Birds 2013

Birds 2013
smatritje neba

17.4.22

Ruhm der Schriftsteller im volltext

Ein Beitrag zu Rutschky im Perlentaucher:

"Ich bin perplex! Es gibt tatsächlich bekannte Schriftsteller, von denen ich in meinem 70jährigen Leben als Leser und unbekannter Schriftsteller nie etwas gehört habe. Und ich habe zeitweise Feuilletons gefressen.

Es geht jetzt ja abwärts. Walser und Handke, die Reuelosen sind schon weiter vorn. Ihre pflichtgemäßen Erwähnungen zum jeweiligen Geburtstag, ihre faltigen Bucherscheinungen erkenne ich schon unterm schräger tropfenden Mond. 

Es ist ja auch an der Zeit für die jüngeren, von denen R schon tot ist, aber von noch jüngeren,  noch unbekannteren gerühmt wird (keine Ahnung warum). 

Ein anderer "Schklovski", russischer Emigrant und gefeierter Rückkehrer, der in den 80ern gestorben ist, gesegneten Alters im westdeutschen literarischen Bewusstsein offensichtlich total unbekannt wie der Dadaist Charms. Einer um die 55 nimmt sich seiner an. Warum?

Ein noch anderer, Jean Paul, der schon Ewigkeiten vergessen wäre, gäbe es nicht die Jean-Paul-Gesellschaft. Mit Begeisterung jahrelang gelesen, wo andere nie etwas davon gehört haben.

Ja gibt es zwischen einem Sylvia-Roman und einem Naja Handke oder einen Anton Reiser keinen Qualitätsunterschied, der offensichtlich und haltbar ist?

Der Ruhm jedenfalls ist kein taugliches Meßinstrument. 

Man muß wohl doch auch beim Lesen selbst denken. Vielleicht war R doch gar nicht schlecht. Jetzt, wo es keine Freunde und Feinde gibt, näheres nachzufragen, bleibt doch die eine: Lohnt es, ihn zu lesen, Lebenszeit mit ihm zu verbringen? Einem Schwätzer oder Weisen?"

Ich stelle die Frage, als wüsste ich eine Antwort. 
Sorry, ich habe keine im Ärmel.

8.4.22

Arte: In Therapie

Helfen müssen als Erziehungsangelegenheit. Als 68er Be-Influenzter hätte ich früher schon der These zugestimmt, Mitleid sei Sache der Erziehung.

Lebenserfahrung legt mir das Bild des Menschen als Teil eines Schwarms näher.

Danach ist ein gewisses Mitleid in der Menschennatur schon angelegt. Nazikinder, Kinder von erbarmungslosen Ideologen und Traditionsfanatikern entwickeln dennoch ganz natürliches Mitleid.

Ja die Unmenschlichkeit muß zur Wirkung selbst den Trick anwenden, ihre religiösen und politischen Verfolgungen mit Mitleid für eine benachteiligte Person oder Gruppe zu begründen. Oder mit Rache zum Ausgleich einer Tat oder des Unterlassens von Hilfe , wo sie nicht Angst vor Gott oder selbst erdachtem Horror zur Verfügung hat. Heute ist der Name Putin, Kabirov, Assad, Kim. Andere gingen voraus, andere folgen.

Ist also Mitleid bereits vor dem Verstand da? Mir scheint die Aufgabe der Vernunft lediglich darin zu liegen, die Sicht zu öffnen. Auf das Erbarmen oder aber auch auf das Ich-zuerst.

Die Chance von Therapie, Gewissheit, also etwas mehr Gewissheit über Ich, Du und Welt, zu gewinnen war früher der Philosophie und Meditation vorbehalten.

Wie sehen den Therapeuten im Film wanken und schwanken und mit Klienten ein tieferes Gespräch über Sinn, Verstehen und Wille führen wollen. Es ähnelt einem, oft unbeholfenen, Tanz.

Ja klar: was, in aller Erfahrung, wissen wir wirklich? Die Hoffnung liegt im miteinander Reden und Denken. Entscheidender Faktor ist das Miteinander, Austausch und Vertrauen. Auf der Seite der angeblich Wissenden Gleichwertigkeit und Achtung.

Es bewegt mich zu sehen, wie der Therapeut sucht und versucht. Ein - hoffentlich nicht mystifizierendes - Bild eines Menschen, der hinaus zu den Sternen sieht und in sich und Dir sucht, was das Leben bedeutet.

Das Ergebnis, wenn gut, ist wohl stets die Ausbreitung des fragenden Gefühls über alles Wollen, Erkennen, Trauern, Lieben. Wir wissen nicht, versuchen gemeinsam zu ergründen. Ein Therapeut, eine Supervisorin ist da eine hilfreiche Begleitung. -Unter Umständen. 

26.3.22

Narzissen 2022

Er ist am blind werden, der Spiegel Erinnerung, in dem die Frühlingssonne durch die Zweige meiner Sehnsucht greift.

Ich sang mit meiner Sehnsucht. Jetzt spreche ich mit meiner Erinnerung über das Glück, geboren zu sein.. Mag der Sturm kommen; jetzt blühen die Blumen auf dem Felde!

Ich habe die Fenster gereinigt, mich gestreckt und gebeugt. Jetzt öffnet die Sonne der Vögel Gesang.

Das Böse brütet Hass in gepanzerter Yacht. Der düstere Gedanke will nicht gehn. Die Sonne aber scheint in die Saaten der Menschen!

So schaue ich in den Spiegel Erinnerung, liebend und noch ergriffen von Sehnsucht.

Kinder lachen: Chill mal, Alter!

26.3.22

25.3.22

Ngongo - Aberrationen


Aberrationen

Aus einer Sternen-Diskussion:
"Maybe "stellar aberration" could explain that. "

*

Akai richtet die Linse des Teleskops auf Sirius aus. Er seufzt. Wie gerne hätte er noch vor der Hinfälligkeit das Rätsel um die Aberration des Sirius + gelöst. Aber ist es die Lichtverschmutzung durch das nahe gelegene Schipka oder kommt der grüne Star jetzt doch noch? Er bekommt nicht ausreichend Klarheit ins Bild.

Er geht in die Küche hinunter und isst den Rest Tarator, eine leckere Zumutung für jeden Indianermagen. Dann versucht er es nochmal. Aber er schläft schon nach 5 Minuten ein.

In einer Lichtung bei Rendalen beginnt das Konzert der Singvögel. Du kennst das. Aber es ist immer wieder schön. Lichtfinger der Sonne in aufbrechendem Grün.

Ein Kind wird geboren. Ein Kind stirbt fern von Dir in großer Einsamkeit. Die Todesmaschine des Kriegsverbrechers hat inzwischen über zweihundert davon gekillt.

Und in Vologda versucht Olga ihre schrumpeligen Kartoffeln loszuwerden. 

*

Stell Dir nicht vor, dass es einen roten Knopf gibt und dahinter das Lächeln eines mörderischen Schimpansen von Ngongo. 

24.3.22

Walser 22

Jetzt 95

Er wird noch veröffentlicht. Was mehr? Mir sagt man: Chill mal, Alter! Ich bin ein Vierteljahrhundert jünger, könnte gut aber schon tot sein. Was also geht mich der Mann der struppigen Phantasie dort hinten am Horizont an? Entschuldigen wird er sich nicht mehr. Und sonst war ja nichts.

Und jetzt der andere Rentner, der noch ein paar Jahre morden will, bevor die Ewigkeit ihn weggesperrt! Ob er wie Milosevic einen Freund unter den Leuten am Trog des Nobelpreises bekommt? Die Verehrer warten auf Chancen und blasen Feuilletons in müde Köpfe.

Ich gehe eigenen Weg. 

7.3.22

Auf dem Friedhof

Wieder auf dem Weg zu Dir.

X ruft an. Was ich denn zu dieser Entwicklung sage?

Wenn sich neue Ungeheuerlichkeit vor dem Schmerz und den guten Erinnerungen aufschichtet, bin ich so fern! Aber wenn der Irre dann auf den Knopf drückt, werde ich mich an unsere schönen Zeiten erinnern können.

Es wurde uns geschenkt, und ich sehe Dich durch unsere Begegnungen hüpfen. Himmel und Sonne und Freunde und Wiese und Vogelgesang in den Höhen. Ich schaue durch das Fernglas meiner Sehnsucht.

Da aber werden Kinder von Schüssen durchbohrt, Orks von Assad und die Rudel des Wolfs von Leningrad hetzen durch die Räume, ermorden das Leben. Die Liebe stürzt in Abgründe der Trauer, Du weißt...

Hier unter dem Baum treffen wir uns wieder, denken unserer guten Zeiten. Erinnern uns jener letzten Umarmung. Erfüllt von dankbarer Freude.

7.3.22

5.3.22

Leben, nur so

Die Demo von sogenannten Impfgegnern schlägt die Trommel. Es ruft laut wie: "Ich-Ich!" und lauter: "Lass mir die Ruh!" Wie ich längst erwarte ist nicht ein einziges blau-gelbes Schild zu sehen. 

Was die Leute, die gerne Verstand und Vernunft gebrauchen oft überschätzen, ist die Freude an Selbstbestimmung. Nicht nur Spießerin und Spießer, auch ganz alltägliche Menschen, die sich über das eine oder andere Unrecht, die ein oder andere Unbarmherzigkeit miteinander empören, finden es ganz in der Ordnung, wenn irgendwer regiert, so lange er oder sie sich nicht in die Vorgartenangelegenheiten, in die Kinderdressur, Jahrmarkt und Jux einmischt. Zu diesen gehöre zumindest zeitweise auch ich.

Als ich jung war, war es schön, jetzt ist es eher lästig, wenn ich zu allem Stellung nehmen soll. Inzwischen traue ich einer Menge anderer, gerade auch gewählter, Leute zu "es" mindestens ebenso falsch zu machen wie ich und ich glaube auch, dass die prüfenden Instanzen wie Parlamente, Gerichte, Presse und Prüfungsämter hinreichend gut arbeiten. An das Ich-Ich habe ich noch nie geglaubt. Leben...

Aber was rede ich, will ich belehren?!

Der Soldat will Tote sehn, muss und mancher will töten.

Da liegen sie. Die Kinder und Mütter. Die Wehrlosen und die sich Wehrenden. Bist Du mehr wert?! Sie nichts?!

Sie wissen vom Leben nichts.

Jene aber dürfen es nicht mehr erfahren.

Die Ehrfurcht vor dem Leben macht den Unterschied.

Der aber, der die Schuld trägt, als wäre sie ein Witz, trinkt Tee an launiger Tafel.

Singe das Lied der weinenden Liebe oder schweige mit dem bombardierten Gott der Nächstenliebe.