Birds 2013

Birds 2013
smatritje neba

25.6.17

Größenvergleich

Stripf und Zipferle beim Betschgräbler.

Hanoi! Weischt, der Grob kommt in geweihten Pfälzer Grund. Direkt neben den lieben Gott!

Nicht Grob! Groß! -

Ach so! So was von Bismarck? Na der hätte dem Doktor Stammtisch was erzählt! Was hat er denn nochmal gemacht?

*

Ein großer Kahn kommt geladen mit Pracht schnappender Gefolgschaft. Peinlich, wie sie alle den Beton eines Friedensdenkmals rühren,   der einst für Atom-Silos bestimmt war!

Und das europäisch! Was hat der Juncker denn mit Parteispenden am Hut?

*

Der Wind des Neuen weht, schwer tropft der Regen der Gefühligkeit, die Sonne Ehrgeiz brennt, der Eis knackt kalten Haß. Aus der Rede des Lobhudlers knirscht die Erosion der Zeit.

Ein Ehrgeiz warf seinen Schatten zum Horizont. Und Dunkelheit senkte sich in Streberhirne. Schwarze Löcher verschlingen das Licht der Welt im Ich-Ich. Bald aber ist das Denkmal des Stolzes nur mehr von Speichelleckern blank gewichster Stein des Anstoßes.

Ein Hagel fällt in die Glockentürme Viennes, zerschlägt die Reste der Darstellungen auf der Pforte. Ein Hund und ein Mann machen ihr Geschäft am Gestein wie nicht anders in all den Jahrhunderten.

Das Gedenken versinkt im Geheul der Ehrungen. An Stripfens Arm wankt Zipferle nach Haus. Zu viel der Ehre mag da mancher denken.

6.6.17

Beuys, der Film



Der chinesische Dichter Qiu Xiaolong nutzt die Kriminalliteratur, um seine ins Englische übersetzten Gedichte aus der Tang-Zeit unterzubringen. Sie gefallen mir besser als die Gedanken-Bonsais der Haiku-Dichtung (Freiheit ins Versteck zwingen).

In einem dieser Gedichte fliegt "eine einsame Wildgans" in die Nacht wie "der Schatten eines Eremiten". Ich denke an einen in die Nacht verlangenden Eremitenschatten.

Und erinnere mich an den Film zu Beuys: Die so häufig abgewiesene Liebe zu den Menschen, die er in seinem Fett-und-Filz Mythos von den Krimtartaren thematisiert. Natürlich ist nicht jeder ein Künstler, wie er ja auch kein Sportler oder Priester ist. Wiewohl es doch zu wünschen wäre. Es hängt nicht nur an der Fähigkeit, sondern auch an der Lust, sie auszuleben.

Nicht jeder kann den Nächsten in gleichem Umfang lieben, er kann aber die Grenzen, die dem Ego und dem Haß von Menschen gesetzt sind, beachten. Zumindest dort, wo Seele und Einsicht nicht von einer jener unheilvollen Krankheiten befallen sind, über deren Ursprung und Heilbarkeit wir so wenig wissen.

Ja selbstverständlich glaubten, hofften und liebten wir 68er* den Menschen in der "Brotherhood of man" so, daß wir mit Beuys jedem die Fähigkeit zur Kunst und Kreativität zusprachen. Da gab es keine Liga I und II. Und auch heute noch sage ich mit Beuys, daß Jeder und Jede Künstler/in ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die an den Narzißmus verloren gingen**. - Wenn statt das Leben das Lob befragt wird.

Im Film "Beuys" ist auch der Ansatz eines Interviews zwischen Beuys und Broder zu sehen, wo der junge Rauscher von dem alten erklärt haben will, was denn wahr und wert sei. Das war die Frage nach der wahren Größe, der sich später dann viele wieder zuwandten, den peinlichen Verlierer Mensch zu vergessen, lange vor der Unterwerfung der SPD unter die Betriebswirtschaft. Beuys ging. Früher war auch ich eher Broder.

Heute kommt Beuys scheinbar wieder, ganz fluxus dada.

War Beuys denn ein Künstler?

Willst Du es mir sagen (nachdem Du mir erklärt und bewiesen hast, was Kunst ist)? Ich bin evang. und mein eigener Priester, höre gerne zu, mache aber meine Fragen selbst.

Ich kann nur sehen: er hat die Haltung eines Künstlers gehabt, dieses Brennen nach Sinn und Liebe. In seinen Werken kann man das Seufzen der Sehnsucht hören, wenn man Sehnsucht hat und - gehörtes auch wahrnehmen will.

Diese Schule, jene Schule, diese, jene Clique gegenseitiger Unterstützung sagen soviel über den Wert der Kunst wie dieser oder jener Preis, an dem man nichts als eine gewisse Nachfrage ablesen kann. Beziehungskunst.

Reimeschmiede etwa sind ein großes Ärgernis, wo ihr Wichtigblasen die Aussicht verstellt. Sie kommen bald in den Poetry-Slams unter, andere fängt die Mundartmission ein. Oder die Genietruppen wie Walser, die man zum Ruhm schleppt, weil man profitabler Heiligenbilder ermangelt. - Und nicht anders bei der "schönen" und der "wilden" Kunst.

Aber auch hier: "sie alle sind Künstler",bzw. manche von ihnen: oder hörst Du da nicht und nichts? Auf Dich kommt es an. Wie weit reicht Deine Sensitivität, Achtung, Kritik?

So bleibt die Frage: "Was wird aus der Einsamkeit - auf dem Stuhl des Dentisten?"
Biolek meint, so schwer sei es nun auch nicht, zu leben. Wenn der Ruhm erst mal in der Tonne ist...


*  nicht die autoritäre "Avantgarde", zu der auch wir uns lange Zeit wahnhaft zählten.
** Stars, statt Sternenstaub, weil die Großen von der oder dem Kleinen das schöne Bild, das schöne Gedicht pp erbaten

23.5.17

Auf einer Bank an der Alb

Im Tagebuch Karlsruhe

17.5.17

Im Weinberg meines Onkels

Schwarz löst sich die Rinde am Rebstock.
Pierre Paolo senkt seinen Blick in die gleißende Erde.
Staub aus Hoffnung und Anmut der Armut.
Jean Paul singt sich Mut zu im Labyrinth der Liebe.
Virginia eingesponnen in den schattigen, durchleuchteten Blättern.
Und Anne flicht Lust ein in den Draht.

Den Augenblick werfen in ewiges Blau.
Vergehen und atmen.

Das Läuten der Glocken, es weiß alle Sehnsucht.
Wir hören die steigende Flut singen in uns.

Wir gehen hinaus,
und hinab in das Läuten.
Klaus Wachowski 17.5.17

15.5.17

Montauck, die Rückkehr des Volker Schlöndorff

Rückkehr nach Montauk

Volker Schlöndorff 78. Ein alternder Schriftsteller verspürt Reue über die Zeit anwachsenden Ruhms, durch den er von seinen Lieben abgezogen wurde. Die Frauen erscheinen voll von Leben und Sehnsucht, der Alte versteht nicht, will sich aber auch nicht die Mühe machen, sich einzufühlen.

Ruhm macht mächtig und einsam. Das Alter nimmt die Macht und schlägt den verbleibenden Raum der Einsamkeit zu. Es fühlt sich etwas japanisch an.

Es scheint so, daß die Macht des Wortes und des Denkens den Schriftsteller zu einem erotischen Objekt macht. Der Mann, der in Frisch oder Schlöndorff steckt, begreift, wie andere Männer, nichts davon, was ihn so anziehend macht und stolziert als Gockel durch Buch und Film, ein Gigolo kommt auf Dich zu.

Was nicht heißt, daß der Film oder das Buch schlecht sind. Mich in die handelnden Personen einzufühlen war nicht sehr erfolgreich, aber es brachte auch meine Vorstellungen ins Schwanken - wie das Meer bei Montauk.

Sympathisch war mir das Anknüpfen Schlöndorffs an den älteren Max Frisch. Der Gedanke an eine Übergabe der Staffel zwischen kulturellen Generationen gefällt mir gut. Die Einsamkeit des Schriftstellers und der Schriftstellerin, die sich ja vom Leben fernhalten müssen, um das Erlebte zu fassen, zu singen und zu sagen, verändert sich im Lauf der kulturellen Moden nicht. Sie ist sicher unter den verschiedenen Personen unterschiedlich in der Auswirkung. Aber sie wirkt.

Auf Einsamkeit gibt es kein berufliches Monopol. Sie ist verbreitet wie Zucker. Und ihre Darstellung zieht entsprechend an. Als Akzidenz der kulturellen Betätigung macht sie deren Produzenten attraktiv. Gibt es auch einen Warencharakter der Einsamkeit?

Der Blick des Schriftstellers Frisch auf sich und die Frauen, Blick eines Reptils, hat sich bei dem jüngeren Filmer Schlöndorff in der Temperatur etwas erwärmt. Mit mehr Sympathie erfüllt als der des Martin Walser vom Stammtisch, dem die Glocken des Barock das Hirn ausläuten. Ahnungslos wie wir alle, die wir nicht frau sind.

Wer sagt das, daß es "nichts wichtigeres im Leben gäbe als das was man (mit oder an Frauen) getan oder versäumt hat"? Ein Bewußtsein, dem noch nichts zugestoßen ist, nichts genommen wurde. Ein Anflug von Bedauern. Ein Falter über einem Sandstrand der Erinnerung. Das Meer verschluckt sie, spuckt sie aus.

Was fehlt, was vermieden wird, ist Berührung.

Die 6 hält. Aus den Zellen der Psychiatrie dringen unsägliche Schreie der Angst und der Wut auf die Straße. Der Karlsruher Wandershopper packt den Honig von Grabesblumen ins Billig und eilt zum Event. Heute werden Seelenkerzen ausgeblasen.

15.5.17 Klaus Wachowski

11.5.17

Narrativ

Das Wort bezeichnet das Eindringen des Geschwätzigen in den Wissenschaftsbetrieb.

In der Provinz sind mindestens zwei davon im Schwang:

Das eine beginnt etwa so: Vor einigen zehn Jahren kam ein chaotischer Bursche mit langen Haaren in unsere Stadt  mit Flausen der Revolution im Kopf.

Die andere: Der da hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Er kam als Anarchist und ging als Beamter.

Hat ein Faulenzer und eine Prima Donna unter mir zu leiden gehabt, werden sie Wert auf Betonung des Chaotischen legen, Überzeugten liegt wohl eher die Erwähnung von Treue am Herzen.

Den einen stärkt ihr Narrativ das gute Gewissen bezüglich ihrer Faulheit und Feigheit vor Autorität,  den anderen hilft das ihre, beim Grundsatz Recht vor Gehorsam zu bleiben.

Zwei Narrative begegnen einander. Sie fordern Entscheidung. Sie mischen sich nicht. Unter Gebirgen anderer Narrative werden sie begraben. Unter Narrativen von Fest, Kartoffel und Mundart, von Erfolgen ungeahnt und hundertfach vorausgesagten Misserfolgen.

Trump entläßt einen ihn überprüfenden hohen Polizeibeamten. Und schon laufen zwei Narrative ab. Welches ist Fake? Welches kommt der Wirklichkeit nahe wie ein Untersuchungsergebnis? Hinter dem Faulen und Feigen halten eine wütende Autorität und tausendfache Hoffnung auf ein Krümel von ihrem Tisch die Stange. Kritischer Verstand und Glaube an die Freiheit bleiben bei der anderen.

Auch wenn Lüge siegt - wie brav ist doch so mancher Historiker - ich höre das andere Narrativ lieber. Und heute wenige, in der Dauer der Zeiten aber eine steigende Mehrzahl, teilen meine Vorliebe, während die Narrative des die Autorität küssenden Vorurteils in den Müllkippen der Herrschaften versinken.

Selbst so genannte Freunde haben um der Teilhabe an Herrschaft willen die Sache der Republik, die doch angeblich auch ihre ist, in meinem Fall verraten.


Dort, wohin ich gehe und wo wir alle nichts mehr sein werden als Staub aus der Vorzeit, schweigen Narrativ und Wirklichkeit. Was ich - und andere von meiner Sehnsucht- suchen, wird ebenso im Chaos der Ewigkeit vergehen wie das andere. Ich blicke zurück in ein glücklicher Weise manchmal richtig gelebtes Leben. Sie mögen froh sein über das Gras, das über ihre Sache gewachsen ist und sich im Sand der Ewigkeit auflöst.

Laßt uns den Tanz von Sand und Samen auf den Hügeln des Wahns freudig betrachten!

Klaus Wachowski 11.5.2017

3.5.17

Das Leben geht weiter

Das Leben geht weiter.

Zwei Vögel haben in der Asthöhlung ein Nest angelegt. Sie singen und schwirren hin und her, ihre Kleinen zu füttern. Einige wenige Regentropfen, ein leichter Wind.
Poch, poch, es geht weiter.
Licht wird in die Blüten gestreut. Im Inneren der Schmerz.
Aber darüber Erinnerung an eine Lust auf Leben. An eine Liebe.

Soll es doch weitergehn!
Ich bleib noch ein Weilchen sitzen.

3.5.

*

Im Alter zu glauben beginnen,
im Leid zu glauben beginnen.
Oder den Glauben ablegen.

Sie glauben plötzlich oder verloren den Glauben.

Was ist das Problem?

Ein Himmel spannt sich um einem Horizont,
ein Himmel öffnet sich, um einen Blick frei zu geben.
Ist die Erde Mantel oder weites Land?
Wer weiß?

Aus der Erfahrung heraus betrachtet, verkehren sich die Wichtigkeiten, Vertrauen, Furcht und Trost.

Das Leben geht weiter. Argue or don't argue.
Und ich mache eine weiteren Schritt hinein,
in ihm.

3.5.17

30.4.17

Stille Dörfer

Ich erinnere mich. Der Schrecken: Hoftore, Zäune, das aktuelle Blütenangebot.

Plötzlich bellt der Hund des Dorfschlägers. Und eine Holztür knarrt.
Du beschleunigt Deine Schritte. 

Auf Deinem Weg hinaus überfallen Dich Sherrif und Gangsta.
**
Dies ist das Internet.
Der gestiefelte Admin aus Wacken schnürt den Sack hinter Dir zu

Erinnerungen

Mein Schulkamerad aus ganz früher Zeit malt.
Mein Schulkamerad aus jüngerer Zeit spielt Gitarre.

Der eine ist glücklich, der andere enttäuscht.
*
Ich bin traurig und froh.

Es ist schön an den Raum zu denken, den unsere Wege durchkreuzten, einander zu schneiden. Dort leuchtete es.

Von dort leuchtet Erinnerung.

15.4.17

An einem Grab vorbei

Da steht: "Geh am Leben vorbei. Es ist nichts."
Ich habe das andere Gefühl: Die Auferstehung war ja schon. Und was habe ich außer dem?
Trump hat jetzt eine Riesenexplosion in die Ewigkeit gedonnert und hundert das Leben genommen. Der Tod sagt:"Na und? - Wir reden mal drüber, wenn Du verzweifelt am letzten roten Knopf drehst und ick bin all dor..."
Nein. Ich habe Freude unverschämt und Leid genug gehabt. Und vermutlich kommt noch etwas dazu. Das war nicht Nichts. Es war das einzige, das ich habe und eines Tags verlassen muß.

13.4.17

Trauer betritt den Raum der Sehnsucht

Menschen der Sehnsucht und die Eingeweihten des Schmerzes betreten den Raum.
Singen und Beten. Versenke Dich!

Was ist das Ding, das wir Welt oder Leben nennen, an sich selbst? Sokrates, Kant, Schopenhauer wissen, daß wir es nicht wissen können. Ich mache mir weiter kein Bild davon und spreche es wie Spinoza, Sufis und Samariter mit dem Namen Gott an. Du bist wohl, wie die Buddhisten angeblich sagen: Ich-noch-einmal in anderer Gestalt. Und von wo sonst aus außer aus meinem Inneren sollte ich auf das Außen schließen?

Es ist nicht mehr ausreichend dunkel für Erleuchtung. Aber das Licht der Kerzen überstrahlt schon ihre Gestalt. Durch die Tränen erreicht es mich als feiner orangener Strahl.
Zeigst Du Dich mir so, Unbekanntes? Kann es sein, daß ich bin. In diesem unendlichen Raum, in diesem Versprechen, in dieser Umarmung Liebe?

Nach dem Abendmahl rauche ich im draußen plötzlich aufscheinenden Abend einen heiligen Zigarillo. Schmeckt immer noch nicht, hat aber eine Erinnerung an Leichtigkeit.
Wundergrün der frühlingshaft aufgebrochenen Kastanienallee und darüber schwarz getuschte Schatten.

Der Alltag erscheint als massenhaftes Gassi gehn in Anlagen. Zeit des Hundewau und Dermachtnix. Die AFD kehrt zurück an die Haßkonsole.

Aus beginnender Nacht denke ich an Euch, meine Lieben.

Das Gefühl ist: Dies ist mein Leben.
Die Antwort ist noch: Ja.

13.4.2017

3.4.17

Goldene Garben



Ostern

Ich hänge zwei Ostereier an den Strauch.
Das Leben könnte einem egal sein, wäre die Liebe nicht.

Ein Kind singt.
Von den golden leuchtenden Garben. Es singt: Gaben.
Von den Bergen kommen dunkle Wolken.
Ich habe die Garben eingeholt. Aber der Regen hört nicht auf.

Es sind uns geschenkt:
die goldenen Garben, die dunklen Wolken, der Wind, der den Regen treibt.
Die Liebe trägt es Dir zu.
3.4.17 Klaus Wachowski

28.3.17

Das Jubiläum

Verkostungsnotizen zur aktuellen Kollektion seniorengerechter Peinlich- und Langweiligkeiten vom Feinsten, original vorgestellt und unter händisch geschnitzten meersburger Putten zelebriert und präsentiert von unserem literarischen Generalvertreter Martin Walser, am feuilletonischen Katzenbänkchen begleitet vom begeistert schmeichelnden Loden-VIP. Wer begehrt Einlaß? Hört sich irgendwie an wie der Mayer von neulich.


Einen Schwätzer kritisieren, einen, dem alles aus der Hand gerissen wird, was er gegen sich und die Welt auf dem Herzen hat. Was für ein gewaltig walzendes Interesse am Alltagsgedudel! 


Das ist doch kein Philipp Roth, Robert Walser, keine Virginia Woolf, natürlich kein Joseph Roth oder gar Anton Reiser, mit dem ihn tatsächlich eine schmusende Ahnungslosigkeit vergleicht. 


Zu Philipp Roth gerade angesichts des Treibens eines ruckelnden Hahnenkamms noch einmal: "Ich lese nicht gerne Romane, weil die Kopie des Lebens mir oft langweiliger erscheint als das Leben selbst. Schade, daß Philipp Roth nun aufhören will zu schreiben. Ich hätte doch gerne erfahren, was ein k r i t i s c h e r Kopf zum Leben ab 80 einzuwerfen hat. Denn manchmal ist die Haltung eines kritischen Kopfes zum Leben interessanter als das Leben selbst."


Das Tor zur Ewigkeit steht offen. Ob Ruhm da nützt?-- So wolle man den Literaten von der Stange die Strecke hin noch weiter mit der intellektuell biegsamen Masse schwatzen lassen. Er: Am Ufer, mit Hut, ohne Hut, deutend, denkend, im Dickicht, auf der Wiese, wie der raunende Beobachter bemerkt. Mit dieser Strategie verkaufen Sie Ihr gebildetes Wohlsein zum Höchstpreis!


Es ist nur Geschwätz. Und wenn er es nicht über sich bringt, sich für die widerwärtige Ausarbeitung eines persönlichen Angriffs zu entschuldigen: wenden wir seinem Stammtisch den Rücken zu, verlassen wir ein Lokal, das solche Gäste schwadronieren läßt!
Sein Ego schützte ihn bisher noch vor dem bodenseeschmutzigen Antisemitismus einer Droste, die immer noch Dunkelheit in Lesebüchern genießt. Er beleidigt persönlich. 


Es ist natürlich leicht für einen, der ohnedies nur ein geringes Interesse für Tagesgeschwätz hat, (ich beteilige mich gern, finde die Verbreitung aber zum Gähnen,) diesen Großschriftsteller zur Seite zu legen. Ich erinnere mich an unsägliche Schullektüre. "Flugzeuge über dem Haus" war das einzige, das etwas in mir auslöste: ein starkes Gefühl von Leere. Sonst hat mich nichts berührt, in das ich dort quer (mehr war Qual) las.


Widerlich erschien mir aber die Haltung zum Thema "Man wird doch da mal sagen dürfen" und zu dem Personen Bubis und Reich-Ranicki. Zum "Tod eines Kritikers" hat Helmut Karasek das Nötige gesagt, Schirrmacher den zutreffenden Kommentar gegeben.


Einer, der tiefer Gefühltes als Ehen in Philippsburg und sonstiges von Pferden geschrieben hätte, wäre zu einer solchen Haltung nicht fähig gewesen, geschweige denn dazu, sie öffentlich vorzutragen. Niemand muß ihn einladen.


Jetzt Hype 90 Jahre, ordentlich Aufstieg und Entgleisung. Er mag in Frieden seinen Stammtisch einberufen und aus der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit schwinden.


Was mich weit mehr interessiert sind Herkunft und Ursache einer öffentlichen Verehrung, der so gar nichts zugrunde liegt. Selbstverständlich ist auch der trostloseste Anblick bei rechter Beleuchtung geeignet, wirkliche Regung und Bewegung zu erzeugen. Das liegt dann nicht am Buch. Aber wie verhält es sich mit der aufschäumenden Unterwürfigkeit aus der zweiten Reihe?


*


Sieht er gar nicht ein, daß er sich bei diesem -das Wort sagt er lieber nicht- für Wahrheit entschuldigen soll. Wozu?
Der alte Vertreter, der's vom Schnitzel zum Entrecôte geschafft hat, macht eine eindrucksvolle Geste, bedeutsam deutend.
Nun ja, er will mal sagen, ganz so schlimm hätte er ihn wohl nicht her nehmen sollen. 


Babitt ist zu Ruhm gekommen. Ganz angenehm im Fürstenschloß nachkriechender Begeisterung. Kennt er aber schon von Klinkenputzers Beinen an.


Wie die Lobhütler die Zimbeln schlagen, die Abwiegler Ehrfurcht in die Erscheinung vom Brustton des Schnitzelbarock gießen! Salbung geht runter wie Öl. 


Das könnte aber auch alte Vertretertaktik sein, das Produkt zu schmalzen und sich vor Öffnung des Vertrags zu schleichen. Sind sie wirklich von ihm überzeugt? 


Er hört sie schon am Wirtshaustisch beim Spesenabgleich Sotissen erzählen. Wie er seine Kunden, so scheinen sie ihn irgendwie zu taxieren.
Dr. Smirc meint: "Wäre ich ein Jean Paul, ich würde solchem Kristlein die zutreffende Gestalt am Fürstenhof geben. Ich kann es leider nicht.
So gebe ich seinem toten Kritiker, der ganz anderes erleben und leben mußte als er, jene Tagebücher in die Hand, die den Weg zur Putte weisen.


Er legt sie beiseite und gähnt."


Es gibt so viele Babitts, speziell German Babitts. Laßt sie leben, schwatzen und dafür gepriesen sein. Ein Vertreter der's zum Provinzial geschafft hat, umarmt die Welt. Solange ich nicht dabei bin...


*


     Rufe vom Tennisplatz - Sprüche wunderbar und flüchtende Flausen - Unterschiede: Wen am "einfachen Leben" das Leben interessiert oder seine Primitivität - das Gesicht des vorgeblichen Verehrers glänzt puttengleich


27.3.2017

21.3.17

Neue Text-Collage "Kraft und Schlummer"

siehe Blog: Spielwiese und Reisen

10.3.17

Keller

Ich höre den Kleiber in den Lichtfluten des ersten Frühlingstages.

Ich sehe das Bild vor mir: den Beschlag aus schwarzem Edelplastik auf der Tür im Keller. Die nächste Kellertür. Unser Verschlag.
Noch ist der Druck auf die Klinke fest und rasch.

Der Gedanke: Auch das wird einmal zum letzten Male geschehen sein.

Ein Kleiber singt sich durch die Lichtfluten in meines Herzens Keller.

10.3.17 Klaus Wachowski

28.2.17

Sources


19.2.17

Schnee aus leerer Wand

„Das Publikum, vor dem Sie die Motive meiner publizistischen Arbeit diffamieren, kann ich nur erreichen, wenn ich gegen Sie prozessiere oder Sie ohrfeige. Da mir zum Prozessieren das Geld fehlt, bleibt mir nichts anderes als die Ohrfeige“, schreibt Walser. „Sie werden bitte, jetzt nicht auch noch die Geschmacklosigkeit haben, diese Ankündigung als Antisemitismus zu bezeichnen.“

(nach Die Welt - KULTUR TAGEBÜCHER  - Martin Walsers ewige Wunde Marcel Reich-Ranicki - Von Judith Luig Veröffentlicht am 14.03.2010) 

Ist es das: Sich die Erlaubnis zu einer Ohrfeige holen, weil sie nicht antisemitisch gemeint ist? Aber es ist doch eine Ohrfeige, die einer Moralkeule zuvorkommen will. Unsäglichen Lavieren.

10.1. 17

Es schneit. Ich gehe in die Stadt und versuche dabei, das Gefühl Virginia Woolf mitzuempfinden. Aber die Sensibilität ist auf basic ohne Kohlensäure. Keine Krähen in den bleiernen Wellen eines Glockenklangs.

Dann imaginiere ich eben das Projekt Walser nach.

Der Alte sinnierend vor einer leeren Wand. Das mit der Reue will nicht gelingen. Immer noch das Rattern des Ehrgeizes auf dem mit Schlaglöchern gepflasterten Boulevard eines deutschen Ruhms.

Ja, er hatte alles Glück einer Nachkriegsexistenz. Förderung, Beziehung nehme ich an. Aufschäumende Skandale taten das ihre dazu.

Wie war das mit den Flugzeugen über dem Haus? Der Ruhm hat ihn weit weg in eine Schreibe von 60-Seiten-Romanen entführt. Das Wort hat zuletzt nur noch erzählt. "Rank", na ja!

Er sagt "nackte Wand" zur leeren Wand. Etwas Trieb ist noch geblieben, läßt ihn die Wendung zur Rückschau, zu der halt auch die Reue gehört, nicht vollziehen.
Als sei stets Ziel und Wohlgefühl gewesen.

„Hast Du Lust auf Rache an Unverdientem?“
„Nenne Du mir Verdienst!“

Ich stelle mir vor, das Bewußtsein, sterben zu müssen, lege schon sein Dispersionsweiß auf Deine Aufmerksamkeit. All dies, was einmal war und wichtig war, liege unter einem Dunst fern am Horizont.

Wiederholungen dienen dem Versuch einer Rückkehr. Aber Du bist ein Schreiber, man erwartet Neues von Dir.

Das kommt Dir andererseits bezüglich des Problems Reue entgegen. Und der Betrieb ist treu. Man ruft nach Dir.

Wäre es nicht manchmal schön, vor einer Flasche Wasser zu sitzen und die Aussicht ins Nichts auf sich wirken zu lassen?

Rank: Er scheint noch recht drüssig auf die Welt.

 *

Mir scheint es schön, in den fallenden Schnee zu schauen. Aber auch das Nichts bietet interessante Rätsel zu Ich und Du. Was sein wird, werde ich bald erleben, was ich erlebte und versäumte, gewinnt an einem stärkeren Interesse, an einer schwereren Schwierigkeit.

Manchmal, angesichts des Leidens in der Welt, komme ich mir schäbig vor, so vor mich hin zu beobachten und zu schreiben. Ich könnte mehr helfen, ich hätte mehr helfen können. Mein Kompromiss besteht darin, etwas zu helfen, dann wieder zu schreiben.

Danke, Leben unbekannt, daß ich es noch kann!

12.2.17

Herz zuviel



Demasiado Corazon 


Er zeigt den Mann, dem der Regen in die Augen läuft, auf den der Schatten aus dem Himmel fällt. Von hier aus sieht es gar nicht mehr nach Depression aus. Und Trauer weicht neuem Tag.

Bagger im Park. Im Fasanengarten blühen Winterling und Schneeglocke, Birken hängen ihre gelben Samenwürste in den Wind; die Blumengeschäfte rufen  Osterglocken und Traubenhyazinthen aus. Tulpen und Krokus werben für Frühlingsanfang. 

Die Stadt wird bald die ersten Studentenpärchen über die Wiesen streuen, in die biologischen Erinnerungen der promenierenden Senioren. Alleine Erziehende und ehefaule Muttersöhnchen ziehen verliebt mit hüpfenden Enkeln an ächzenden Gelenken vorbei. Es ist schön wie Sonnenstrahlen in Deinem Haar, mein Glück.

Aus dem Weltraum der Hoffnungen ein erster lauer Wind. Die letzten Plastikweihnachtsbäume fallen von den Gräbern. Zeit, die Tannenzweige von Töpfen und Kreuzen zu nehmen. Von allen Seiten Gesang der Vögel. Der Zigarillo ist geraucht und ausgedrückt. Weg damit und nehmt mich mit in die Zeit!
X und Y kommen auch mit. Wir gehen unter knospenden Bäumen. Der Betonturm der Kirche von 1950 sagt: "Halte mich!" Er kann mit Gottes Freiheit noch nichts anfangen. Auf der großen Straße säuft sich die Jugend in die Fastnachtsverblödung. Angst der Großen. Laß!

Bald ist es wieder schön zu joggen, Motorrad zu fahren, hinaus zu gehen auf der Suche nach dem See des Jetzt. Wir gehen, gehen, reden weiter miteinander im Herz der Hoffnung. Es zwitschert von allen Seiten. Aus allen Herzen singt es in den Frieden.

-auch im Tagebuch Karlsruhe - Klaus Wachowski 12.2.17