mit der Wichtigkeit zu trotten, die von Höflingen umgeben und an Monolog und feigem Applaus zu erkennen ist.

Dr.Smirc fällt ein: "Zeit für einen Wechsel."

Ja. Aber wenn er zu lange ausbleibt, wenn alles nach gefälliger Freundschaft riecht, kommen die Hassprediger aus den Kanälen. Dann sind hoffentlich ein paar wenige übrig, die noch eine Ahnung davon haben, was Republik ist.

Sie wird wieder aus den Nudelbäumen des von allen seltsam angeschauten, mißtrauisch beobachteten kulturellen Rands kommen. Pussy Riot auch im lockeren Westen. Vielleicht auch von Dr. Smirc and the Okaysters.

Dr. Warnix, Psychagog und rasierter Dadaist, hat die Wortstörung noch einmal behoben. Ob unter dem Nudelbaum auch das eine oder andere Pampasteak aus der Inflation zu finden ist?

3.5.16

Erinnerung Karlsruhe




Den Herzschlag des Lebens spüren,
Sich wie Ast und Zweige strecken.
Im Ruf des Vogels auffliegende Freude.

In der näher kommenden Kühle verharren,
Dem Zurückweichen des Abends vor den Lampen folgen.
Die Nacht steigt heute aus der Erde auf.

Am Haus des Obdachlosenfreundes stehen bleiben,
Zu früh verstarb ein gutes Herz.
Es schlug im Rhythmus des Lebens.

3.5.16 Karlsruhe

17.4.16

In der Prärie

Ein hübsches Motiv im Schleier der Maja.

Ich fahre hinaus in die Weite der Gedanken. Lasst mich atmen!

Das Einhorn scheut vor einem Erdloch in der Prärie. Schrill der einsame Schrei des Bussards. Hohl das Heulen der Einsamkeit aus der Wolfskehle hinter dem Horizont. Wohin die Hufe treten, erblühen die Blumen des neuen Jahrs. Und die Sonne leuchtet durch die nassen Halme der Gräser.

Sich umsehend verliert es sich in der von Leben entleerten Schönheit. Es läuft wie die Hufe vorgeben. Der Reflex einer Quelle blitzt aus dem Gebüsch.

Sieh, die tausend Schattierungen des Frühlingsgrün!

*

Sie war mir nicht so entfernt wie der Verwandtschaftsgrad.

Sie handelte unterstützend. So dachte sie Liebe. Man sprach über abgeschlossene und geplante Arbeit. Man kämpfte gegen drohende Not, viel Kraft setzte man zur Errichtung von Dämmen gegen die Sorgen ein, man sank müde und froh ins Bett.

Die Liebe hat ihren Halt verloren. Und nun kommen letzte Sorge, letzter Schlaf. Das Herz hört einfach auf zu schlagen.

Eine Weile noch ist Erinnerung. Sie rieselt in eine Erdhöhle der Zeit. Das Einhorn scheut davor zurück. Der einsame Schrei des Bussards, das Heulen der Einsamkeit aus der Wolfskehle.

Jetzt aber gehört der Gedanke daran mir. Sich entfernt habend, wurde sie wieder nah. Jetzt ist der Tod nicht wahr. Ihre Gesichtszüge aber verschwimmen im Ziehen der Wolken-Streifen.

Aus dem Gras erhebt sich ein feiner, kaum wahrnehmbarer Duft. Das Einhorn öffnet die zitternden Nüstern. Es gibt das Wunder mitten in der scheinbar ausgeräumten Schönheit. Auch im Wirklichen.

3.4.16

Alte Schätzchen



Heute ist richtiger Frühling. Ich gehe hinaus unter Menschen, durch die Gärten in die Stadt. Ein göttliches Wetter für einen vergesslichen Atheisten. Meine Vögel singen in den Himmel über Alzey, das Napoleon als Nachttopf bezeichnete und der Innenminister mit Menschenblick Zuber in eine richtige Stadt verwandeln wollte mit richtiger Kultur. Es sind auch Deine Vögel, wenn ihr Gesang auch Dein Herz hüpfen lässt.
Ich gehe also durch Vogelsang, Gärten und die Stille des Mittags. Zwischen tausend weißen und hunderten blauer Blüten im Gras ziehen Gedanken sich auflösende Spuren durch die Aufmerksamkeit. Sie treffen auf die Erinnerung in den Ruinen meiner heroischen Zeiten. Der jugendliche Held ist zum alten Trotter geworden.
In einer Umzugskiste habe ich alte Text-Schätzchen entdeckt. Eine Betrachtung der Welt anhand des Bildes von Hokusai "Fuji im Frühling". Das Bild beeindruckte mich damals sehr und ich versuchte betrachtend den Sinn des Lebens in ihm zu entdecken, beschreibend ihn weiterzugeben.
Wichtig erschien mir damals, mir und der Welt eine Erklärung ohne Gott zur Verfügung zu stellen. So wurde es zu einer etwas trockenen Sache mit verblassenden Farben, weil das Unerkennbare ausgeschlossen bleiben sollte. Heute hat sich die Begeisterung verloren. Es ist mir daher nicht möglich, eine passende Ergänzung anzufügen.
Eine Amsel singt ihr Regenlied und tatsächlich fallen eine Viertelstunde später drei Tropfen zwischen den Platanen am Bahnhof in mein Haar.
Ich verachte nicht, was der jugendliche Held damals in die Menschlichkeitstrompete blies. Es war von einem tiefen Gefühl von Menschlichkeit und Gerechtigkeit getragen. Wir diskutierten und erregten uns, während in rheinhessischen Hinterzimmern Koalitionen der Macher und Karrieristen beschlossen wurden, lange vor Hartz. Nach einigen Jahren Leben mehr möchte ich in Manchem aber lieber vorsichtig sein. Denn auch diese beiden Absichten können bitteres Leiden verursachen, wenn sie in einer Erlösungsphantasie auf reale Menschen abgeschossen werden.
Unentschieden geht nicht. Und daher denke ich heute, dass wohl im einen oder anderen Fall irrtümlich Falsches und/oder Unrechtes gesagt werden muss, um im Widerspruch etwas herauszufinden, das im goldenen Schweigen unbedacht bliebe.
Ich zeichnete damals mit Vorliebe meditative Skizzen mit feiner Kugelschreibermine in einer als japanisch gedachten Art. Unter aufbrechenden Knospen erinnere ich mich an eine große Sehnsucht, wie sie etwa in Texten des Jean Paul oder der Virginia Woolf deutlich wird. Als wollte ich die Ewigkeit festhalten.
Im gleichen Karton fand ich auch eine Mappe mit Kinderzeichnungen. Entschuldige, mein begeisterter Kunstbetrachter! Aber hier begann mein Herz zu schlagen: in Liebe seine hoffende Seele ausdrücken. Es machte mir den Wert von Berührung erst richtig spürbar. Und so sehe ich zwei Jungen Fußball spielen, eine Mutter ihrem Kind das Radfahren beibringen heute mit dem Interesse, das mir damals nur die Welt in oder hinter der Welt wert schien.
Jetzt sind die persönlichen Beziehungen in entfernteren Räumen festgemacht. Ich könnte der Sehnsucht nach den Ufern der Ewigkeit wieder mehr Platz einräumen. Aber ich bin froh und nicht selten fröhlich in einem von Erinnerung erwärmten Jetzt.
Das Pathos der heroischen Zeit ist übergegangen in Ungewissheit und Interesse. Damals hielt ich solche Wichtig und Unwichtig nicht unterscheidenden Leute für alte Schwätzer. Heute rühre ich etwas Sirup von Wehmutsblüten in den Bittertee und streiche das Deckchen aus geklöppelten Fragezeichen glatt: Richard, was meinst Du? Darf er Recht behalten?
Richard zeigt auf den jungen Herrn: "Sieh doch! Wie er den Vögeln lauscht."
Gott sagt: "Ordentliche Arbeit für einen Atheisten." Dann wirft er noch etwas Glimmer in die Sonnenstrahlen.
3.4.2016 Klaus Wachowski

25.3.16

Quitte


15.3.16

Wadronje

... als bewegten sie sich wie zwei ewig Reisende endlos in die Ferne fort. Shimamura empfand daher nicht jene Bitterkeit, die aufkommt, wenn man etwas Trauriges sieht; es kam ihm vielmehr so vor, als würde er eine Traumszene betrachten, die wie von selbst ablief. (Yasunari Kawabata, Schneeland)

*
Eine aufgerissene, metallisch glänzende Ballonhülle hoch in den treibenden Frühlingszweigen einer Wadronje. Man nennt es Überblick. Der Landrat ist pensioniert. Zum Glück hat er sich noch ein Ehrenamt reserviert. Sonst würde das Blatt der Hofberichterstattung überhaupt nichts mehr bringen. Seine Hülle ist zwar etwas ausgebleicht, aber noch verschlossen. Das Gas Wichtig, längst entwichen, aber der Bauch ist noch prall.

Man überschätzt sich bis zuletzt. Städtische Arbeiter müssen ihn schließlich mit Aufwand herunter holen. Die Zeitung spart sich die Mühe - auch bei Verdienst.
Eines ist ihm schon gelungen: Meine Aufmerksamkeit wurde abgezogen. Vom Blau des Himmels, von den Gesängen der Meisen hoch über dem Rauschen der Autos, von den Vorgärten der Erinnerung. Ein buntes Zwinkern im Grau. Ist es ein Naturgesetz, dass der Mensch beim Anblick der Präsentation sein Ich verliert?

Es glänzt, es platzt. Aber anders als die Japaner brauchen wir den Anblick des Besonderen, auch im Wissen um seine Leere. Ein Ballon? Schön. Aber jetzt ist die Zeit des Baumes. Ich wende mich ab.

*
Was heißt bitter, was heißt Trauer? Die blauen Blüten-Rispen des Langschöll drängen sich aus dem Gitter. Auf dem Boden gelbe, weiße, lila Krokusse. Die Erde ist schon krümelig. Aus diesem Grund klingen die Glocken der Trauer und der Freude tiefer!

Was kann ich sagen? Wem?

Ich übe Körper, versuche die Füße zu spüren. Da vorne ist die Zukunft. Erinnerung an der Seite gehe ich. Man sagt, der Frühling sei auf dem Weg. Nach der nächsten Biegung müsste ich ihn sehen.

Abiturienten stürzen vorbei, überrennen Seniorinnen an Rollatoren. Mer lacht. Es kommt mir so vor, als würde ich eine Traumszene betrachten, die wie von selbst abläuft.

Strindberg sieht die Dahlsbergsgatan hinunter. Das Regenwasser bildet reflektierende Kreise im Grau. Man sagt Hoffnungsschimmer. Aber der Frühling hat seinen Duft noch nicht gefunden.

Du kannst die Zeit nicht herbei ziehen. Halte das Bild fest, mit und ohne Ballon. Die blauen Blütenrispen kommen schon aus dem Zaun hervor.

14.3.2016

6.3.16

Wir ziehen um. Ich werfe weg.

Große Teile meiner Vergangenheit gehen durch den Schredder. Wenn mein Gedächtnis nachlassen wird, werden die Haltestangen brüchig sein.

Als professioneller Narziß schmerzt mich besonders der Verlust vieler Texte und Zeichnungen, von deren Wichtigkeit ich überzeugt war. Natürlich, das sah ich: der ganz große Wurf waren sie nicht. Aber doch wohl gegenüber der Massenproduktion mit und ohne Preis lesenswert! Inzwischen teilt meine vergangene Produktion das Schicksal jener Literatur. Auch sie ist mir ein Na-Ja.

Aber sie ist von mir und hat etwa gegenüber der Alexanderschlacht, deren Reproduktion ich in den Papierkorb versenkte, den Vorteil, dass meine Gedanken und Kugelschreiberstriche aus ihnen schimmern, während dort "nur" ein sehr gutes Abbild der Realität oder Phantasie eines Anderen spricht. Schwer, dort mein Bild von der Realität wieder zu erkennen. Ich schreddere es weg.

Stück für Stück meiner Welt bricht weg. Die Triumphe gewonnener Kämpfe, der Trost der Liebe in den Niederlagen, die schillernden Horizonte meiner Spekulationen, das, was ich mit der Welt diskutierte, disputierte, gegen sie schimpfte, im Pathos erdrückte.

Wer will schon etwas davon wissen?

Also weg damit. Die Kämpfe der Vorzeit um eine Wiederherstellung des Ich sind abgeschlossen. Ich bin gut davon gekommen. Aber mehr zu versuchen, würde eben dieses Ich an die Schattenwelt der Vergangenheit fesseln. Zwar ist die Aussicht auf die Zukunft auch nicht gerade von Licht überflutet, sie beinhaltet aber die einzige Möglichkeit zu leben, selbstverständlich zum bekannten Preis eines Abschlusses.

Es geht etwas weg. Was ist das für eine Traurigkeit? Mir fallen die Hoffnungen ein, die in den archivierten Lebensäußerungen noch vorhanden schienen und ein angenehmes Parfüm der Erwartung über den "Erfolgen" versprüht hatten.

Auch der gute Glaube schwindet mit den heimatlichen Gefühlen der Erinnerung. Das mürrische Misstrauen aus dem bitteren Fluß Erfahrung lagert sich an den Ufern der Hoffnung ab wie die Ölpest am Strand, ohne dass aus Kindheit und Jugend Erinnerungen zur Hilfe eilen könnten. Alter, nein Danke! Hilft nur phantasiegestützer Optimismus.

Schön ist aber der Verlust der Ausrufezeichen. Ich hoffe darauf, dass das Fragezeichen in mir noch lange mit dem Gesang der Frühlingsvögel um die Wette singt. Vergangenheit soll mir nicht Heimat werden.

5.3.2016

Pathos genug.

Adele singt Hallo, from the other side. Dieser junge Mann hat schon die gleichen Fehler gemacht wie ich.

Pathos ist wie eine zu dicke Umarmung. Das Gedicht kommt ohne es nicht aus. Die Welt, den Menschen, Gott, die Seele muß ich anrufen, wenn ich ihnen etwas von der Welt, den Menschen, Gott, der Seele sagen und vor allem singen will, muß. Hallo from the other side! Das kann sich auch für mich inzwischen als eine zu dicke Umarmung anfühlen. Wie dieser Text in späteren Zeiten. Manches ist zu fein ausgefeilt oder zu plump auf grob gemacht, als daß es mir noch schmecken könnte.

Aber die Haltung des über das Wunder Leben staunenden Kindes habe ich, so hoffe und glaube ich, auch in meinen zur Ideologie erstarrten Wunschträumen der späteren Jahre und in den doch auch oft zu Moralpredigten aufgequollenen philosophischen Beiträgen beibehalten. Jedenfalls kommt es mir so vor, wenn ich heute aus Platz-und Zeitgründen einiges davon der Verrottung übergebe. In diesen bewegten Versuchen der Zeichnungen, in den wuterfüllten politischen Liebesbekenntnissen jener Zeit meine ich jenen Blick des von der Schönheit der Welt begeisterten Kindes von einem Berg aus zu fühlen, den es bei einer unverhofften Öffnung der Perspektive in das von Vogelstimmen und Sonne erfüllten Rheintal hatte. (Umso schlimmer erfuhr es die Berichte und Bilder von den Gräueln).

Bemitleidenwert: Ich beweine mich sozusagen selbst an meinem Grab. Gut, dass es kein Weiterleben, nur eine materielle und energetische Umwandlung nach dem Tod gibt. Was wäre das für ein Jammern und Klagen in den aufbrechenden Hoffnungen der Frühlingsstürme! Wie schwer würde all dies Erinnern des Ich seinen Tag erdrücken, wie taub wäre es für die Stimmen der Liebe, der Vögel, der Not und der Sehnsucht from the other side.

Wie hilfreich ist das Lachen! Es nimmt all die Wichtigkeit und wirft sie in die Luft. Der Frühlingswind trägt das trockene Laub davon, mahlt es zu Staub. Achtung, Allergiker des Geschmacks! Eine Ladung verschimmeltes Pathos!
Begeisterung und Wut treiben neue Knospen zu bunten Blüten Pathos aus. Die Meisen stimmen in meine Vorfreude ein. Aber die Erinnerung an und die Freude über Dich behalte ich in den Gefühlen meines Körpers. Von hier höre ich diesen Ruf from the other side. Und wenn ich mich auch ängstlich ans Land halte, so werfe ich mich doch in die Fluten der Zukunft.

Dr. Warnix, Psychagog und ausgefuchster Paßfälscher im Nebenerwerb meint spöttisch: "Pathos, schön dick!"

*

Politische Nachbetrachtung:

Karl Kraus half mir, die Wichtigkeit der Trennung von Politik und poetischer Sehnsucht zu erkennen. Und es erscheint tatsächlich problematisch, wenn Politik sich des Pathos bedient: Das Pathos der Willkommenskultur führte direkt zur Privilegierung gegenüber unterprivilegierten Hilfebedürftigen, das Pathos des "Und -  Ich?!" zu Stacheldraht gegen die Not. Regelmäßig gehört Pathos zur Ausstattung von Herrschaftssystemen des Unrechts, während in der Republik eher die kühle Sprache der Vernunft den Interessen ein Handeln und Verhandeln erlaubt. Den Herrscher ist jedes Parlament* Quasselbude, die seine Monologe stört. Hier wäre etwas vom Pathos des Karl Kraus gegen das faule politische Pathos nötig. Aber besser doch einfacher Gebrauch der Vernunft bei Treue zum einfachen Anstand.

Die läppische Literatur aber könnte etwas mehr vom Wunder Leben pathetisieren.

*Das Wort Duma für die russische Versammlung kommt nicht vom Wort "reden", sondern vom Wort "denken". Was vordergründig vernünftiger scheint, ist es nicht. Zum Denken braucht es keinen Austausch. Viele Philosophen, Plato voran, ziehen die Diktatur "vernünftiger" Leute der kommunizierenden Republik vor, Diktatoren umgeben sich gerne mit Beratern, als könnte man damit herstellen, was freier Wille braucht. Was aber vernünftig ist, ist nicht auszumachen ohne den Austausch miteinander sprechender, nicht im Pathos gesteuert skandierender, Bürger. Die Duma sollte sich einen der Republik würdigen Namen geben.

6.3.2016