Birds 2013

Birds 2013
smatritje neba

13.12.16

Seltsamer Ort



Die Wolken werden dunkler, die Kälte beißender. Unter den schrillen Sebsterhöhungen und dumpfen Drohungen eines Politclowns schwirren gleisende Lichter, düstere Schatten darüber.

Das Kind kann sie nicht sehen, aber sie stürzen in die Seelen der Älteren, verhärten sie, wirken als mürrischer, genervter Umgang, erregen Mißtrauen, Niedergeschlagenheit, Verlorenheit. 

Er weiß es nicht, daß sein wiederholter Gang auf die Berge zu an die Worte von Anne Sexton über das schreckliche Rudern auf Gott zu erinnert. Was sucht er in den Wäldern? Es mag schwieriger für die Orks sein und stiller. Aber dafür lauert im Schatten die Angst.

Er sucht den Brunnen vom Rand der Lichtung. Dort erschien ihm einst erstmals das Gefühl, angenommen zu sein. Waren es Wärme und Licht und kühlender Schatten? War es das Plätschern des Wassers? Es ist kein Kraftort für Esoteriker, die Wandervereine zersingen mit guter Stimmung das Schweigen, Förster, Jäger, Arbeiter verstehen erst, wenn sie ihre Aufträge und Projekte ablegen. Ab und zu verirrt sich ein Vertreter für Staubsauger oder Versicherungen in strack gebügelter Seele hierher, geführt von bohrender Einsamkeit, die das Leben als Akquise nicht mehr aushält. Ein Blatt fällt, und es geht weiter. Spesen gespart.

Dies ist ein ganz individueller Sehnsuchtsort. Und der Junge geht immer wieder darauf zu.

Es ist kalt und die Wolken werden dunkler. Die Reben rechts und links der Straße zeichnen expressionistische Tuschen in die Luft. Aber daheim und in der Stadt bereitet sich ein zunehmendes Wirgefühl auf das große Weihnachtsfest vor. Es klappert, hämmert, sägt, plappert, ruft einander zu.

Man erwartet doch wohl nicht die Wiedergeburt Christi? Aber man erhält doch einen feinen Abglanz von Frieden und Freundlichkeit. Liegt nicht schon darin etwas von Paradies für das in Einsamkeit der Liebe geborene Wesen Mensch? Der Junge weiß nicht, daß er durch die letzten Tage des Jahres der Barmherzigkeit geht. Wo es seiner Welt gut geht, fühlt er sich frei, seinen Ursprung aufzusuchen. Hier sang der Vogel.

Er taucht in die Waldwege ein, wird sein Ziel finden. Vielleicht wird ihn sogar ein Duft aus der Erinnerung berühren. Und er wird beschwingt zurückkehren, seinen Platz in einem unaufgeregten Alltag wieder einnehmen.

Was wohl aus ihm werden wird? Ob er überhaupt mein Alter erreichen wird, einen Raum der Sicherheit und von Horizonten? Ob er dem Wunder Liebe begegnen wird, verschont wird von Verlust der Liebe?

Ich wünsche ihm Menschen und Berührung. Ich wünsche ihm die Fähigkeit und die Möglichkeit, diesen, seinen Platz immer wieder zu finden.

16.11.16

Spree

Durch Schreiben bewältige ich Erfahrungen.
Anne Sexton an ihre Ärztin

Das sind die zusätzlichen Voraussetzungen, damit Dichter leben können. Fußballer brauchen auf gleiche Weise ihren Kick. Der Mensch lebt nicht nur vom Brot allein. Soweit mein Credo.

Auch in diesem Leben spricht sich aus: Liebe sucht Einsamkeit, Einsamkeit Sex. So kommen Menschen in die Welt, bleibt sie bewohnt. Aber die Berührung öffnet der Sexualität die Sehnsucht Liebe. So kommt Sanftheit und Wärme in die Welt, Glück.

Eine junge Mutter fährt ihren Edelkinderwagen die Spree entlang.

"Sieh hinauf: es wird immer wieder Tage geben voll Kälte und Regen. Und kein Ende in Sicht! Was hilft Liebe unter grauem Himmel, was der Mensch? Hier bleibst Du Ich und ohne Du. Du mußt etwas tun, ein Licht anzünden, Dich an ein brennendes, ein warmes Wort setzen. Es lohnt. Regnete der Regen auch jeglichen Tag."

Die Mutter wird durch ihre Gedanken selbst stärker und richtet sich auf.
Anne rudert zu Gott. 

Er hat sie ja schon in ihre Arme genommen. Sie muß sich nur tiefer in seine Berührung graben. 

Es ist schwer. Du weißt es. Der Riß zwischen Ausleben und Lieben. Geh doch etwas sorgsam mit dem Menschen um, gerade mit dem, den Du Du nennst!
Du kannst nicht immer und überall helfen. Erfahren mußt Du es gerade an Deinen Liebsten, rudern sie zu Gott, fliegen sie der Befreiung vom Leiden zu.
Grau der Regen an der Spree. Wo Anne auf Gott zu rudert, scheint Sonne aus einem himmelblauen Himmel.

Nimm den Himmel von ihr. Aber gehe noch ein Stück Weg am Ufer. Auch Dein Weg führt zur Pforte des Nichts. Genau besehen wölbt sich bereits ihr Eckstein über Dir. 

Was kann ich Dir zeigen, das erleben lohnt? Fast alles! Ja, jetzt sind Tage grau. Setze Dich an eine glimmende Erinnerung, gut zum Anzünden von Hoffnung. Höre die Stimme in den Worten eines Du. Hast Du keines, worauf wartest Du, es zu finden? 

16.11.2016 Klaus Wachowski

27.10.16

Resumee Literatur

Literatur

             40% Bobbestheater, Reimeschmiede, sog. Mundart und sonstige Gemütlichkeit
             Provinzpreise

             30% Leben öd, manchmal spannend nachgeschrieben, Liebesromane, Krimis, Fiction, Erfahrungen, Dokumentation 
             Provinz- und Kulturpreise

             20% Sehnsucht, Begeisterung, Trauer, Einsamkeit, kritische Vernunft, Menschlichkeit
             Ab und zu ein Preis

Bis zu 10% Wunder des Wortes

10.10.16

Weg aus der Wüste


Was war der Unterschied zu einem Spiel? Daß da auch wirkliche Menschen waren, die wirkliche Menschen haßten.-
Jetzt spiele ich Ohnmacht des Alters. 

Aber das Buch von Linda Gray über ihre Mutter Anne Sexton nimmt mich gefangen. Mutter und Tochter überfliegen die Hürden, kommunizieren über Fragen von Gedichten. Eintauchen in das Betrachten von Welt. "Würdest Du nicht eher sagen: Fluß? Oder fühlst Du Dich tatsächlich im >Strom< besser getragen?
Sich nicht vom Bild verwirren, das Wort frei lassen. Über den Wassern zueinander finden.

Ein Weg aus der Wunden reißenden Realität, aus dem von Angst erfüllten Raum der Krankheit, zu den Menschen, in die Welt zwischen uns.

Die Erkrankung trieb zu Kompromißlosigkeit, wie wohl auch bei Silvia und Virginia. Ohne die Erkrankung hätten sie sich kaum hinausgewagt in die Welt der kungelnden Bruder- und Schwesternschaften. Ihre Worte wären im Sand der Zeit begraben worden, wenn sie je den Weg aus der Wüste der Bescheidenheit gefunden hätten.

Dazu stehen, anders zu wollen!

Klaus Wachowski 7.10.16

30.9.16

Schnäppchen bei Hartz IV.

Tatsächlich: Houellebecq, Sloterdijk und Handke für 3 Euro.
Räume des Ich, weit ab. Vielleicht vereint sie der Drang nach Klassik, die Ferne zu Dylan,Stones und Beatles pp..
Der Älteste ist schon in laue Gefühle versunken, schaut in die Schüssel. Er wird den Geruch von Erdbeeren über Massengräbern nicht los. Ihm herbstelt.
Ein besoffener Russendeutscher flucht sich eine Gasse durch die Touristen, der Alte von nebenan zieht sich zum dritten Mal die Hose aus, die Pflegerin wirft wütend die Windel weg. Glocken läuten Sonntag.
Houellebecq geht zum Rednerpult. Schmollt einige Enttäuschungen vom Stammtisch des besseren Wissens ins Literarische. Das da capo eines Nietzsche-Publikums läßt nicht auf sich warten.
Kastanien fallen. Kinder jagen nach ihnen wie nach einem Schatz. Gott schickt zwei Zeugen Jehovas ins Café Einstein.
Der Raum krümmt sich. Handke versucht etwas Müdigkeit zu verstehen, Houellebecq sorgt sich um europäisches Kinderkriegen. Die Zeugen ziehen unverrichteter Dinge ab.
Dröhnender Wagner fällt ein, Begriffe bestrickender Sloterdijk.
Sie betrachten Weibliches, werfen ihr Ich in alle Richtungen des Beifalls. Manchmal nicht ohne Witz und auch schon mal im Anzug. Strindberg ist das nicht gerade. Die Jugend macht ihr Ding. Die Republik will’s jetzt lieber doch mal mit dieser versuchen.
Alt sein ist bitter. Aber ich liebe Tonic.
Ich nehme es gerne mit einem Absolut des Kommissar Beck, kehre dann aber wieder zu einem ordentlichen Wein von Thomas Bernhard zurück.
30.9.2016 Klaus Wachowski



20.9.16

Zwei Ausblicke



"Viertakter mit zwei oben liegenden Nockenwellen. Da gibts soo geile Sachen. Zahnradkaskade.- Die Italiener haben damals..." Der Altherrentisch kommt ins Schwelgen. Fredo Sega weiß nicht wie ihm geschieht.

Vor dem ins Billige gespreizten Post-Center steht einer am Cafétisch. Schwarze Zimmermannshose, schwarzes T-shirt, schräge Mütze. Er steht etwas gebeugt, um sich leichter abstützen zu können. Ein kleiner Kaffee, eine Zigarette. Nervös allein.

Das Holz ist geschnitten, der Eimer geleert. Er hat die vorgezogene Pause nicht weniger verdient als Du, die/der Du ihm jetzt hinter dieser Notiz hervor zusiehst.

Was sieht, erkennt, sucht er in den vorüber hastenden Glückssuchern? Und warum gehst Du Leute gucken? Es ist da etwas wie Glitzern auf Meereswellen, Zwitschern aus dem Wind in den Blättern.

Vor einem Jahr noch schaute er auf die Unkrautpromenade am Zaun des Betriebs seines Meisters. Aus der Leere in eine erstarrte Zeit. Da war Vogelzwitschern aus dem Wind in den Gärten.

Beides hat Schönheit, Sehnsucht und eine tonische Traurigkeit, die Lust auf mehr Warten macht.

Spürt er etwas von der Kälte einer Hinauferziehung? Oder war da Liebe und Wärme? Er zieht jedenfalls nicht wie ein Erstickender, eher mit einem leichten Aufleuchten der Augen an der Zigarette.

Das Leben versichert mir: "Der Mann ist okay!"

Dann in der Strassenbahn von S herein sitzen hintereinander drei, denen jemand oder etwas die Hoffnung aus der Haltung gekratzt hat.

Bleib bei Dir! Du hast immer zwei Ausblicke zur Verfügung.

9.9.16

Waldweg

Ich sah

das Licht, das in die Schatten bricht,
Schatten, der ins Leuchten kriecht.

Was ich auch sah,
ich erkannte nicht.


9.9.16 KW