Birds 2013

Birds 2013
smatritje neba

29.9.23

Der frische Geist

Der frische Geist faszinierten Glotzens und der vorauseilende Applaus 

Politycki liest. Nicht im Literaturbetrieb verortet waren mir Mann und Name nicht bekannt. In Wikipedia gewaltiges Lob. Ich hab wohl etwas verpasst. Wenn man sich nicht mit dem Parnass auskennt, wo auch suhrkamp pp den Golfplatz der Literatur bewirtschaften...

Anlässlich Maron scheint sich der ehemals Linke eher der besonders freien, ebenfalls ehemals linken Nachdenkseite zugewandt zu haben. Zur Migration verteidigt er wohl die freie Meinung der intellektuellen Bewohnerschaft des goldenen Bergs gegen das ans Ufer geworfene Afrika. Selbst hält er sich vorsichtig in Wien zurück.

Was aber interessant erscheint, ist mir seine Befürchtung des erneuten Untergangs des aufgeklärten Abendlandes. Trifft da das "weltreisende" Nietzscheanische auf den kolonialen Buchhalter vom bedrohten Automatensex Houellebecq? 

Von Hamburg nach Wien? Schwerer Verdacht: Vom Welthafen zum Schnitzel. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Spülmaschine zu befüllen. Man muss daraus keinen Kulturkampf konstruieren. 

Die Weltuntergangsängste vieler Enttäuschter meiner Generation scheinen mir das eigene Alter des Abstiegs in die Unwichtigkeit zu übersehen. Die Wichtigkeit wankender Posten wird mit dem Untergang der Republik verwechselt, die von ganz anderer Seite angeheult wird.

Dabei ist doch nur der Nietzsche alt geworden, der ohnehin nicht viel mit der Freiheit der anderen am Hut hatte. Der eingefaltete Zarathustra schaut in den Spiegel des Narziß, sieht dessen Natur gemäß nur Schönheit des Ich und bösen Hintergrund. 

Das Altersproblem verlorener Wichtigkeit, fortgeschritten bei Walser, Sloterdijk, Handke und vielen, vielen sinkenden Strebern,  die sich vor wutharzendem Ärger über die gewiß auch überzogenen Sehnsüchte und Ängste der jetzt dranigen Jugend nicht lassen können. 

Zitat aus dem Roman Herr der Hörner (2005) in Perlentaucher:

"Mitunter war ich so restlos beschämt von diesen Eruptionen physischer Macht, dass ich mir einzureden suchte, in meiner weißen Haut die epochale Erschöpfung der gesamten Alten Welt zu spüren."

"Eruption physischer Macht?" Er meint Gewalt. Was soll da Beschämung statt Angst oder Zorn, statt Handeln, Angriff oder Flucht? Auch er redet vom "Abendland", vom "Westen" und von Demokratie als einer Ikone. Republik aber ist ein Bekenntnis der Aufklärung und jeder bürgerlicher Revolution aus jeder Herrschaft jeder Zeit und jeden Ortes, das sich mit Gewaltfaszination nicht versteht. 

Literaturen des Erlebens und Berichtens. Eine andere Literatur habe ich gerade über den Bücherschrank der Welt zurückgegeben. Natürlich war Robert Walser kein Nobelpreiskandidat. Ihn interessierte nicht, wohin der Golfball fliegt. Das Betrachten. Schließlich faszinieren noch die die Literaten des Glotzens, besonders des herrschaftlichen Glotzens und der Ergötzung. 

Und auch hier gilt, was die Republik sagt: nicht der Verehrte, die Verehrung ist das Problem. Nicht der Herrscher, die Gefolgschaft.

Warum nicht? Ich muß es ja nicht lesen.
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26.9.23

Bonhoeffer an Putin

Ich sitze im Herbstanfang und simuliere.


Schmetterlinge, Plätschern, Sonne und Himmel. Hinter den Dächern der Hochhäuser eine langgezogene flache Wolke mit kleinen weißen Bergen in Grau. Und dahinter Himmelblau.

Es ist nicht das russische Wort für Frieden, was da in die Stille platzt: "Mir!" Unter dem Einschlag des Ichich zieht sich die Hoffnung des Kindes plötzlich zusammen. Aber dann läutet es plötzlich aus dem Wolken.

Gedanken steigen auf, verflüchtigen sich in sich lösenden Gefühlen. Raben und Schwaben, Spatzen unter Baumkronen. Von der Erinnerung Blüten auf der ersten Sommerwiese im Frühling.

Es ist nicht "mir", es ist allen! Platz und Raum sind eine
Beerdigung.

Zeit vergeht.  Die Wolke steht unverändert unter Blau und über Grau und Grün. Dr. Smirc und sein Freund, Dr. Warnix, Psychagog und Nazikenner, reden über Zunahme der deutschen Sehnsucht nach Diktatoren. Die Republik, Freiheit, gleiches Recht und Teilhabe, ist eben keine Erscheinung von Nationen sondern ein Austausch zwischen Personen. Das Wummern von Hasstrommeln des Ork erklingen in der Ferne.

Jemand aus wichtigen Zeiten hat einen Brunnen mit trinkbarem Wasser hierhin gestellt und eine einsichtige moderne Behörde läßt ihn weiterrauschen. Eine Biene ergötzt sich, lockt andere nach.

"Wie langweilig!", seufzte ich innerlich noch vor zehn Jahren. Jetzt darf ich in Unsichtbarkeit und Vergessen richtig gute Luft atmen.

Da ruft es "Freiheit schaffen ohne Waffen!" und "Freiheit für alle politisch gefangenen!". So habe ich früher auch skandiert. Und zudem sitzt mein Bruder aktuell beim Faschisten im Gefängnis. Aber der Tonfall erinnert zu stark an KPDML. Die haben doch die schlimmsten Diktatoren unterstützt. Und das Trommeln war nie ein Zeichen von Revolution der Freien und der Republik.

Politisch gefangen?! Wer ist das hier und heute?

Jetzt klingt das Schreien wie "Frieden, Freiheit, - Souveränität(?!)"

Und da singt es von guten Mächten, das letzte Gebet des von Nazis verfolgten Pastor Bonnhöfer. Früher fragte man sich bei solchem Maskenspiel: "Pol Pot oder Nazi?" Heute: "Pegide oder Nazi?"

Der Einpeitscher redet von der "Schlinge des Systems", auf dem Plakat der faule Spruch vom Widerständler, der als rechtsextrem abgestempelt wird. Alte Leute, die ehrlichere Kämpfe erlebten, gehen empört, wie zuvor der einzige Migrant.
 
Politisch gefangen... Für Ali und X haben sie nicht gesungen. Im Netz lese ich, dass Pegiden jetzt mit dem Namen "Widerstand" Reklame machen. Putin lächelt maliziös. Ein Wolf heult: "Seien Sie herzlich willkommen in unserer Gemeinschaft!"

Smirc und Warnix, unverbesserlicher Psychagog und Dianetikpetze, können es nicht lassen. Sie gehen noch auf einen Schluck Optimismus im "alten 68er", eigentlich zum alten Eisen. Der Gott in der Seniorenlust läßt mich zum Trost ein Löffelchen Hinfälligkeit probieren.
Persönlichkeitsbildung   in  der DDR.

Hoffentlich muss ich nicht den ganzen Teller aufessen.
Erinnerungen erheben sich, verklingen in der Ferne.




30.8.23

Karl Kraus im Bücherschrank

Der Bücherschrank ist das letzte Lachen der untergehenden lesenden Gemeinschaft.

Karl Kraus verdanke ich Klarheit der Gedanken in ausfließenden Zeiten.

 Der "Verrat" der 68er an das Familienleben und eine ins Romanhafte verschwindende Literatur hatten mich die Orientierung verlieren lassen. 

Karl Kraus, der im Übergang der Deutschen in die erste Republik, in rauschhaften Zeiten, dem Individuum und der klaren Sprache ein treuer Begleiter blieb, half auch nach 68 und später selbst nach 89, dem Jahr des Zusammenbruchs meiner persönlich prägenden Ideologie.

Heute habe ich die Gesamtausgabe in den Bücherschrank gegeben. Schon hat ihn jemand mitgenommen. Es lohnt. 

Danke für gute Begleitung auf meinem Weg ins Eigene! Jetzt ist die Zeit der Erinnerung und des Vergessens angebrochen.

 

30.8.23

18.8.23

Der gesunde Körper

 Vom Sport- und Heilungs- Guru nahegelegt:

Auf einen gesunden Tod hin leben. 

Kurz: Anleitung zum gesunden Sterben.


Im Vorbeigehen höre ich einen sagen: " Der 3. Weltkrieg auf einem deutschen Bierdeckel!" Ich denke: " oder auf einem russischen Zarenzipfel..."

Privatpatient: der Golfplatz unter den Kassenleistungen. Er hilft nicht vor Alterung. Auch im Vip erwachst Du eines Tages als Frosch, den eine Prinzessin aus Ekel an die Wand wirft.

14.8.23

Der Teemeister aus dem off

"Jener Weg war nur mein Weg. Du durftest ihn nicht gehen."

»Warum denn nicht?«

"Es war der Weg des Teemeisters R. Jeder Teemensch geht seinen eigenen Weg. Meister J, Herr S und dein Freund, der gute T, sie alle haben ihren eigenen Weg. Ich weiß nicht, ob er gut ist oder schlecht, aber ich, Rikyu, habe in dieser kriegerischen Zeit jenen kalten, kahlen, steinigen Weg gewählt."

"Wohin führt dieser Weg, Meister?"

"Er ist endlos. Doch wenn eine Zeit ohne Krieg kommt, wird ihn wahrscheinlich niemand mehr gehen. Aber da er allein Rikyus Weg ist, kann er ruhig mit ihm verschwinden."

Aus "Der Tod des Teemeisters" von Yasushi Inoe 1981 suhrkamp
                                  *
Mein Freund bleibt auf der Bank sitzen. Auch er ist eigenen Weg gegangen. Auch er hatte einen unmöglichen Herrn. Auch er ist über 70. Er sieht auf ein Foto der Stadt X am Schwarzen Meer. Die Armenier sollten damals ausnahmslos vernichtet werden. Das vergisst er nicht. Aber jetzt ist es auch wieder der Ort des Ursprungs, von wo Erinnerung und Wehmut fließen. Er lebt in der Welt des neuen Versprechens und der besseren Erinnerungen.

Mögen die Zeiten von Unrecht und  Verfolgung sich wieder am Horizont zeigen. Seine Angehörigen und Freunde und die Angehörigen der Freunde werden die Welt des Schwarms weiter in ihrem Herzen tragen. Und kein Zweifel: sie wird, wenn nicht bleiben, so doch wiederkomm-en - und eigene Wege offen halten. 

13.8.23

La Rochefoucauld

 

La Rochefoucauld, Maximen und Reflexionen

 

Wie ich sehe, fühlte auch Goethe sich bemüßigt. Ich bin zu alt, mir den Oberlehrer noch einmal zu Gemüte zu führen. Aber den Nachdenker, dessen Interesse zum Selbstdenken verführt, gebe ich jetzt zum öffentlichen Bücherschrank, nicht ohne fünf der Reflexionen noch einmal sachgerechten Beifall zu spenden.-

 

·       Nr. 271: Jugend ist unaufhörliche Besoffenheit, Entwicklungsfieber der Vernunft. (Durch Forschung bestätigt, was zur Frage führt: kann man ihr Regierung anvertrauen?)

·       Nr.149: Lob ablehnen, heißt nochmal gelobt werden wollen.

·       Nr. 39: Eigennutz spricht alle Sprachen, selbst die der Uneigennützigkeit.

·       Nr.192: Wenn die Laster uns verlassen, schmeicheln wir uns, wir hätten das getan.

·       Nr. 45: Die Launen des Gefühls sind schlimmer als die des Schicksals

 

ü  Reflexion 504 über die Heuchelei der Todesverachtung

 

Mich frappiert der Vergleich des Muts gegen den Tod mit der Situation von Personen, die im Feld beschossen werden:

 

Die Hecke erscheint ihnen aus der Entfernung als geeignete Deckung. Beim Nähern zeigt sich der Mut aber als Folge von Selbsttäuschung....

 

Die Verachtung der besonders Verehrten für den Tod ist nach R so von der Hoffnung auf Nachruhm getrübt, die Missachtung des Todes bei den Missachteten habe solchen Aufwand nicht nötig: ihnen genüge es, auch da nicht so genau hinzuschauen.

 

Die Veröffentlichung erfolgte mit 65, er starb zwei Jahre später 1680.

 

Das Buch geht in den Schrank. Viel Spass beim Selbstdenken!

 

Der Schriftsteller X ist tot. Gegen den Schluss hin, machte er noch ziemlich Wesen um Unsterblichkeit. Wir sehen das Verkohlen seines Ruhms unter dem Ehrgeiz derer, die besonders von Verehrung glühen. Man erinnert sich allgemein wohl noch an ein gewisses literarisch geschwätzigen Na-Ja.

 

Aber möge ihm das Andenken der Angehörigen bleiben! Das scheint mir von längerer Dauer, weil mit weiterer zeitlicher Entfernung sich die Ruhmsucht von Nachkommen einen Mythos strickt.

 

*

 

Früher war Geschirrspülen eine lästige Angelegenheit, die mich in meinen wichtigen Plänen und Gedanken störte. Heute, wo die Zeit nicht mehr treibt, gerade weil sie kürzer und die Vergangenheit länger als die Zukunft ist - Gedächtnislücken stellen das Gleichgewicht wieder her -, heute schaue ich mir bei der Gelegenheit an, was ich tue, folge neuen und alten Gedanken vor allem aus Erinnerungen. Ich hole eine, zwei, drei, sechs Gabeln aus dem Besteckkorb, fühle die Festigkeit und Restwärme des Metalls. Wie klang das Klappern der Löffel den jüngeren Ohren? Die Geräusche der Kinder, noch früher der Mutter?

 

Ich sehe zum Fenster unserer verschiedenen Küchen hinaus: rechts das schräge grüne Dreieck zum gefürchteten Nachbarn, die graue Wand des Nebenhauses in Neustadt (nur eine Person könnte mich berichtigen), das einzige Fenster auf die Straße zum Festplatz in Alzey, das Brummen der Heizung, den Ölgeruch, und der fensterlose Blick auf die Küchenwand im Neubau, der Blick auf den Garagenhof der persönlicheren Wohnung , der auf die putzigen Nachbarhäuser im Neubauviertel unten, dahinter die geahnten Hügel Rheinhessens, und jetzt über die Rasenfläche zu den anderen Alterssitzen.

 

Natürlich hat das Leben wie einen Anfang und die Freiheit dazwischen auch ein Ende. Noch sind wir in der Freiheit, mag sie auch enger werden. Noch ist, was einst gewesen sein wird.

 

"Tod, wo ist Dein Stachel?" Weiß der Teufel! Noch merke ich nichts. Die Hecke scheint sicher. Und hundert Spatzen pfeifen ein verlockendes Lied.

 

Kurz: Löffelchen ins Fach, Schublade zu und hinein in den nächsten Morgen. Es dauert…

 

Es ist mit dem Tod wie mit der Beihilfe: er lässt auf sich warten. Vorteil: Offline. Man muss nichts mehr nachreichen.

13.08.2023 Klaus Wachowski

5.8.23

gelöscht aus 2013

Gelöscht aus 2013


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