Birds 2013

Birds 2013
smatritje neba

20.3.25

Erinnern wir uns



Tücher

Ich breite das Tuch aus. Es legt sich in die Falten der Kindheit.
Zu oft habe ich darüber gebügelt und es hat Elastizität und Formkraft verloren.
Der Gedanke an Vorgestern: ich kann die Spur nicht finden.
Ein Stück des Tuchs scheint platt- und ausgewalzt.
War es ein Schmerz oder ein tonnenschweres Glück?
Noch halten die Fäden, hat kein Schlag ein Stück abgerissen.
Es ist schwer. Leg‘ es aus!

Unendlich groß ist es auch nicht.
Und Falte geht über Falte. Weich wie hundertmal gefaltetes Papier.

Betrachte die Landschaft:
Die tiefen Täler der Kindheit. Die von Betrug ausgebrannten, überwuchert von den Tröstungen der Therapie.
Der breit mäandernde Fluß der Liebe, Ufer der Freundschaft, die fernen Horizonte der Philosophie.
Du hörst die tausend Stimmen der Frühlingsinsekten und anders schöner Schwärme von Gesprächen.
Betrunken habe ich Wein vergossen und voll Rauch des Ehrgeizes Löcher hinein gebrannt.
Aber es ist meine Decke.
Zeige mir Deine!
Bald wird es kalt. Hüllen wir uns ein!
Klaus Wachowski 8 2016

Deal

Was dieser komische Kerl war? 

Der war mal der Mächtigste!

Als die Zeiten kamen, dass die Leute wieder den Dicken vom Schulhof nachrannten - sie waren alt und vom Leben enttäuscht - wurde der da mit der Squirrel-Frisur zum mächtigsten Mann der Welt gewählt. 

Als seine gewaltigste Tat stellte sich dann das Ausbrechen des ersten Buchstabens des Ideals heraus. Er hatte aber entgegen späteren Vermutungen das I nicht vernichtet, sondern es nur hinter seinem bekannten aufgeblasenen We versteckt. Wenn Du genau hinsiehst, kannst Du es dahinter in einem roten Fellbüschel hervorragen sehen. Was blieb war Deal und We.

Die Welt wäre damals fast untergegangen. Als die Menschen dann aber in das We bissen, merkten sie recht schnell den Plastikteig hinter der krossen Schale. Sie wendeten sich dann schöneren Versprechungen zu. Und so ist die Welt noch erhalten. Grau und bunt wie je. Und auch wir müssen leben, so gut wie es geht. 

11.1.2040  

17.3.25

Trauernde Weisheit

Was kann ein Philosoph tun, wenn er einen richtigen Verlust erleidet, außer Weinen? Ich erinnere mich. Er schreibt. 

So waren auch meine ersten Wiederbelebungserfahrungen nach jenem Tod.

Ich las die blauen Stunden zum Trost. Ich schaute in Bäume und Gesichter. Ich las aus Fotos die Erinnerung. Jeder Stein, den dieser Fuß berührt hatte, war mir heilig, hatte er doch noch ein unscheinbar geringes Teil ihrer Energie mit der seinen gemischt... und selbstverständlich war er, ja die Erinnerung an ihn wichtiger als alles, was um mich herum geschah. Meine Liebe war den Menschen feind. Ein Pegide des Amor.

Ich hatte den Wunsch, dem Betroffenen, der als Guru aus dem Schmerz hervor zu treten schien, meine Wahrheit ins Buch ritzen zu müssen. Aber die Erinnerung an meine Zeit nach dem Erwachen machte mich demütig. Protzen mit Schmerz? Das wäre ein Schlag in ihr Leben gewesen. Pfui Teufel! 

Es war und ist eben Schmerz und nun hat es ihn getroffen, wie viele, viele.

Die Liebe besiegt alles. Normalerweise auch den Verstand. Da gibt es nichts zu lachen, wenn man das Glück hat, wieder zur Vernunft zu kommen. Ich weiß nicht, wie weit ich in der Frage gekommen bin. Das Ich löst sich auf in Millionen Moleküle, Millionen energetischer Quanten. Wie sollten sie zusammenfinden, wo sie es Unendlichkeiten von Zeiten vor der Geburt nicht taten? Im Kopf des Liebenden aber finden sich seine nicht immer die Wahrheit der alten Zeit wiedergebenden Erinnerungen. Ein Reflex der sehnsüchtig zurück rufenden Liebe...

Ich weiß es nicht "besser" als der Philosoph. Die Zeit hat ein paar Erfahrungen mehr in die Risse meiner Erinnerungen gebügelt. Was tut es, ob die Liebe danach noch wirklich neben mir steht, oder ob sie "nur" aus meiner inneren Welt heraus mit mir redet, schimpft, weint und lacht. Auch das wird sich auflösen und -gewesen- sein.

An der Haltestelle bricht der Mann aus Gambia in herzzereißendes Schluchzen aus. Was soll er mit Deinem Wissen?! Er weint!

10.3.25

Junge Wilde

Wolfgang M Schmitt
Selbst schuld bei Hanser

Im Alter von 36 hatte ich schon einiges an Ideologie und Philosophie hinter mir, lebte und liebte, glaubte aber noch zwei bis drei Jahre, es richtig gepredigt und gemacht zu haben. Mögen auch W M Schmitt, dem Ehrgeiz, weitere 36 Jahre vergönnt sein, seine Moralpredigten belächeln zu können. Sie werden versinken wie meine versanken. Noch ist er ganz heiß darauf, die Wichtigkeit seiner Erkenntnisse an die Leute vom Trog heran zu tragen, um verborgene Beifallsstürme unter einem Publikum von „Intellektuellen und Künstlerpersönlichkeiten“ hervor zu locken, das er als Duckmäuser beschimpft.
Und schau: Der von Wikipedia zum „Marxisten“ geadelte Narziß bringt Nietzsche als Populisten gegen das „Ungeheuer Staat“ in Stellung. Ein Marxist würde dem Republikleugner da wohl kleinbürgerliches Kulturpredigen bescheinigen, ein Philosoph Sniff von Metaphern.
Sehe ich auf mich zurück, erinnere ich mich an den Impuls, Verrat zu wittern, als die Intellektuelle revolutionäre Welt in den späten 70ern von den Armen der Liebe verschlungen wurden. Kurz darauf ging es mir gleich und auch er deutet Lockungen und Lockerungen ganz anderer Art als die des kommunistischen Manifests an.
Solches Turmblasen in das Forum der Republik hinein war mir nicht fremd. Aber jetzt wähle ich doch lieber die Würde der Person als die Diktatur von Predigten.

Marc Aurel: 22. Ich tue meine Pflicht, alles übrige kümmert mich nicht; denn dies ist entweder gefühls- oder vernunftlos oder verwirrt und des Wegs nicht kundig.  

Aus 2016 Umzug

Stück für Stück meiner Welt bricht weg. Die Triumphe gewonnener Kämpfe, der Trost der Liebe in den Niederlagen, die schillernden Horizonte meiner Spekulationen, das, was ich mit der Welt diskutierte, disputierte, gegen sie schimpfte, im Pathos erdrückte.

Wer will schon etwas davon wissen?

Also weg damit. Die Kämpfe der Vorzeit um eine Wiederherstellung des Ich sind abgeschlossen. Ich bin gut davon gekommen.

Es geht etwas weg. Was ist das für eine Traurigkeit? Mir fallen die Hoffnungen ein, die in den archivierten Lebensäußerungen noch vorhanden schienen und ein angenehmes Parfüm der Erwartung über den "Erfolgen" versprüht hatten.


Schön ist aber der Verlust der Ausrufezeichen. Ich hoffe darauf, dass das Fragezeichen in mir noch lange mit dem Gesang der Frühlingsvögel um die Wette singt. Vergangenheit soll mir nicht Heimat werden.

5.3.2016

Adele singt Hallo, from the other side. Dieser junge Mann hat schon die gleichen Fehler gemacht wie ich.


27.1.25

Lob des Alters

Beziehung und Literatur. 
- suhrkampen -

Beziehung. Ohne sie geht Kommunikation nicht. 

Also schließt man sich zusammen und einander - aus. Auch hier also Privileg vor gleichem Recht. Die Leser und Leserinnen wollen Leitung. Es wird zur Führung.

Wer schreibt, bedient sich gern auch des Megaphons der Führer. Das Forum wird unweigerlich zu Konzert, Kirmes, Ballermann. Ich habe mitgemacht. Da wieherte es: ein hoffentlich letztes Aufbäumen des Ehrgeizes, in dem ich mich um einen Preis bewarb.

Auf dem Weg zum Forum verirrte ich mich öfter in die Paläste der Herrschaft, meinend, einfach mal so reden zu können. Ihre Gärten hielt ich für öffentliche Landschaften. Manchmal setzte ich die rote Nase auf. Da waren aber zu oft Herrschen und Dröhnen.

Jetzt doch lieber Rückkehr in die Natur > zur Person. Besser im Schwarm zwitschern als im Rudel krächzen.

13.1.25

Ein grauer Zaun

 Schau mal, der Zaun. Mein Vater erzählte oft von seiner Meisterleistung. In den 50ern hatte er die Ruine erworben und beim Schmied gearbeitet. Sie hatten die Idee, das Gitter auf solche rund gebogenen Eisen zu setzen und unter den Ringen die Stangen zur Versenkung in den Beton anzuschweißen. Es sei eine Hundearbeit gewesen. 

Wir sind ohne große Beachtung daran vorbei gegangen. Aber als er noch gehen konnte, berührte mein Vater öfter fast liebevoll die Zaunstangen und prüfte die Festigkeit. Ich meine, es war alle drei oder vier Jahre, in denen er mit Menninge und einer neuen viel zu großen Dose Farbe dem Zaun einen neuen Anstrich verpasste.  In meiner Kindheit bunt wie Spielplatz. Da hingen manchmal auch Ostereier zwischen den Stangen. In seinen letzten Jahren entwickelte er sich selbst zu einem bunten Vogel zurück. Aber den Zaun schickte er mit gedecktem Braun in die Unscheinbarkeit. Das höchste an Ausstellung war Schwarz, das ja im August eine schöne Struktur ins Dunkelgrün malt, besonders schön abgehoben gegen die Tanne, die in Alter immer dunklere Schatten zaubert. 

Was Du jetzt siehst, das abblätternde Graublau, ist schon älter als elf, zwölf Jahre. Er ruht unter Friedhofsschotter- damals kam Schotter im Garten in Mode. Den Zaun möchte ich stehen lassen. Schau nur! Es ist nur ein Zaun von tausenden.      13.1.25


P.S. Dem Putin ist's egal. Er lacht die Frau vom BSW an. 


18.11.24

Vom Hans guck in die Luft

  

Ja, da steht der kleine Guck in die Luft vorm Zaun unter der Sonnenblume und möchte nicht zurück in das schöne Häusl Wut. Er erinnert mich stark an mich, an die Zeit als ich mit dem freien Malen begann. Da lag ich mal wie der kleine Tiger den ganzen Tag in der Sonne, konnte mich nicht aufraffen, weil da vorne die Einsamkeit ihre dunklen Nebel sammelte. Unschlüssig, auch ängstlich, aber von einer großen Sehnsucht nach Wahrheit, Sinn  und Liebe erfüllt. Die Schönheit muß er nicht suchen. Er will hinaus, hat aber Angst vor Bär und Wolf. Zu nah ist ihm der Jähzorn gekommen. Du musst ihn nicht verstehen, aber ich nehme ihn an der Hand. Keine Angst! Ich passe auf Dich auf. Lass uns ein Stück unter der Sonne gehen, damit Du die schönsten Farben nicht übersiehst. Denn Freude ist für jeden schön, weiß Janosch.

Ja, er nimmt die Hand, hat trotz allem das Vertrauen in die Menschen behalten. Der Weg ist warm und im rotem Sand aus den Bergen weich. Blau scheint der Himmel. Man könnte sich auf den Rasen legen und hinauf schwimmen, eintauchen in das unbekannte Wort Ewigkeit. Man könnte hinter den Wolken her schwimmen in ihnen versinken und fahren, fahren. Unten die Welt und das Versprechen. Als gäbe es nicht Regen noch Sturm. Wir wollen die Beine laufen lassen und etwas von der Menschenwelt sehen. 

Eine Wiese mit Kühen, Ochsen, Stieren, Vieh oder wie es sich sonst nennt wird sichtbar. Große braune Flecken im Grün und ein Elektrozaun. Gewaltige, schöne braune Körper, Köpfe mit weißen gebogenen Hörnern. Sie schaukeln auf Dich zu. Aber Du mußt keine Angst haben: der Bauernhof hat den Zaun gut fest gemacht. Schau mal in die schönen großen Augen! Ob sie denken wie Menschen?

 

Ein Stück weiter hebt sich ein rotes Dach aus den Hügeln. Mehrere. Da scheint das Dorf zu liegen. Da: die schönen fettigen Blätter. Siehst du die runden, grünen Früchte? Das ist ein Nußbaum. Bald werden die ersten von den Herbststürmen  herunter geworfen. Eichhörnchen und Raben, Mäuse und Siebenschläfer werden ein Festmahl haben. Wenn Du gut aufpasst, bist Du schnell genug, um auch etwas zu bekommen. Ja, auch da gibt es Gefahren: wenn die Nuß innen schimmelt, bitter ist wie das Herz des Präsidenten ist sie sehr giftig. Das nimm lieber nicht!

Und hier das schöne Rot, Orange und Gelb in den Blättern nimm es mit in Deine Erinnerungen. Ein tausendfachen Licht. Sammle es als Cherokee-Medizin gegen die Hassreden Deines Vaters, die Treue, die Mutter ihm hält. Schau, die Welt ist anders, mehr.

Schneewittchens Wald, so dicht, dass ein Sonnenstrahl nicht hindurchdringen kann, frische Luft und Kühle der Kiesel für den Dichter Schaukal. Die Bäume ragen hoch, die Blätter rauschen sanft. Es bläst ihm die Sprache auf und wanderwarm tritt er hinaus. Der Stock gibt ein Gefühl von Sicherheit. Die Quelle plätschert dunkel (er sagt noch: sie gurgelt) und leise in einem von Moos bewachsenen Ufer. Die Blumen blühen in allen Farben, die Vögel singen ein frohes Lied und ein Sonntagsflimmern spinnt sich von Zweig zu Zweig im Schatten schimmernder Blätter, Goldkringel auf dem Steig. Ihm jodeln huldvoll duftige Küsse. Die Luft ist frisch und duftet nach Blumen überall. Mit ihm geht schweigend seine Kinderzeit, trägt Ahnungen aus einer tiefen Stille. Ihm ist so „quellenrein“. Der klare Bach plätschert über Steine und spiegelt blauen Himmel. Es klingt nach KI aus Schaukals Schneewittchen.

Vom Volkstrauertag mit Kranzniederlegung grüßen wirklicher Schmerz und Medien. „Warum nicht?“, fragt die Vergesslichkeit. Und hinter den Büschen Geschrei. Die Trump – Truppe hat wieder ein Opfer gefunden. Haß und Schadenfreude erfüllen die Luft.

Ich nehme dich zur Seite. Halte Dich an mich. Die heraus gestreckten Zungen, die Grimassen lass Dich nicht schrecken. Noch sind sie nicht zu Voll-Schimpansen heran gewachsen.