Birds 2013

Birds 2013
smatritje neba

26.7.19

Hänsel und Gretl aufm Weg


Gretl schiebt den Hans den Schotterweg lang. Er sagt: „Ich will heim!“ und: „Geht’s hier nach Hause?“ In der bunten Tasche Flaschen: man muß trinken. Und Batterien für ihre Hörgeräte. Zwei Sorten. Er spart mal wieder, hat sie aus gemacht, will nicht mehr ins Netz zur Bestellung. Wie hieß das Passwort? Etwas mit Heimatl? Pils?

Was heißt das nochmal: „vegan?“
„Ich will heim!“

Gretl läßt einem Kiesel fallen. Heute Abend wird gewickelt. Was sollen sie da draußen unter Kriminellen und Pegiden?

Was habe ich gerade gelesen von Liebe und noch mal gut gegangen? Sie nimmt den angeschimmelten Teil der schlimmsten Erinnerungen aus dem Beutel. Letzter Blick und weg damit!

Hans lächelt etwas schief in sich hinein: gleich wird sie wenden und ihn in den Stall zurück fahren. Wo wollte er sonst hin?

5.7.19

Chain of fools

Alte Lust

Ich habe Lust, Handke zu lesen (altserbischer Verdienst in Bosnien), mit lässlichem Vergnügen des Alters. 

Vom Elfenbeinturm ging er ortlos ins Loft, ein Leuchtturm und VIP unter den Whoppern. Gerne fahre ich die wulstigen Satzgebilde des Oberflächentasters nach, um darin nach den Hyaluronfillern von Verehrern zu suchen, Pflege und Nicab in einem.  Es ist nicht streichzart, doch ungesalzen, eher cross und mit einer optisch wirksamen Ziernaht versehen. Ein Alleinstellungsmerkmal im Massenabsatz.

Er hat ordentlich geliefert, beachtliche 600 Seiten. Der Trog kann sich nicht beklagen.  So ein Klumpen erstarrten Teigs vor der Aussicht in die Ewigkeit erweckt,  nie hätte ich es geglaubt, heimatliche Gefühle verlorener Wichtigkeiten.  Wann versinkt auch sein lappiges Erzählen in den Falten des Vergessens,  wann meine ohnmächtigen Versuche zu begreifen?  Man war doch mal feind. Jetzt fallen wir rechts und links ins Pflegebett, während die Führer, Verehrer und Mitstreiter unserer Hoffnungen mit  Einkaufwägen voll heruntergekommener Beachtlichkeiten durch die Fußgängerzonen pöbeln und geprügelt werden.

Der politliterarische Betriebsausflug hat sich aufgelöst. Man ist an Trog oder Lüftungsschacht zurückgekehrt, genießt als Laudatio vorgezogene Trauerreden und Erstaunen des Publikums. Das ist längst auf die andere Eisscholle in der anderen Strömung Richtung Hoffnung hinüber gesprungen.
Gönne ich mir doch die Obstdiebin, einem "weiteren Meilenstein im Werk eines der größten Autoren unserer Zeit" (WDR). Aus dem Nachruf der Egonostase vom Euphrasten der Verehrung. 

Die Obstdiebin im Garten des Unbehausten. Breit aufgestellt die Reklame. Ein Märchen von atonaler Wucht erobert die Gärten und Balkone ausgedörrter Erwartung an das Leben.
*
Die Obstdiebin nimmt den Erdbeerriecher von Srebrenica an der Hand und geht mit ihm hinter dem Dickicht entlang. 

Einmal düstern sie in Quellsümpfen: "... Allein der Krach, das Losknallen, das Rummsen... in dem so ortlosen wie allgegenwärtigen bösen Rumoren, mit dem sie aufgewacht war..."

Dr. Smirc von der Parkbank aus: 

"Ah, wie wird mir ortlos, so heimatlos im Ungefähr. Gedanken fliehn ins Ahnungslose. Ist das die Marke? "

Dr. Warnix, Psychagog und erschöpfter Wortwalker:

" Versteh doch: Sprachlähmung war! Muskellähmung war, ja Schlucklähmung war und Ganzlähmung."

Dr. Smirc so: "Dicht und dichter der Wildwuchs, vermehrt auch das Totgehölz im Durcheinander kreuz und quer,...im Aubezirk das Düster einer Sonnenfinsternis... "

Nach Thomas Bernhard wurde in Regensburg der Stumpfsinn Jahrhunderte lang warm gehalten. Hier macht es die aufgegilbte Schleife, die um ein Barock-Schwartl gewunden wird. Der zum Loft heruntergekommene Elfenbeinturm. Totgehölz im Durcheinander kreuz und quer. 

"Auf dem Weg dahin sind sie an einem aus nichts als Bruchsteinen gefügten Haus aus den Jahrhunderttiefen vorbeigekommen, wo ..., mit einem Einschlupf in der Mauer unter der Treppe ... an etwas erinnert hat. " 

Ich nenne das: sich warm ins Mittelalter pendeln! 

"Wohltat, seltsame oder auch nicht, ...zwischen alten Häusern... zu gehen, auch zwischen Ruinen."

Seltsam oder auch nicht, der Maharishi unter Literaturglatzen sucht
obsthaft und fleischlos  Einschlupf der Wohltat im Unbehausten alter Häuser.  

"Der alte Mann war unvermittelt aufgestanden. fast war er aufgeschnellt, und mit dem Glaspokal voll mit geknackten Haselnüssen... zurück in seinen Altenwohnsitz, ...  mit Aussicht auf das Gleisfeld,.." 

Wo gibt's die Haselnuss als Preisgeld? Jetzt schnell aufgeschnellt!

"wo die zwei Schienenpaare zwischen den Quais einen hellen Metallglanz ausstrahlten, während die sieben bis dreizehn übrigen in einem stumpfen Rostbraun starrten ..., flankiert von Disteln und anderem Wildwuchs.. "

Ein tote Gleisfeld mit unendlich vielen langweiligen Details erwürgte die Vorstellungskraft der Lesenden. Ein Eindruck von Wohlaufgeräumtheit zwischen Broterwerb und Ehrenamt lag über dem Schlaf der kritischen Provinz . Schreib, Primus, schreib!

Dr. Warnix, Psychagog und im Schnarchen braver Buchkritik unerwarteter Nobelpreisträger  macht wieder mal den Krumpler rein: 

"Junger Freund, Du bist doch nur neidisch auf den Erfolg! Andere Saisonknaller schreiben doch auch in Pixeln. Es ist Erfolg. Und wer ihn hat, muss sich die anderen Sorgen machen. Sag mir doch mal, was Dich an ihm ärgert!"

Er vermutet einen tief sitzenden Neid dem ungehörten Ortlosen gegenüber, dem ungeliebten und umso tapferer strebenden Braven. 

Smirc lässt nicht ab von seinem Eifer: 

"...Auf dem Weiterweg nordwärts. Der Vorabend, der im August, bei einem blauen Himmel fast ohne Wolken, zu währen scheint wie in einem anderen, weil höheren Norden, war warm, und unten im Viosnetal, zwischen den letzten Häusern von Chats, den da und dort ohne Lücke aneinandergebauten, geradezu windlos heiß."

Kein Lufzug erbarmt sich. Was ist nur los in ortloser Windlosigkeit?"  
Ein Berg von Pickeln stülpt sich über ein Bündel welker Impressionen. 

Dr. Warnix, Psychagog und Ziegenversteher, war heute in der Kirche. 

"Geh aus mein Herz und suche Freud". Der Versuch, aus einem Ausbruch der Freude eine Litanei zu machen, setzt sich in jeder Gemeinde durch, sobald die Zahl der Gläubigen unter die der Frömmler sinkt. Im literarischen Kult wird aus Texten ein Schnurren Narzissmus, sobald die Sehnsüchtigen der Einsamkeit den Begeisterten einer VIP weichen. Das Unbeseelte und die Angst sind auch hier in der Melange zu hören. Gipsabdrucke der Existenz ohne das Seufzen, Lachen oder Weinen des Lebens.
Und ja Dr. Smirc: "sonderbares Quellgebiet": 

"kein Wasserlauf, der ihnen den Weg quellauf und ins Freie gewiesen hätte. Wenn Wasser, dann stehendes, sporadische kleine Tümpel, die einander ähnelten, oder überhaupt ein jedes Mal wieder dieselben waren, passiert vor kurzem, und dann, so schien es oft und öfter, vor längerem, vor langem."

Ein Wasserlauf quellauf, ein jedes Mal dieselben, so schien es oft und öfter, vor längerem, vor langem. Und überhaupt: lang und länger wird der Weg zur Seite 600. 

Das schien nun doch auch dem Freund Dr. Warnix, Psychagog und Richtigsteller, zu sehr quellauf. Vorerst schürzte er die Lippen. 

Smirc, nicht mehr zu bremsen: " Zu guter Letzt .... Blitze und Donner: halb so dramatisch, inzwischen verloschen und verstummt in dem sich verstärkenden Regenfall."

Halb so dramatisch. Erlischt und verstummt da nicht etwas?
Vor lauter Tümpeln ist kein Quell zu sehen. Ich beginne der Verpixelung der Wahrnehmung gegenüber Aversionen zu entwickeln. Im Analogen scheint mir plötzlich Raum für Phantasie zu sein.

Dr. Warnix, Psychagog und fluffiger Elithesaurus, fantasiert, mit dem Schnarchosophen von Karlsruhe einige Bahnen im Fächerbad zu schwimmen. Ein bedauernder Blick auf die Familie mit 3 Kindern, die für zwei Stunden zwanzig Euro hinblättern muss. Der Prof. mit Intellektuellenbonus für Wendigkeit hätte zumindest kein Problem damit, seine Alterswarzen zu zeigen. Dieser hier aber, wer sollte den zu einem Schwimm zumindest in einem stillen Waldsee überreden können? 

Zu Smirc: "Reibe Dich doch nicht an ihm: Da sind zwanzig am Trog, aber nur fünf können davon leben. So schlecht wie sein Gewissen ist, kannst du ihn nicht machen. Seien seine Töne auch noch so grässlich: auch Miraculix hat das Recht zu singen und sich davon zu ernähren, Du musst es ja weder hören, noch kaufen. 

Und was wäre, wenn ein anderer, zum Beispiel Du, da einen Faden der Lebendigkeit aus sich heraus  spinnen müsste? "

Dr. Smirc hört nicht zu: "Ohne irgendwelche Angehörige sah der junge Mensch sich als Auserwählter, als auserwählt unter all den Millionen der in ihre Sippen verstrickten und davon Erstickten. Die Freiheit dagegen von uns Vater- und Mutterlosen, die unvergleichlich freie Luft unter unseren Achselhöhlen, in unsere Schwingen!" 

Diese freie Luft unter Achselhöhlen, das ist doch der Schweißgeruch bestellter Schreibe. Wenn solche Schwingen fächeln... Vater - oder mutterlos, jetzt bist Du alter Knacker und müsstest auch einem Du etwas sagen können! 

"Die Dächer waren es, welche Bild und Gefühl, Bild wie Gefühl, Bild als Gefühl von Nachbarschaft gaben oder einmal gegeben hatten."

"Bild und/wie/als Gefühl" Faulheit der Geschwätzigkeit.  

"In der Folge war es, als fahre die Briefträgerin, auch Sie von Dorf zu Dorf in Spiralen, ihr voran, wie um der Fremden den Weg zu weisen. Immer wieder, indem sie bei einem der Dorfhäuser anhielt, schien es, als warte sie auf die Geherin; als spure sie dieser, ein Wegstück, einen Spiralteil nach dem andern, vor. 

Wozu "einen Spiralteil"? Er will's genauer und begräbt den Wald unter krummen Bäumen. Es gibt ja das Wort vom "die Sau von Dorf zu Dorf zu treiben."

"Den Staat los? Die Zeit, die aktuelle, los? Noch nie waren wir außer Gefahr, auch jetzt nicht. Auf des Messers Schneide leben wir, seit je. Auf des Messers Schneide, und wir selber das Messer. " 
Fehlt ein "Nimm das!"

Es ist doch etwas los im Ortlosen. Der Messer misst des Messers Schneide, einen Gedanken abzuschneiden. Los, den Staat, los die Zeit? Etwas von Heidegger, das in Begriffe blasen, ist auch dabei

Ein Losknallen ins Ort -, Wort-, Wind- und Mutterlose. Lass los, den Staat, lass los die Zeit, leg ab Deiner Mutter Hochzeitskleid! Dann macht er noch die Leinen los. Nur nicht erfolglos hausen!
"Ah, der gestrandete Einbaum, niemand am Ruder, überhaupt ruderlosl ... Das Verlorengeglaubte hatte ich all die Zeit zwischen den Fingern, und indem ich im Suchen die spreizte, ging es erst wirklich verloren."

Ah, Ruderloser, was macht Dein Einbaum, ein erfolglos Spreizen, ortlos gestrandet im Raum.
"... nach kaum drei Tagen die eine, die helle Sommersträhne im dunklen Haar: seltsam. Oder auch nicht? Nein. seltsam. Bleibend seltsam. Ewig seltsam."

Seltsam oder auch nicht. Auch ortlos läßt sich scheinbar leben. Und Ruhm muß schon ordentlich abdecken, wenn man seine Falte gewordene Originalität nur noch unter dem Rauschen eines gurulangen Wortbarts verbergen kann, um sie nicht mit Heidegger entbergen zu müssen.
Eine untergehende literarische Generation hält sich an ragenden Stangen, um feststellen zu müssen, dass es sich, wie lang befürchtet und nie zugegeben, um Stängel, Salzstengel handelt aus Wean.

Dr. Warnix, Psychagog und psalmodierender Resumant, ist indes doch auf Versöhnung: "Wir sind doch auch Teil dieser Eisscholle, Alter. Die Jugend muss wegsehen in einen anderen Horizont, wenn sie aus ihrer Sehnsucht hilfreiche Erinnerung aufbewahren möchte. Sie muss uns aus dem Weg schieben, selbst Glück und Unglück erobern am Ort."  

Das Ortlose scheint ihm auch auf das hinzuweisen, was die Stones schon um ihre 50er herum besangen "I lose my grip". Auch wenn H der Mut fehlt, nun plötzlich von sich zu reden, Voraussetzung wäre wohl Reue zu Srebrenica, dies scheint Dr. Warnix, Psychagog und unverbesserlicher Besserwisser, doch eine des Mitleids werte Begleiterscheinung des Alters, um die auch ein Literat nicht herum könne. 

*

Anmerkung des Verfassers:

Ein vor kurzem besuchtes kritikliterarisches Terzett erinnert mich an Erfahrungen mit Erlauchten von der Schopenhauer - und Jean - Paul- Gesellschaft, aber auch Kunstkreisen oder, damals selbst als VIP in der Probezeit, bei Jusos und SPD.
Innerer Kreis und breites Publikum/ Volk.

Warum ist es dem Experten so schwer, auf die Frage einzugehen, ob er sich in der Diskussion wohl gefühlt habe oder auf den Scherz, welches Sternzeichen wohl der Robot im Roman X des -stark überschätzten- Y habe? Abstand halten. Groß und klein, ein Unterschied muß sein.
Solcher?

Ich habe regelmäßig alle Vereine verlassen, von denen ich Ernsthaftigkeit und "Kommunikation mit den Menschen auf Augenhöhe" erwartete, und von Rollespielern des Kader und anderer Wichtigkeit enttäuscht wurde. Ja, sogar eine Männergruppe war dabei.

Das Team, der Verein, die Gruppe sind keineswegs Orte der Gleichwertigkeit. Sie ist das Ideal.
In der Realität setzte sich - auch bei den Grünen - der Narzißmus im Verein mit der Ideologie des Ziels gegen die Verständigung von der Graswurzel her durch.
Insofern war ich, wie viele andere es waren, immer wieder allein, verlor aber nie mein Vertrauen in die Menschen selbst, Angebetete wie Anbetende. Es gibt die andere, größere Gemeinschaft Mensch, wo und zu der ich mich zugehörig fühle. (Meinen Einsamkeiten lagen andere, tiefere Wunden oder Schmerzen zugrunde.)
Die ehemals nicht nur berühmte, sondern auch richtig bekannte X, die sich jetzt der Clique anschließen muss, des Aufhebens werte Worte von sich zu geben, und zuzusehen wie der alte Hahn um die aufstrebende Katze gockelt. Das alte Spielchen, von dem gelangweilt und erschöpft sie in ein Hotelbett der in letzter Zeit merklich billigeren Klasse fallen wird. Tod, wo ist Dein Stachel?

Nur sich mit dem Volk nicht mischen.
Lieber noch ein Bierchen zischen.
Wie doch das Erlauchte schlaucht,
Wenn der Thomas Bernhard faucht:
Ego muß sich drücken,
Wenn Interessierte näher rücken.
*
Ich habe mit H ein Problem.

Er war ein literarischer Popstar der 68er Zeit. Er hat die Hoffnung auf ein Ideal enttäuscht.
Die Enttäuschung  war absolut nicht seine Schuld, sondern die Folge mangelhafter Hoffnung. Wir hatten einem Klassenprimus die Rolle eines Klassensprechers zugedacht. Er aber suchte den Sitz an der Tafel des VIP.

Mein Problem und das anderer: viele rannten ihm nach.

Als er in Srebrenica Erdbeeren bedichtete und nichts vom Morden, stellte sich die alte Frage vom Wertunterschied zwischen Ethik und Faszination.

Erfolglos versuchte ich,  die Faszination durch Darstellung der Bestandteile des Ruhms- Masche und Leichtgläubigkeit- zu stören. Ich unterschätze das andere Motiv von Faszination: Teilhabe am Glanz für die Braven. 

Der Seniorprimus schreibt noch immer weiter am Abitur eines l'art pour l'art. 
Gibt es eine Esoterik des Nietzscheanismus? Gurus zuhauf. Ist es so etwas wie Wagner? Der Primus auf dem stillen Ort? 
*

Die Gläubigen aus dem Misanthropie-Komplex spüren es plötzlich auch:

"Wenn Handke schreibt: "Sonst hatte mir beim Verlassen des Hauses das Bergaufgehen gutgetan, indem es mich den Boden unter den Füßen spüren ließ und die Knie stärkte", spürt man plötzlich selber das eigene Körpergewicht am Berghang auf den Knien lasten..." (Von Ijoma Mangold 15. November 2017, DIE ZEIT Nr. 47/2017)

Waldenser aus dem Pragelatal sind sie nicht unbedingt. Sie zieht es stark zur hl. Idiosynkrasie. Es hört sich nach einer Art esoterischer Faszination an. Der Elfenbeinturm neigt sich. Die Menge macht Selfies, indem sie in der Geste des Stützens auf den Auslöser drücken.

Goldesel des Verlags, Wortesel der Kritik. Narrative Wischel fallen ihm wie Schuppen von der Literaturglatze, wie Erdbeeren aus der Granate. Der Bürger nennt das "Deko zwirbeln". Der am Ruhm verdienen müssende Kritiker, benebelt vom Weihrauch im Ritus nietzscheanischer Kommunion: "Idiosynkrasie", also Ekel und Abneigung des Guru gegen die Welt voller Geschehen da draußen.

Doch gerne würden sie auch seinen Sturz verfolgen.

Neben dem hl. Handke gibt es in Zeiten der Investition ins Ich unzählige andere Elfenbeiner mit bodentiefer Eitelkeit.  Doch der Priester des Egal ruft an bevorzugter Position seinen Nachruhm an. Wie jeder von Ruhm Befallene versucht auch er, die Ewigkeit aus dem Ich hinaus zu entwickeln. 

Nichts ist der Lohn.
Uns allen.
Mit und ohne Idiosynkrasie.

Und unten knurschpelt ein verbittertes Sarrazin durchs Dickicht. Aber das ist eine andere peinliche Geschichte von 68er Versagen.
*
Nachbrenner:

Wissen ist Macht? Guru ist mächtiger.
Alle Handys aus! 
Etwas spricht ortlos einen Lobgesang. Von was? Er ist doch nicht Pfadfinder, geriert sich doch als Eremit des Egal! Umso mehr der Wunsch der Ortlosen sich da Halt zu holen: in der Menschenverachtung des Ich - Ich. Leibgeber rast panisch davon.

Smirc: "Niemand muß, aber warum soll man auch gerade die Oberfläche weiter abtasten, wo man Berührung sucht?" 

Gott zu Warnix: "Ist der nicht manchmal unerträglich fromm?"

20.6.19

Hoffnung wecken

Nach der Nachhilfe sehe ich Glanz in den Augen von X.

Ist es Erleichterung, daß die Stunde zu Ende ist?

Ich glaube, unsere Bemühungen wecken Hoffnung gegen das Scheitern.

Helfen können, ja nur die Bemühung dazu, erfüllt.

Du gehst Deinen Weg nicht mehr alleine. Du schaust nicht mehr (so) ängstlich um Dich, wagst mehr.

Ob die Hoffnung sich erfüllt oder in einer Enttäuschung mündet?
Wer kann es wissen?

Ihr geht den Weg.

7.5.19

1992 gehe ich durch die Stadt

Laubfall, gelb vor blauem Himmel. Im Schulhof lärmen die Kleinsten. Eine Gerüststange schlägt scheppernd auf der Straße auf. Oh Schreck, bleib stehn! Ein dunkler Strahl Stille steht zwischen dem Morgenstern und der Erde. Aber es ist nicht der Tod. Die Blätter fallen, die Kinder rennen weiter.

Damals war die Leseaison vorbei. Frei konnte ich durch die Licht gewordenen Weinberge zur Bücherei wandern. Vor mir eine offene Zukunft, hinter mir dumpfer Arbeit dumpfer Zwang. 

Ein Holzstück: krumm, rund, rissig, grau. Die Sonne hat ihm ihre Wärme gegeben. Sie fließt mir von der Hand in den Horizont. Ein Fluss taucht auf, mitten aus der Prairie. Breit und flach die Kiesel, das Wasser klar. Die Sonne nimmt mich mit unter die Erde. Ich schlafe in den Wurzeln, sehe mit den Knospen weit in den Frühling. Schon weht der Wind mich fort unter die Flügel einer Meise und aus ihrem Lied tauche ich hinauf. Aus dem Magen der Eule schlüpfe ich, falle in weißem Lichtstrahl tief ins Gestein des Monds.

Das Blut kehrt zurück, und der Tag. Ich habe noch zu tun. Zielstrebig gehe ich, trete die Blätter. Meine Asche wird mein Sarg sein.

6.5.19

Als ich noch jung und 50 war

Ahorn

Der Ahorn warf einen immer dichteren Schatten ins Zimmer. An diesem Morgen sah ich, dass er die Hälfte seiner Blätterpracht verloren hatte. Die übrigen waren schon Gelb. Der Tod in leuchtenden Farben.

Regenwolken kamen und mir wurde " schwer ums Herz ". Der Tag des Auszugs unserer beiden " Großen " war gekommen. Ich hörte " Ebola " in Afghanistan. Das Blut verläßt den Körper und du stirbst ohne Schmerzen. Der Baum von dem die Blätter wehen.

Dies ist der Eintritt in das Alter des Wartens.

Der Fußboden wurde plötzlich von Licht überschwemmt. Die Sonne hatte die Wolken zur Seite geschoben. Und es wurde warm.

Sonnenstäubchen

Das Sonnenstäubchen im Licht, das sich durch die Ritzen des Vorhangs ins Zimmer ergießt. Wie Leonard Cohen, der es besingt, hast auch Du es gesehen. Bin ich Staub, so doch von Sonne, Liebe getragen durch die Zeiten. Was ist ein Stäubchen? Ich! Und: wie es in der Welt getragen ist, trägt es die Welt in sich.

Das Schlimme am Alter

ist bei erstaunlich steigender Sensibilität die Beeinträchtigung der Fähigkeit, Wunder zu erkennen. Nicht nur die Jugend " weiß alles besser ". Auch die alten sind ein Bescheid wissen weit von der Weisheit entfernt: sie kennen das Leben. Als wäre  es möglich.     

Ein Jahr später bemerke ich immer weniger Lust an Bescheidwissen, Verträglichkeit gegen Besserwissende, Fähigkeit zu Staunen.

Kartenspiel

Ein alter Mann und eine alte Frau spielten Karten in einem chinesischen Hotel auf dem Weg nach Cameron Highlands. Die immerwährende Sonne meiner Erinnerung scheint herein, gebrochen durch weiße Stoffe. Wie war noch der Duft? Ich stelle mir Jasmin -Tee vor. Aber ich habe es verloren, was da an Feuchtigkeit, Fäulnis, schwerem Blütenduft die Luft erfüllte. Die Erinnerungen sind vor allem deshalb so leblos, weil ich kein Geruchsgedächtnis habe . Ebenso: wie fühlte sich dieses Geländer an? Habe ich überhaupt ein einziges Stück Blume, Baum, Blatt in die Hand genommen? Damals? War in meinem Händedruck außer Druck auch etwas von fragendem Gefühl ? Lange habe ich gelebt. Zwei Alte spielen Karten. Es ist nur eine Ablenkung des Willens, um die Welt frei in die Sinne fließen zu lassen.
Gras im Regen, von meinem Schuh in die Erde gedrückt. Wie gleichgültig es ist, woher ich komme und wohin ich gehe . Sie fliegen in das Land X, ich flog in das Land Y. Mit dem Gefühl, gebraucht zu werden, wichtig zu sein. Begeisterung erfüllte uns. Aber das Gras fragt den Regen: Was ist das? Ein Mensch unter Menschen, ein Staubkorn unter Staubkörnchen. Der Wind dreht die Richtung und sie tauchen ein in einen anderen Strudel. Dies Auf und Ab, sie sagen Schicksal und morgen sind sie nicht mehr. In Liebe zusammen, in Lebenslust auseinandergeweht. In der Begeisterung trug ich die Welt in mir. Es ist schwerer wieder Ich zu werden, Staub von Staub. Wenn ich und Welt wieder zwei Dinge sind, werde ich wieder sehen und singen können: aus mir heraus, in sie hinaus, hinein.

Papierrose

Du bastelst eine Rose, ich ziehe einen blauen Strich durch ein grünes Wasser. Du sagt Allah und lauschst  in die Stimme des Meeres.
Ich höre das Meer unter der Stimme der Möwe und bestaune das Wunder.
Du beendest Dein Werk und sinkst in einen tiefen Schlaf.
In mich sinkt er hinein.
Über unseren Träumen breitet die Nacht ihre Sternennetze aus.

Wie weit voneinander lösen sich unsere Gedanken im Strom der Zeit?
Siehst du das Blatt meines Lebens versunken in einer Erinnerung – wie ich das Deine?

Schattenspiel

Das ist ein Schattenspiel. Vor der im Licht der letzten Herbstsonne brennenden weißen Wand dieses Hauses erscheinen die noch grünen Blätter am sich biegenden Strauch schwarz. Dieses Lichtundschatten brennt sich in mich hinein. Ein ewiger Augenblick. Beim Nachlesen schon vergessen.-
Was war das Leben? Diese Helligkeit, die mich begrüßte, dieses Schrillen und Singen aller Stimmen auf einmal. Welt. Alles.

Und vor diesem Flirren, Leuchten, Brennen schwarz, scharf unterschieden von allem und allem dieses Du. Pflanze, Tier, Mensch, Liebstes unerkennbar überdeutlich. Einer Schwalbe plötzlicher Flug. Schrei: überglücklich, mörderisch, panisch. Ja: Der Tod im Leben. Nicht das Leben im Tod. Jetzt soll der Regen mal kommen..

Mein Freund mit riesigem Wissen

Es ist soviel mehr wert als in der Buch-Form: Als es niedergeschrieben wurde, war es durch die schwer machenden und dunkel färbenden Ereignisse eines Lebens wertvoll geworden. Nun ist es auch noch durch die inneren Feuer meines Freundes hindurchgegangen. Glühend zeigt sich die Wahrheit neu. Da will ich sie wieder sehen, hören. *kurz nach dieser Begegnung starb er.

2.5.19

Meine Sehnsucht kehrt um

Phantasie

Meine Sehnsucht kehrt um.

Ich komme daher, wo du hingehst. Ich denke, dein Weg ist gut.

Ich kann dich nicht begleiten. Aber ich werde dir hoffentlich immer wieder begegnen.

Ich habe vom Schönen und vom Abendmahl genug getrunken. Wenn auch viel Schweres war.

Jetzt will ich die Wiesen wieder sehen, von denen ich in den Regentagen meiner Kindheit träumte.

Ja ich liebte Blumen, Wiesen, Vögel, Schmetterlinge und wollte doch hinaus in das "Große" der Welt, wie Du.

Als ich Vater von Töchtern, von einem Sohn war, tat ich wie Dein Vater. Ich ging mit ihnen in die Zukunft, freute mich an ihrer Hoffnung, wie es jetzt Dein Vater bei Dir tut, wie es Deine Mutter so gerne tat.

Und ich versteckte zu oft meine Freude hinter dem Ernst, wie jene bei Dir.

Aber jetzt bin ich umgekehrt, freue mich an den Landschaften aus denen Du voll Leidenschaft hinaus willst. Ich freue mich an Deiner Hoffnung, aber auch an diesem Grün unter Deinen Füßen, am Vogelgesang, am Klang der Glocken aus der Umarmung des Lebens.

Ich kehre gerne erneut um, gehe ein paar Stunden mit Dir, höre Deine Hoffnungen mit Freude und - Sorge, spüre auch Dein Herzklopfen, zeige: es kann gut gehen.

Und wir werden uns wieder sehen, wiewohl wir uns doch voneinander entfernen. Denn unsere Wege haben schön verschlungene Umwege.

Gehe froh und mutig deinen Weg.

Ich sehe dir nach, sehe dich gehen und kommen.

Es gibt Einsamkeit und Trauer. Aber auch das warme Gefühl, wenn der Blick auf geliebte Menschen fällt.

2. Mai 2019

25.4.19

Neu über Sehnsucht

Zwischen verlorener Wichtigkeit und Einschätzung des Pflegegrades notiert Dr. Smirc:
"Die Hoffnung auf ein zweites Leben.
Könnte es denn schöner, könnte es besser werden?
Die Spinne auf dem Grabstein
Erwartet Biene und Amsel.
Bedauern und trauern
unter Vogelzwitschern und fernem Flugzeug in die Sehnsucht. "

Sein alter Freund, Dr. Warnix, Psychagog und literarischer Reimeschmied, fügt ein Gedicht in den Vogelruf.

"Singe,
  erfülle den Raum,
  rufe das Echo,
  hier brach der Mut
  die Tränen rinnen.

  Weit ab in Erinnerungen
  höre ich Deine Stimme.
  Es ruft mich. -

  Erfülle den Raum
  mit eines Vogels Gesang!
  Und lass uns lauschen!"

Wie dankbar er ist, that he made her smile.
Wir seien doch im Wunder, was brauche es Auferstehung?!

Das Kind, aus dem sie einen Picasso des Erfolgs machen wollen!
Affen des Ruhms.
Sie verstehen so wenig wie irgendein Zeitgenosse des van Gogh.

Der läuft aus der Welt des Grau auf das Leuchten der Farben zu. Um die graue Realität wissend schenkt er uns die Farbe.

Im Banne des Besonderen!
"Soll es den nichts besonderes geben?"
Existenz,
nicht: Dasein, Dortsein, Sosein
-Gewäsch des Heidegger-
ist Besonderheit und unfassbar genug.

Konrad Beikircher, das Gemüt, spricht saftvoll am von ihm verstopften Zu- und Abfluss der Kultur.
Wer nicht?
Es blubbert wie Rilke und Rückert.
Meringue an Butterbrezel.

Derweilen kommen Mensch und Urmensch vom Rottweiler auf den Wolf.
Und der Höllerer kommt einfach nicht runter. Es geht ihm einfach von Tag zu Tag und in jeder Hinsicht immer besser und besser uns besser. Tapfer bewässert er die eingetrockneten Sehnsüchte in der Langeweile der Gescheiterten. Das gibt Geld für das schwarze Loch, das in den unendlichen Raum eines weinenden Ich expandiert.

Fast schön dagegen der noch hinauf klönende, tönende Abendschön im Rausch der Erwartung.

Dr. Smirc, unerwartet: "Lass doch den Reimeschmied, den Farben- und Musikpansch! Gott senkt sich auch in die ranzigen Schmalztöpfe!"

Ist er nicht geheiligt durch die Freude der Mitbewohner Deiner Zeit?
Ja, ja: "Das Huhn das goldene Eier legt"! Du willst es doch nicht schlachten! Willst Du ihm etwa gefallen?!-

Du hörst die Stimme nicht mehr!
Ist denn er, sind denn jene Schuld?
Ja, sie verstopfen nicht nur Kultur und Sinn.
Aber: Du kannst woandershin hören...

*

Das Sehnen sehen.

"Sehnsucht nach Gott" singen die Gläubigen,
nach Liebe seufzen die Menschen der sichtbareren Wirklichkeit.

Vielleicht kriegst Du die Sehnsucht klein, wenn Du sie in hundert definierbare Wünsche teilst. "Du trauerst ja nur Deinem eigenen Verlust nach!", "Warte erst mal die nächste Woche ab, da wird das Wetter besser!" Es sind die Menschen und ihre Zuneigung, es sind Berührung und Barmherzigkeit. Aber auch Freiheit und Kraft, Kommunikation, Kooperation, Wettkampf.

Sehnsucht hat die tausend Wünsche des Willens und das eine mehr, das sie von planer Hoffnung unterscheidet. Und wo sie die Hoffnung verliert, flutet die Sucht.

Das Buch "7 Wege aus der Einsamkeit" wird vorgestellt. Klingt gut.

Wer schreibt, braucht Distanz. Einmal, um besser zu sehen, einmal, um frei schreiben zu können. Das braucht keine mystische Erklärung. Aber wer glaubt Virginia Woolf ihre Worte?

Auch notwendiges Alleinsein bringt Einsamkeit mit sich. Wer kann schon seine Bedürfnisse "richtig" steuern?
Der andere, die andere brauchen ja auch ihren Wechsel von Nähe und Distanz. Wenn die Einsamkeit dann schmerzt, ist es gut zu wissen, welche Wege aus ihr heraus führen.

Es könnte auch sein, dass die Einsamkeit des Alters eine andere ist als die der Jugend.
Die Lustlosigkeit und der Packen der Erinnerungen und der Ängste verstärken die Isolation, die Sehnsucht wendet ihren Blickwinkel.
Der Weg liegt im Schatten oder die untergehende Sonne blendet. Pflichten lähmen das Vorstellungsvermögen. Du verstehst nicht mehr gut.

Wie lange noch, bis Du die Wohnung nicht mehr verlassen kannst, anderen Menschen zu begegnen?
Schon ist die Zeit um! Schon nimmt die Sehnsucht das Nichts und das Verlorene in den Blick.

Wer will davon hören. Es ist eine Stille im Lärm, wie im Netz.

In der Einsamkeit betrachte das Wunder: ins Leben kommen zu dürfen. Da sind Menschen... Die Sehnsucht bleibt und zündelt mit Einsamkeit. Aber Du bist. -