Birds 2013

Birds 2013
smatritje neba

6.1.21

Vulnerabel

Vulnerabel

Das Wort ist mit leicht erhobener Stimme auszusprechen. Ich betrachte die Falten auf meinem Handrücken.

Der Fluss wird breiter. Es lohnt nicht mehr zu tauchen, die goldreichen Gründe liegen weit hinter mir. Aber da sind Nahrung und Kleidung genug, bis zum nächsten Hafen auszukommen.

Menschen. Wie lange habe ich keine mehr gesehen! Manchmal tauchen Gespenster in Masken aus dem Nebel der Ufer. Traurige Figuren, mechanischer Gang. Wie ohne Ich. Manchmal nur dringt der ferne Lärm eines Festes herüber. Oder ist es Schlachtgetümmel?

Sonst bleibt es ruhig. Das Radio mit den immer gleichen Songs meiner Generation und den immer gleichen Ermahnungen habe ich ausgeschaltet. Das Paddel macht das vertraute Geräusch von ins Wasser schlagenden Flossen. Ich lese ein Märchen, gehe zum Essen an Land, packe Zelt und Zigarren aus.

Die Falten ziehen ein Netz um blaue Adern. Altersflecken treten aus der Zeit, geplatzte Blutfasern kommen an die Oberfläche. Auch ich spürte früher ein unangenehmes Gefühl beim Anblick der Alten. Höre ich das Wort "vulnerabel" glaube ich einen leichten Ekel zu hören von beschäftigten Menschen, die Dich umrennen, weil sie Dich nicht sehen, auf Deine Langsamkeit nicht gefasst waren.

Da sind x Menschen gestorben, ein Mensch hat y Menschen umgebracht, der Minister z appelliert an die Menschen im Lande. Auch diese Verwendung eines Begriffs zeigt sich als verächtlich: Hanna Ahrend hat davor gewarnt: die Rechte der Person sind keine der "Menschlichkeit", sondern der Person. Der mitleidige Ton im Wort "Vulnerable" macht mich zur Verwaltungsmasse.

Ich fahre zu den Menschen. Ich brauche ein Gespräch mit mir Gleichen und Freien. Aber das Forum ist versperrt und die Lautsprecher tönen.

Ich lege ab. Dein Kanu an meiner Seite. Ich streiche über meinen Handrücken und schaue in Deine Augen. Sieh, unsere Schatten reichen zum Horizont! Wir reden.

Klaus Wachowski 6.1.2021

31.12.20

Einen Strich ziehen

Ich träume davon, einen Strich zu ziehen.

Wie wohlhabend ich doch bin: ich habe eine Feder, ein Glas, weißes Papier von der Rückseite eines Kalenders.

Etwas seitlich von der Mitte setze ich die Feder an. Ich bin alt und habe mir vorgenommen, anders als in der Jugend keine raschen Striche mehr zu ziehen, sondern langsame, bewusste, um den Fortschritt zu genießen. Der Apotheker Hertel aus Weinheim hatte vor langer Zeit einmal einen Kurs nach chinesischen Meistern des 11. Jahrhunderts gegeben. Eine steife Technik wie im europäischen Mittelalter. Aber damals lernte ich den langsamen Strich schätzen.

Ich betrachte das Ergebnis. Eine schwarze Linie bricht in die Nebel der Zeit. Erwartungen oder Vergessen? Ich sehe die geteilte Welt.

Der Schreiber Handke, der einmal Roman-Dichter sein wollte, liebt das Weißeln: mit dem Farbroller über die Bäume. Manche lieben es. Ich finde das Leben selbst schöner. Und ich beginne mit einem Strich. 

Wohin führt es mich? Wenn das Kanu Richtung Meer geht, muß ich nicht mehr mit Wasserfällen oder Stromschnellen rechnen. Gerne tauche ich noch das Paddel ein, treibe durch das Delta. Nur den Dämpfen der Sümpfe nicht nahe kommen! Ob ich heute Abend ein warmes Ufer finde mit Treibholz für das Feuer?

Der Strich erreicht das Ende des Blattes. Ob ich eine neue Linie aus ihm ziehe oder ganz frisch ansetze? 

So betrachte ich nun Bilder.


31.12.2020              Klaus Wachowski

 

 


30.11.20

In den Baum schauen

In den Baum schauen,
Dahinter Himmelblau.
Braun und rot ìm Licht
fallen die Blätter,
sie fallen und fallen.

Von Enthusiasmus leert sich das Leben.
Kalt hinter Zweigen und Ast.

In den Baum schauen,
warten und schaun.
Sie fallen, leuchten und fallen.

Klaus Wachowski 30.11.20

17.11.20

Gelöscht aus 2009 - unter 10 Leser*innen

Konkret: Barbie Turat 8 Leser*innen 1 09

Beim Lesen der Meereswellen 2 Leser*innen 2 09

Amok und Narziß 2 Leser*innen 3 09

Mythos Milgram 2 Leser*innen 4 09

Sonntagsfahrer 3 Leser*innen 5 09

Der Vesuv 3 Leser*innen 5 09

Ideologie 3 Leser*innen 6 09

Schock 2 Leser*innen 6 09

In 7 Jahren 1 Leser*innen 6 09

Blues kein Leser*innen 6 09

Vorabdruck meines Jazz-Buchs 2009 8 Leser*innen 6 09

Frühling Mauve 2 Leser*innen 6 09

Bedeutung 6 Leser*innen 11 09

Liebe und Tod 5 Leser*innen 11 09

Weihnachtsglitz 3 Leser*innen 11 09

Caprice 15 Paganini 5 Leser*innen 11 09
















Gelöscht aus 2008

Café Einsamkeit 7 08  20 Leser*innen

Mit Shiva bei Strindberg 12.08

Epidauros 12.08 

Meine Shildkröte heißt Einstein 11.08

Die Autotür schlägt zu und das Nichts umfängt mich

10.08

Hellblauer Alien im September  7 08


13.11.20

Vergoldete Schuld

An diesem Schreibtisch hat er ausgewählt, welches Leben noch sinnvoll zu retten sei und welches ohnedies sterben müsse. 

Warum sollst Du das noch lesen (-nach Wikipedia):

Carlo Schmid

Deutschland und der Europäische Rat…

Regierung und Parlament. …

Vier Jahre Erfahrungen mit dem Grundgesetz. …

Die Opposition als Staatseinrichtung. …

Macchiavelli, ..

Der Abgeordnete zwischen Partei und Parlament. …

Der Deutsche Bundestag in der Verfassungswirklichkeit. …

(mit Horst Ehmke und Hans Scharoun): Festschrift für Adolf Arndt …

Politik als geistige Aufgabe; Gesammelte Werke ..

Der Deutsche Bundestag. Ein Essay. ..

Das Fundament unserer staatlichen Ordnung. …

Demokratie – Die Chance, den Staat zu verwirklichen. …

Europa und die Macht des Geistes. …

Erinnerungen. ..


Ist die Haltung des entronnenen Täters nicht bezeichnend genug? Wenn er Verzeihung anmahnt, christliche Haltung in allen Lebenslagen, die Antwort seiner Opfer auf die Tat aber scheut. Es war schließlich Mord. An dem er zumindest beteiligt war. 


Und warum bittet er anstelle der Opfer um Verzeihung für den Massenmörder Sandberger bei den Richtern?

Glaube nicht den Verehrern.


Dagegen ist OLG-Chef Goller ein kleines Licht. Vielleicht hat er ja wirklich "nur" einem Künstler die Karriere verdorben. Vielleicht wurde er ja wirklich "nur" aus Versehen zum Politoffizier vorgeschlagen, in der Ukraine, wo doch auch Babi Yar liegt. Und wo ein Staatsanwalt niemals nur "einfacher Soldat" war!

Der Punkt ist doch: er hat am Aufbau des Mordsystems mitgewirkt, hat sich zum Staatsanwalt des Bösen machen lassen, statt auf Karriere zu verzichten, die dann andere gemacht hätten. Er hat ohne Scheu den Übergang gemacht, keine Beförderung abgelehnt, die Ehrung unverdient eingesteckt. 

Glaube nicht an die Seriösen vom Club.


Und wer war nochmal der dritte unter den Humanisten?

Der Schumann von der Gaukultur, der nachher der Karlsruher Literatur präsidierte, geehrt, geleckt von der Wohlstandsidylle. 

Du kennst den Plunder.


Was ist mit Arno Schmidt, dem frank- und freien von der SS-Bewerbung, von der stillen Tätigkeit im norwegischen Außenposten? Einige Russen hungerten innerhalb des Zauns. (Wohin verschwanden sie?)

Er änderte nicht den Namen, nur das Geburtsdatum.

Sein Apostel schweigt statt düsteres Wissen neben der Heiligenverehrung zu verkünden.    

Lüge des Ruhms!


                            *

Ich gehe durch die knapper bemessene Zeit. Was für eine Bedeutung kann es noch haben? Die Dünen der Ewigkeit wehen meine Erinnerungen zu, türmen sich vor meiner Zukunft auf. Die Wurstigkeit streut ihre Samen aus. 

Ich rufe in Eure Zeit, den Faden weiter oder neu zu spinnen. Tut es gut nach Eurer Weise. Vielleicht ist's eine kleine Hilfe. 

Fern wie die Sterne, von denen es auch nichts mehr gibt als die Lichtspur. Es war einmal..


6.11.20

Der Ast

An diesem Ast

Hängt noch ein Blatt

Aus der Zeit in die Ewigkeit.

Es wird fallen, fallen,

Lebt, wie es kann.

 

Die Jahre des Affenkönigs sind vorbei. Die Ratten verlassen das sinkende Schiff und versuchen das schwankende zu erobern.

 

Wir sind noch einmal davon gekommen. Die Republik steht schwer angeschlagen um uns herum.

Beginnen wir mit der Reparatur, beginnen wir mit der Sicherung.

 

Sei. Und erfreue Dich Deines Lebens. Feiere!

Aber lehne dich nicht zurück in eine private Mystik

oder in eine Hass gärende Weltanschauung.

Schau genau!

 

Dies ist Leben

es gibt kein richtigeres,

kein tieferes,

kein höheres.

 

Ich schaue in mein Glück, in mein Leid.

Du bist da.

 

Ein Blatt ragt aus dem Leben in die Ewigkeit.

Auch es muss fallen in eine bewusstlose Zukunft.

Es wird sein. Es wird vergangen sein.

Nicht mehr Blatt, nur noch Teil.

 

Dies ist der Tag,

dies ist die Nacht.

 

Ich sehe hin zu den Bergen.

Von wo kommt mir Hilfe?

Sie ist da.

 

Wir sind vom gleichen Stern

 mit Namen Liebe.

Fratelli tutti...