Birds 2013

Birds 2013
smatritje neba

27.8.20

Beim Lesen der Phönixflöte

Beim Lesen der Phönixflöte

Zu meiner Zeit gab es einen Dichter, der nur die Dinge beschrieb, das Herz der Dinge und Menschen als klingelndes Ding, das Leben als graue Fortsetzung grauer Erinnerung. Der Lohn blieb nicht aus, die Beförderung zum Meister des Pinselwalds. Weihrauch einst mächtiger Mörder.

Eigentlich geschaffen zum grauen Herrn in Management oder Kader.

Was war sein Gedicht, Schwatz?

Willst Du es wissen? Was du wissen willst, wirst Du es finden?

16.8.20

Dort links

Zur Klippe schaue ich auf.
Einzelne dicke Tropfen. 

Ist das der Augenblick?

Ich will nicht zurück in die Welt der Wölfe,
lockte sie auch mit dem Schrei des Einhorns.

Aber das Wasser steigt
und Boot zu fahren wage ich nicht.

Von allen Seiten hilfreiche Hände, aufmunternden Rufe, Lächeln.

Da sind Vögel über der Klippe, ein Strahl Sonne aus den Wolken. 

Da: Ein Schwarm von aufgeregten Spatzen! 

Das Rauschen der See.

Ich spüre Deine Berührung.

16.8.20 Klaus Wachowski 

4.8.20

Anders malen

Warum, oder besser wozu male ich noch (beziehungsweise ich zeichne ja lieber)?

Ja, ich zeige es auch gerne, bin ich doch gerne Teil des Menschenschwarms, aber noch mehr als früher merke ich, daß mich die Präsentation immer weniger interessiert. Mehr als früher zeichne ich auch nach. Das Fantastische, das in meinem kopf möglich ist, interessiert mich weniger als das Wirkliche, das mir der Tag und der Raum nahe bringt. Mir ist die Wirklichkeit zu reichhaltig, als dass ich sie mit meinen Phantasien noch weiter befrachten und barocken wollte. Aber ich möchte auch nicht zu sehr aus ihr abstrahieren, um sie den Vereinfachungen meiner Gedanken anzugleichen.

Ich glaube, daß diesem Nachfahren der Wirklichkeit mit einen Stift oder einem Wort eher der Wunsch nach Berührung verknüpft ist als der nach einem Gipsabdruck. Dies sehe ich eher bei einem bekannten Naja-Preisträger, der seine verwaschenen Fotokopien noch einmal mit fetter Acrylfarbe überstreicht.

Ich lausche auf den Herzschlag im Gesang der Vögel und spreize meine Flügel. Eine Art Selbstbefriedigung, wie wir in den 70ern den Ästheten vorwarfen.

Es gibt Glück

25.7.20

An der Haltestelle

Du reitest Durch phantastische Abenteuer des Na ja und bläst auf der Kulturtüte. Ich schaue auf die von unserer feiernden Gesellschaft verlassene Haltestelle.

Ein illustrierter Allesbeschwatzer, der das Zeug zu einem romanesken Sloterdijk hat, macht wichtig. Ich lese trotzdem mal eine Seite von ihm.

"Sexualität ist der nachtschwarze Schatten des Baums der Erkenntnis, aus der sie die Unschuld verlor. Sie steigt aus dem Grund in den Geist. Da aber klopft sie sein Helles ab,.."

Bahnt sich da eine Geschlechtsumwandlung vom Guru des Müpf zur Urmutter an?

Laß mal den Finger rund gehn! Lange Lappen, Strass und Goldzöpfchen. Und doch kein Lagerfeld?Der Verlag braucht noch 600 Seiten Schnalzen...

Nachtschwarzer Schatten? Der Quasselkasper aus Wasserburg bekommt barockale Konkurrenz.

Wie: nachtschwarzer Schatten? Reicht nicht schwarzer Schatten, reicht nicht Schatten? Das doppelte Überstreichen mit Acrylfarben. Ist es denn besser als das Betonieren nach Handke? Heller wirds nicht. Sex klopft es ab.

Sexualität soll der Begriff für diesen nachtschwarzen Schatten sein. Er schiebt sich vors Gehirn des Lesers, der Leserin.

War da nicht schon anderes gesagt von einem roten Apfel, der wiederum anderes symbolisierte? Acryl auf die Ikone schmieren. Wird es so schöner?

Rege ich mich auf über die Illustrierten im Regal des Discounters, über einen Garten voll Plastikblumen,  über Hartzungen von RTL? Nein! Ich verrate Dir: Ich kauf mir so 'n Ding, ich schlürfe in so 'nem Garten meinen Hugo, ich glotz so'n TV...

Was ätzt, sind die Gesten der Metaphernbläser.
Wo die Glasklicker des Pfeifelhans in das Ornat eines Literaturpreises eingebaut wird, wo die Literaturverwaltung das Strassenbegleitgrün in Plastikblüten wickelt, der Preis-Auswanderer Dir erklärt, wie schön sich die Protzbauten der Milosewitzen doch vor Gott und dem Menschen ausnehmen.

Rih wiehert Herbst auf Karl May. Aber dort war doch wenigstens Abenteuer mit Blick für die Wunder der Welt und der Liebe. Das bisschen geil aber macht den Mangel an Gefühl und Klarsicht des Reiters in der Tapete nicht wett.

Was der alles weiß! Wie am Tisch des betreuten Wohnens. 

Anreden gegen die Ewigkeit, Wichtigkeit auspacken. Aber uns zittern die Hände, während ihm noch der Mund überfließt. Nachtschwarzer Schatten, nicht ganz hell.

Wir haben gefeiert auf das Ende zu. Es war schön und bunt. Was war uns nicht alles wichtig! Wie zahm wir geworden sind!

Du fragst: "Ist das denn alles: Der Mensch?"

Sag Du's mir! 

10.7.20

Manchmal

Manchmal ist,

- was ich tue ohne Wichtigkeit,
- was ich glaube ohne Evidenz,
- wohin ich gehe Regen.

Ich vergesse.

Manchmal

- gehe ich mit mir selbst auf Wanderschaft.
Zu viele Leute, zu viel Ich.
Ich kann Dich nicht hören, nicht sehn.
Menschen aber brauche ich - auch.

Blätter, grüne Folie des Friedens,
Klar der Bach und fließender Spiegel.
Licht und Schatten flirren unter der Krone.

Wie schön.

Klaus Wachowski 9.7.20


7/20

19.6.20

Wort, Wert verlieren

Das Thema Literatur erschöpft sich in zunehmender Ermüdung. Das ist nicht Handke, der sich des Themas Müdigkeit mit zunehmender Langeweile angenommen hat.

Eine Weile glaubte ich, die Einstellung der literarischen Produktion bei guten Schriftstellern hinge mit der altersbedingten Impotenz zusammen. Die verursacht Depressionen und das führe zum Verlust allen Interesses.

Jetzt mit 69 erscheint es mir nicht ganz so. Das Interesse verliert sich nicht nur, es kämpft auch gegen die innere Stimme an, die ihm die Frage zuflüstert:"Ist das angesichts des nahenden Todes wirklich wichtig?"

Die andere Frage, wer das denn hören wolle, gewinnt mit der Vereinsamung an Gewicht. Gefolgt vom Zweifel darüber,ob es je jemanden gab, der es hören wollte und dem anderen Zweifel bezüglich der eigenen Qualitäten überhaupt. Die Depression fällt über dich her.

Der alte Mann auf dem Stadttor von Worms kann das Schwert gegen die Orks vom Banner des Kreuzzugs nicht mehr heben, der Schmied biegt das glühende Eisen nicht mehr, der Guru vergisst seine faule Formel, ich verliere das Wort.

Schwer zuzugeben, dass es nicht schade ist, sondern Teil des Geschenkes Leben, dessen Aufstieg nicht ohne den Abgang zu haben war.

Ich könnte mich darüber beklagen, dass ich die Reise nicht weiter führen kann, nicht mehr Diesel im Tank ist. Im Augenblick denke ich, das sei gut zu wissen, besser aber auch, mehr hinaus als nur in den Tank zu schauen.

17.6.20

Einschulung

"Guten Tag, liebe Schülerinnen und Schüler,  mein Name ist Schnursenkl!" Shit! Hätte ich nicht sagen sollen!

Der Haufen lacht wie blöd. So ein Vorlauter ruft von hinten: "Wir haben doch den Meier!"

"Was für'n Meier?"
Sie werfen sich aus dem Fenster. "Na den mit" -idiotischer, amerikanischer Fingerapostroph- "ay".

Ah, Gott sei Dank, Petra! Ist die wieder eingestellt? "Super, Petra, gut das ich Dich sehe! Weißt Du, wo die 7a dieses Jahr ist?"

"Hast Du die mail nicht bekommen? Du Arme! Dann weißt Du ja nicht, daß die Knarz jetzt die Leitung hat!" (Was,die?! Danke schön! Ich dachte die wäre wegen der Nazi-Sache versetzt,  oder war es Ministerium? Und meine Bewerbung?! Hätte ich mir denken können!).
"Aber welche Klasse Du hast,weißt Du?"

"Äh ja, mail! Habe ich irgendwie weggedrückt. Nö, weiß schon. Meine Klasse: hab ich aufm Zettel."
Warum lüge ich so blöd? Komisches Ambiente. Bin ich hier überhaupt richtig im Blassier-Gymnasium?

Da! Die drei kenn ich doch. Sind die nicht pensioniert. Oder stellen Sie seit neustem auch bei uns die Vulnerablen wieder ein? Die Glatze. Ach jaa! Das ist ja der Mayer "mit ay". Der alte Suffkopp! Schlängelt sich an die Knarz ran. Wie immer!

Schnell hier rein. Der Saal ist gottseidank leer.

"Frau Schnursenkl" Unverschämtes Grinsen! Das ist doch der Asoz von Goldberg. "Wissen Sie, wo die 6a dieses Jahr ist?" Der will doch wohl nicht weitermachen! Ab ins Homescooling! Papa wird's schon richten.

Wo ist nur diese verdamme Mail hin? Ah hier. Nöö! Aber wenigstens die von Vince! "...schön, daß Du für mich die Rede vom Personalrat hältst! Die Begrüßung ist übrigens in der Mensa der Brutalos drüben. Danke nochmal und schöne Grüße an Meyer mit ay. Wenn der nur nicht Chef wird!..."

   Die hochgeschätzte Pädagogin und beliebte Kollegin, Frau Monika Schnursenkl , kann auf absehbare Zeit ihren Unterrichtsverpflichtungen nicht nachkommen.